Bürgermeisterwahl 2020 in Viersen Das Duell vor der Stichwahl

Viersen · Das RP-Duell „Hopp vs. Anemüller“ hat mehr Menschen erreicht, als bei der Kommunalwahl ihre Stimme abgegeben haben. Vor der Bürgermeister-Stichwahl traten die Unterschiede der Kandidaten zutage – aber auch Gemeinsamkeiten.

 „Wir in Viersen haben den Digitalpakt als erste angepackt“, sagte Amtsinhaberin Sabine Anemüller (SPD). Christoph Hopp (CDU) hatte ihr vorgeworfen, in dem Bereich zu wenig getan zu haben.

„Wir in Viersen haben den Digitalpakt als erste angepackt“, sagte Amtsinhaberin Sabine Anemüller (SPD). Christoph Hopp (CDU) hatte ihr vorgeworfen, in dem Bereich zu wenig getan zu haben.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Die Veranstaltung lief noch, als auf der Facebook-Seite der RP Viersen schon mehr als 300 Kommentare unter dem Live-Mitschnitt zusammengekommen waren.  „Das Duell – Hopp vs. Anemüller“ hieß es am Montagabend in der Viersener Festhalle. Beim einzigen öffentlichen direkten Aufeinandertreffen der beiden Bewerber ums Bürgermeisteramt traten die Unterschiede der Kandidaten zutage, aber auch Gemeinsamkeiten.

Amtsinhaberin Sabine Anemüller (SPD) hatte bei der Bürgermeisterwahl 2020 38,8 Prozent der Stimmen erhalten. Das sind 4,6 Prozentpunkte mehr als bei ihrer ersten Wahl vor fünf Jahren. CDU-Herausforderer Christoph Hopp kam auf 42,5 Prozent. Das sind 10,7 Prozentpunkte mehr als der CDU-Bewerber vor fünf Jahren erhielt. Die absolute Mehrheit schafften beide Bürgermeister-Kandidaten nicht – deshalb kommt es am Sonntag, 27. September, in Viersen zur Stichwahl.

 In der ausgebuchten Viersener Festhalle verfolgten mehr als 70 Zuschauer das Duell live mit.

In der ausgebuchten Viersener Festhalle verfolgten mehr als 70 Zuschauer das Duell live mit.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Anemüller und Hopp durften sich in sechsminütigen Wortgefechten zu verschiedenen Themenbereichen duellieren, der Redeanteil war auf drei Minuten beschränkt. Eine Auswahl:

Stadtentwicklung Bei kaum einem anderen Bereich gingen die Wahrnehmungen von Amtsinhaberin und Herausforderer stärker auseinander als bei der Stadtentwicklung. Anemüller nahm die Zuschauer mit auf eine Reise entlang des Innerstädtischen Erschließungsrings: „Ich möchte die Wohnbebauung weiter vorantreiben. Am Bahnhof gibt’s noch dieses Jahr einen Spatenstich für eine große Wohnanlage der VAB.“ Gegenüber von McDonald’s sei ein Haus für „Junges Wohnen“ von Studenten und Auszubildenden geplant. Und im Anschluss: Wohnen, Gewerbe und ein besonderes Hotel – ein Inklusionshotel. Für Boisheims dörfliche Struktur will Anemüller das Zentrum weiter stärken und Wohnbebauung für ältere Menschen schaffen. Süchtelns Innenstadt werde behutsam umgestaltet, der Bereich vor dem Busbahnhof stark. „Und in Dülken haben wir die meisten Projekte vor“, so Anemüller. Sie nannte als Beispiele Impulsquartieren an der Lange Straße und an der Melcherstiege. Die Amtsinhaberin kündigte an: „Ende der Woche wird das Gelände am Corneliushospital für die geplante Kita verkauft, kann die Stadt auch die geplante Pflegeschule initiieren und das Seniorenheim sanieren.“ Hopp erklärte: „Am Busbahnhof Süchteln ist Handeln dringend vonnöten. In Boisheim habe die Stadt Chancen für eine Umgehungsstraße verpasst. „Und in Dülken vermisse ich, aus den Themen Einzelhandel, Wohnstadt und Gastronomie noch mehr zu gestalten“, so Hopp. Am inneren Erschließungsring nehme er eher die Brachflächen wahr, sagte der CDU-Kandidat. „Bei dem Hotel habe ich die Sorge: Da ist ein Investor mit dem Schleppnetz unterwegs, der sich den Kommunen anbietet.“ Er würde ein Business-Hotel an der Stelle favorisieren, erklärte Hopp.

