Kreis Viersen Stadtwerke in der Klemme

Kreis Viersen · Die Landesregulierungsbehörde kappt das Anlagevermögen und damit die die Abschreibungen der Stadtwerke um etwa ein Drittel. Damit sinken die Gewinne zu Lasten städtischer Haushalte. Nettetal hätte 2,3 Mill. Euro weniger.

Werner Müller will demnächst auf Einkaufstour gehen. Der Ruhrkohle-Chef, einst Bundesminister im ersten Schröder-Kabinett, kann darauf hoffen, dass die schwarzgelbe Landesregierung ihm dabei in die Hände spielt. Denn mit RAG-Ableger Steag hat er auf dem Energiesektor ein heißes Eisen im Feuer. „Jungfräulich“ verriet er in einem Zeitungsinterview, sei die Steag für die Kartellwächter.

Denn während Eon und RWE nicht mehr ungebremst auf dem Energiemarkt einkaufen können, kann die Steag Ausschau halten nach Stadtwerken. Und so haben die Strategen in Essen vielleicht auch die Stadtwerke Nettetal GmbH bereits irgendwo auf dem Zettel. Das Unternehmen könnte, so rechnet Müller, der demnächst an die Börse will, wie andere kommunale Energieversorger auch, der Steag wie ein reifer Apfel in den Schoß fallen.

Die Landesregulierungsbehörde hat vor einigen Wochen einen Anhörungsbogen an die Werke versandt, der zum Entgeltgenehmigungsverfahren Strom gehört. Den Nettetalern fuhr schon beim ersten Durchsehen der Schreck gehörig in die Glieder. In Nordrhein-Westfalen soll der Kauf von Mittelspannungsnetzen, die vor 2005 von Regionalversorgern übernommen wurden anders bewertet werden. Die Regulierer wollen das Anlagekapital deutlich niedriger bewerten.

„Man will den Kaufpreis, den die Stadtwerke Nettetal seinerzeit für das RWE-Netz in Teilen Nettetals zahlten, nicht in voller Höhe anerkennen“, berichtet Bürgermeister Christian Wagner. Anlagevermögen und Abschreibungen und weitere kalkulatorische Positionen werden damit um ein Drittel oder mehr gekürzt. Im Klartext: Nettetal hat angeblich das Netz zu einem überhöhten Preis gekauft. Die handelsrechtliche Seite bleibt allerdings unberührt. Das heißt, dass der Kaufpreis steuerlich aber weiterhin anerkannt wird. Aufsichtsratsvorsitzender Günter Werner rechnete CDU-Mitgliedern soeben vor, dass damit die Finanzspritze in Höhe von 2,3 Millionen Euro durch Gewinne und Konzessionsabgabe der Stadtwerke für den städtischen Haushalt verloren gehen.

Auf Bitten von Wagner und Werner hat Christian Weisbrich MdL sich eingeschaltet. Der Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion berichtete gestern, Ministerin Christa Thoben habe umgehend auf seinen Brief reagiert. Die Anhörung sei auch als Schuss vor den Bug der Unternehmen zu verstehen. Nicht alle wirkten bereitwillig mit. „Ich bin zuversichtlich, dass sich da etwas bewegt“, sagte Weisbrich gestern. Gespräche des Ministeriums mit Vertretern der betroffenen Stadtwerke seien vereinbart.

(RP)
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