Anne-Frank-Gesamtschule Dank Avatar ist krankes Mädchen im Unterricht dabei

Viersen · Seit einem halben Jahr kann ein krebskrankes Mädchen die Anne-Frank-Gesamtschule in Viersen nicht mehr persönlich besuchen. Ein Pilotprojekt mit Schulroboter ermöglicht es ihm jetzt, sich dennoch im Unterricht zu beteiligen.

Cintia und Midya holen per Avatar ihre erkrankte Mitschülerin aus der Isolation in den Klassenraum.    Foto: Förderverein

Cintia und Midya holen per Avatar ihre erkrankte Mitschülerin aus der Isolation in den Klassenraum. Foto: Förderverein

Foto: Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld

Eine 9. Klasse in der Anne-Frank-Gesamtschule Viersen: Die Schüler und Schülerinnen haben sich zum Mathe-Unterricht eingefunden. In der ersten Reihe sitzen Midya und Cintia. Auf dem Tisch vor ihnen steht ein weißer Roboter. Er sieht aus wie eine Büste, nur dass sich der Kopf nach oben und unten bewegen und sich der Rumpf drehen kann. Und der Roboter kann sprechen. Wie aus dem Nichts ertönt plötzlich eine Stimme: „Hallo, hier ist Sarah, ich habe mich dazugeschaltet.“ Sarah (Name geändert) kann seit einem halben Jahr nicht zur Schule gehen, weil sie vor den Herbstferien die Diagnose Krebs bekommen hat und deshalb immer wieder im Helios Klinikum Krefeld behandelt werden muss. Durch den Avatar in der Klasse und ihr Tablet zu Hause kann sie sich jetzt mit ihren Mitschülern verbinden und am Unterricht teilnehmen, wenn sie sich dafür fit genug fühlt. Auf dieses Pilotprojekt für Krefeld und den Kreis Viersen macht der Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld, der die Mittel dafür bereitstellt, aufmerksam.

Wie Sarah können nach Angaben des Vereins mehr als 75.000 langzeiterkrankte Kinder in Deutschland zeitweise nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Bisher haben demnach allerdings nur rund 280 Schüler die Möglichkeit, über einen solchen App-gesteuerten Avatar am Unterricht teilzunehmen. Hard- und Software kosten 3.500 Euro, plus einer Servicepauschale von 790 Euro. Die meisten Geräte wurden bislang durch Spenden finanziert.

Stephan Kröll vom Vorstand des Fördervereins, dessen Sohn eine Leukämie-Erkrankung mittlerweile überwunden hat, war, wie er berichtet, durch einen Fernsehbeitrag auf den Schul-Avatar aufmerksam geworden. „Ich habe gleich meinen Sohn gefragt, wie er es damals gefunden hätte, wenn er einen solchen Avatar hätte nutzen können. Er fand das toll und hätte sich darüber gefreut. Daraufhin habe ich Informationen bei der Herstellerfirma eingeholt und sie meinen Vorstandskollegen vorgestellt.“ Gleichzeitig suchte er den Kontakt zu Boris Bertram (Leiter Christophorus-Schule, der städtischen Klinikschule im Helios Klinikum Krefeld), um zu erfahren, wie er dazu stehe. Bertram konnte sich ein Pilotprojekt vorstellen und fand in der an Krebs erkrankten Sarah aus Viersen, die von seinem Kollegium im Krankenhaus beschult wurde, Sarahs Eltern sowie Gesamtschulleiter Martin Landman begeisterte Partner.

Im Februar wurde der Avatar laut Verein „eingeschult“. Sobald sich Sarah mit dem Avatar verbunden hat, kann sie ihre Mitschüler und Lehrer sehen und hören und auch den Kopf und den Rumpf des Roboters bewegen. Die Klasse dagegen kann nur Sarahs Stimme hören. „Ich finde es einerseits komisch, aber andererseits auch sehr schön, den Kontakt zu meiner Klasse zu haben“, schrieb Sarah in einer E-Mail an den Förderverein. Immer wenn sich Sarah fit für die Teilnahme am Unterricht fühlt, informiert sie das Helferteam, das aus drei Mitschülerinnen besteht. Die kümmern sich dann darum, dass der Avatar aus seinem Schrank geholt und in die jeweilige Klasse gebracht wird. Beim Unterricht haben sie ihn im Blick, damit sie sehen, ob Sarah sich meldet: In dem Fall erscheint ein grünes Lichtsignal und sie kann sich aktiv beteiligen.

Mitschüler, Lehrer und auch Sarah selbst wünschen sich aber, dass sie ganz schnell gesund wird und wieder persönlich in die Schule gehen kann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort