Kreis Viersen Steht ein Pferd an der Bushaltestelle

Kreis Viersen · Hund, Katze, Pferd, Schlange - welche tierischen Fahrgäste dürfen in Bus und Bahn mitfahren? Die Beförderungsrichtlinien NRW geben dazu einige Regeln vor, sie lassen aber Interpretationsspielraum.

 Auf den Bus wartet dieses Pferd vergeblich: Die Tiere sind selten stubenrein und deswegen in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erwünscht.

Auf den Bus wartet dieses Pferd vergeblich: Die Tiere sind selten stubenrein und deswegen in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erwünscht.

Foto: Bauer

In den Beförderungsrichtlinien des öffentlichen Nahverkehrs NRW stehen Tiere direkt hinter den Polizisten - was auch immer das über die Bedeutung von Haustieren oder die Wertschätzung von Polizisten aussagt. Polizeivollzugsbeamte dürfen (in Uniform) unentgeltlich mit dem Bus fahren. Tiere auch, solange sie die Sicherheit nicht gefährden und keinen Fahrgast belästigen.

"Die Richtlinien sind überraschend liberal", sagt Johannes Bachteler, Pressesprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr. "Ein Papagei und eine Ratte sind den Richtlinien zufolge also nicht verboten", witzelt der Pressesprecher. Das entscheidende Kriterium in der Praxis sei die potenzielle Belästigung der anderen Fahrgäste. "Theoretisch könnte man auch einen Elefanten mitnehmen, wenn er die Sicherheit nicht gefährdet."

Von solchen schwergewichtigen Ausnahmen ist man im Kreis Viersen meilenweit entfernt. Dort durfte vor einigen Wochen nicht einmal ein müdes Pony einsteigen. Begründung: nicht stubenrein und daher in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erwünscht. Das erschöpfte Pferdchen nebst zweibeiniger Begleitung stand an der Fahrtstrecke zwischen Kaldenkirchen und Kempen an der Bushaltestelle. Ob sie wohl mit Pony einsteigen dürften; sie hätten sich bei einer Wanderung in der Entfernung verschätzt, so die Begleiter des Ponys. Der freundliche Busfahrer fragte klug und korrekt bei seinem Vorgesetzten nach. Schließlich war das Pony auch nicht größer als eine Dogge. Der Chef aber beschied die Frage mit einem deutlichen Nein. Begründung siehe oben.

Mit der Weigerung, das Pony mitzunehmen, bewegt sich das Nahverkehrsunternehmen innerhalb der Beförderungsbestimmungen, denn Fahrgäste können Tiere mitnehmen; einen Rechtsanspruch aber gibt es nicht.

Auch bei der Deutschen Bahn hätte das Pony vermutlich nicht einsteigen dürfen, weil es sich allein durch seine Größe disqualifiziert hätte. Lebende Haustiere bis zur Größe einer Hauskatze dürfen, wenn ungefährlich und eingesperrt, als Handgepäck mitreisen.

Diese Regelung gilt auch für Hunde, solange sie sich quadratisch-praktisch als Handgepäck eignen. Größere Hunde oder solche, deren Besitzer sich weigern, ihre Lieblinge in eine Box zu stopfen, zahlen für die Zugfahrt des vierbeinigen Hausfreunds den halben Fahrpreis.

Wichtig: Sitzplatzreservierungen für Hunde sind nicht möglich, dafür aber Leine und Maulkorb Pflicht. Und: Hunde dürfen bei der Online-Buchung nicht als kostenlose Familienkinder angegeben werden. Darauf wird auf der Internetseite der Deutschen Bahn ausdrücklich hingewiesen. Wie aber steht es beispielsweise mit Schlangen, die ja als Haustiere immer beliebter werden? "Im Zweifelsfall sehen die Busfahrer gar nicht, welches Tier sich da in einer Box befindet", sagt Dirk Höstermann, Sprecher der Stadtwerke Krefeld (SWK) nüchtern.

Der Fall der Giftschlange in dem natürlich fest verschlossenen Karton dürfte daher eher Theorie bleiben. Erstens, weil nicht viele Giftschlangenbesitzer mit Bus und Bahn unterwegs sind. Zweitens, weil es Busfahrer und Fahrgäste unter Umständen nicht bemerken. Und erst dann könnte man sich, drittens, die Frage stellen, ob die Schlange die Sicherheit gefährdet oder sogar in die Kategorie "gefährlicher Gegenstände" eingruppiert werden müsste.

"Grundsätzlich sind alle Haustiere vom Kaninchen bis zur Katze in geeigneten Behältnissen mitzuführen", erklärt Höstermann. Auch ein Papagei gehöre während der Fahrt definitiv in den Vogelbauer und nicht auf die Schulter des Besitzers, damit er nicht einem Fahrgast ins Ohr beißt oder im Flug die Fahrerkabine ansteuert.

Skurrile Geschichten von Ponys oder exotischeren Tieren aus der Praxis sind bei den Stadtwerken Krefeld nicht bekannt.

Die NEW verweist auf Nachfrage lediglich auf die Beförderungsrichtlinien, die im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr gelten.

Auch bei der Busverkehr Rheinland (BVR) gibt es keine Zwischenfälle mit tierischen Passagieren zu vermelden. "Wir richten uns nach den Beförderungsrichtlinien NRW. Schade, dass sie so offen gehalten sind. Da bleibt schon viel Ermessensspielraum", sagt Sprecherin Siegrun Richter. So obliege die Verantwortung dem jeweiligen Busfahrer, der im Bus das "Hausrecht" habe. Aus Großstädten sei ihr nur bekannt, dass Fahrgäste bisweilen Möbel und Sperrgut mit in den Bus schleppten. "Auch da muss der Busfahrer entscheiden, ob alles gut gesichert ist."

Tierschützer sehen die tierischen Passagiere sowieso kritisch: Für die allermeisten Tiere ist der Transport purer Stress. Allein deshalb sollte man ihnen keine überflüssigen Kurzreisen zumuten. "Es ist für Tiere keine normale Fortbewegungsart. Wir appellieren in all diesen Fällen an den gesunden Menschenverstand unserer Fahrgäste", sagt SWK-Sprecher Dirk Höstermann.

(RP)
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