Digitalisierung Beide Kandidaten erklärten die Digitalisierung zu ihrer Herzensangelegenheit, wollen Viersen in den kommenden fünf Jahren in dem Bereich voranbringen – sowohl bei der Digitalisierung der Schulen als auch bei der Digitalisierung der Verwaltung. Hopp warf der Amtsinhaberin vor, in den vergangenen Jahren in dem Bereich nicht genug unternommen zu haben. „Erst hat man auf Fördergelder gewartet, dann hat man auf Fördergelder gewartet, dann hat man weiter auf Fördergelder gewartet.“ Anemüller räumte ein: „Ja, wir sind fünf Jahre zu spät“, schaltete dann aber auf Angriff um: „Das ist kein Viersen-Problem, sondern ein Deutschland-Problem. Die Fördermittel stehen erst jetzt als ,Digitalpakt Schule’ zur Verfügung – und wir als Stadt Viersen waren die ersten, die diesen Digitalpakt angepackt haben.“ Ende des Jahres würden die Endgeräte für die Schulen geliefert, kündigte Anemüller an, im Frühjahr 2021 seien die Breitbandanschlüsse an den Schulen verlegt. Sie betonte: „Die dafür benötigten Summen hatte die Stadt nicht zur Verfügung – wir befanden uns in der Haushaltssicherung.“ Die Stadt erwäge Fortbildungen für Lehrer, so Anemüller, auch wenn das eigentlich Aufgabe des Landes sei. „In Sachen digitaler Bildung lassen aber manche Lehrkräfte mehr zu wünschen übrig als die Schüler – das sagen mir Schüler“, so Anemüller. Hopp reagierte empört: „Dieses Lehrer-Bashing ist hier fehl am Platz!“ Er berichtete von einer Digital-Fortbildung für Lehrer. „Die Lehrer kommen aus der Fortbildung, sehen den didaktischen Mehrwert – und dann sagen sie: ,Das ist toll, was ich gelernt habe. Ich kann es aber nicht anwenden, weil an meiner Schule noch keine Wlan-Struktur vorhanden ist.’“

Klimaschutz Klimaschutz sei mittlerweile in allen Köpfen angekommen, sagte Hopp, „dank vieler junger Leute, die uns aus dem Tiefschlaf gerissen haben.“ Fahrradfahren beispielsweise müsse Freude machen, um Menschen zum Umdenken zu bewegen. Der CDU-Kandidat warb unumwunden um Stimmen der Grünen: „Ich bin keiner von der alten CDU-Garde“, erklärte Hopp. „Warum sollen nicht Grüne und Schwarze gleiche Ziele verfolgen und die mit Vernunft und Augenmaß in den Blick nehmen?“ Er habe sich gewundert über eine Äußerung der Viersener Grünen-Vorsitzenden Martina Maaßen. Sie hatte am Sonntag erklärt: „Nachdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass zu einer schwarz-grünen Option zwei Partner gehören. Koalitionen und Vereinbarungen unter Ratsfraktionen entscheiden die jeweiligen Parteien und Fraktionen, nicht der Bürgermeisterkandidat.“ Hopp: „Schwarze und Grüne haben den Auftrag aufgrund des Wahlergebnisses.“ Anemüller reagierte gelassen: „Seit 2013 setzen wir in Viersen kontinuierlich Klimaschutzmaßnahmen um.“ Die Vorschläge Hopps enthielten nichts Neues: „Wir haben 2019 und in diesem Jahr Beschlüsse gefasst, da stehen genau die Punkte schon drin, die jetzt in Deinem Wahlprogramm stehen, lieber Christoph.“

Video Das Video von „Das Duell – Hopp vs. Anemüller“ finden Sie auf
www.rp-online.de/viersen

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