Familienvater aus dem Kreis Viersen Tanzlehrer räumt bei Prozessauftakt Missbrauch ein

Kreis Viersen/Mönchengladbach · Die Staatsanwaltschaft legt dem Familienvater sexuellen Kindesmissbrauch, versuchte sexuelle Nötigung sowie den Besitz von kinder- und jugendpornografischen Inhalten in insgesamt 39 Fällen zur Last.

 Der angeklagte Tanzlehrer hielt sich beim Prozessauftakt einen Aktenordner vor das Gesicht. Blickkontakt zum Publikum nahm er während der öffentlichen Verhandlung nicht auf.

Der angeklagte Tanzlehrer hielt sich beim Prozessauftakt einen Aktenordner vor das Gesicht. Blickkontakt zum Publikum nahm er während der öffentlichen Verhandlung nicht auf.

Foto: Eva-Maria Geef

Der Inhaber einer inzwischen geschlossenen Tanzschule im Kreis Viersen hat gestanden, minderjährige Schülerinnen sexuell missbraucht zu haben. Das teilte der am Prozess beteiligte Nebenklageanwalt Markus Kluck am Montag mit. Vor der Einlassung des 38-Jährigen beim Prozessauftakt am Amtsgericht in Mönchengladbach war die Öffentlichkeit zum Schutz der Opfer ausgeschlossen worden.

Der 38-Jährige ehemalige Tanzlehrer ist wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagt. Insgesamt soll er sich in 39 Fällen strafbar gemacht haben. Ihm wird vorgeworfen, seine damaligen Schülerinnen zwischen 2015 und 2020 in insgesamt 37 Fällen – einem davon schwer – sexuell missbraucht zu haben. Darüber hinaus wirft ihm die Staatsanwaltschaft eine versuchte sexuelle Nötigung in einem minderschweren Fall vor. Ebenfalls angeklagt ist der Mann wegen des Besitzes kinder- sowie jugendpornografischer Schriften.

Die Anklage führt vier Mädchen als mutmaßliche Geschädigte an. Das jüngste Opfer sei demnach zum Tatzeitpunkt zwölf Jahre alt gewesen sein, das älteste 15 Jahre. Weite Teile des ersten Verhandlungstages fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die Intimsphäre der Geschädigten zu schützen. Der Verteidiger kündigte an, dass sich sein Mandant über ihn zu den Tatvorwürfen einlassen und für Fragen zur Verfügung stehen werde.

Dem Prozess vorausgegangen war ein Gespräch im März zwischen Richter, Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Hintergrund des Treffens war zum einen, den Geschädigten eine Aussage vor Gericht zu ersparen. Zudem regte der Richter laut Feststellung am Montag in diesem Termin einen Täter-Opfer-Ausgleich von mindestens 6000 Euro an.

Laut Anklage soll sich eine Vielzahl der Übergriffe in der Tanzschule stattgefunden haben, die der Angeklagte zu jener Zeit zusammen mit seiner Ehefrau im Kreis Viersen betrieb. Ihm sei das Alter der Mädchen bekannt gewesen. So soll der Angeklagte gemäß Anklage sexuelle Handlungen an den Mädchen vorgenommen sowie die Schülerinnen aufgefordert haben, solche an ihm vorzunehmen. Zudem soll er über den Messenger-Dienst Snapchat Kontakt zu seinen Schülerinnen aufgenommen und sie aufgefordert haben, ihm über diesen Dienst Fotos und Videos von sich zuzusenden. Dabei soll er ihnen „Regieanweisungen“ gegeben und ihnen erklärt haben, was er gerne mit ihnen tun wolle. Die Fotos und Videos habe er dann auf seinem PC gespeichert.

Am ersten Verhandlungstag kamen Verteidiger und Angeklagter so spät, dass der Richter und die beiden Jugendschöffen bereits im Saal Platz genommen hatten. Der leger gekleidete Angeklagte hielt sich einen Aktenordner vor das Gesicht. Er stellte zunächst seinen Stuhl schräg und nahm so Platz, dass er nur den Richter ansehen musste. Nicht einmal wendete er seinen Blick in Richtung des Zuschauerraums, in dem Eltern und Geschwister von mutmaßlichen Geschädigten sowie ehemalige Tanzschülerinnen Platz genommen hatten. Eines der Opfer, inzwischen 18 Jahre alt, saß dem Angeklagten als Nebenklägerin im Gerichtssaal gegenüber.

Nachdem eine Geschädigte einen Anwalt eingeschaltet und dieser Anzeige erstattet hatte, wurden Ermittlungen aufgenommen, in deren Verlauf innerhalb der Schülerschaft weitere mutmaßliche Opfer bekannt wurden. Der bis dahin unbescholtene Tanzlehrer, selbst Familienvater, kam in U-Haft. Da ein Haftgrund fehlte, wurde der Mann nach knapp einem Monat wieder entlassen. Die Staatsanwaltschaft schloss damals sowohl eine Wiederholungs- als auch eine Fluchtgefahr aus.

Als die Anklage im vergangenen Jahr zugelassen wurde, machte ein Pressesprecher einige Angaben zu den Aussagen der befragten Mädchen. Demnach habe ihr Tanzlehrer zunächst ein enges Vertrauensverhältnis zu ihnen aufgebaut, und sie dann zu sexuellen Handlungen an sich selbst aufgefordert. Während der Prozess im Saal unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiterlief, erzählte ein Vater, der seinen Namen nicht nennen wollte, von der mutmaßlichen „Masche“ des Angeklagten. Der Tanzlehrer habe die Mädchen über eine gemeinsame Chatgruppe unter Druck gesetzt. „Wer nicht mitmachte, wurde ausgegrenzt.“ Wer nicht mitmachte, wurde „bestraft und ins Abseits gestellt“. Es habe dann weder Lob noch Anerkennung gegeben, er habe das entsprechende Mädchen ignoriert. Dies habe dazu geführt, dass auch die übrigen Mädchen der Gruppe dieses ausgeschlossen hätten. „Der Mann wusste genau, was er tat“, so der Vater, der von einem Abhängigkeitsverhältnis der Mädchen zu ihrem Tanzlehrer sprach.

Davon handelte auch der Antrag eines Nebenklageanwalts. Dieser regte zu Beginn des Prozesses an, zu prüfen, ob das Verhältnis eines Tanzlehrers mit seinen Schülerinnen als Abhängigkeitsverhältnis anzusehen ist. Die Kammer nahm dies zunächst zur Kenntnis, jedoch vorbehaltlich weiterer Aussagen von Geschädigten im Prozess.

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