Abendgymnasium Viersen Ein Wiedersehen 50 Jahre nach dem Abitur

Viersen · Vor 50 Jahren haben die 20 Männer und Frauen am Abendgymnasium in Viersen ihr Abitur gemacht, sind Ärzte, Psychotherapeuten, Ingenieure, Fotografen geworden, aber wie sie so vor der Burg Ingenhoven stehen und herumalbernd darauf warten, dass ihr Fest zum Abitur-Jubiläum beginnen kann, könnte man denken, die Zeit sei stehen geblieben. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung. „Es ist wie früher“, sagt Irmgard Kolshorn.

 Neben dem Beruf abends die Schulbank drücken — vor 50 Jahren machten sie Abitur am Abendgymnasium und trafen sich jetzt wieder.

Neben dem Beruf abends die Schulbank drücken — vor 50 Jahren machten sie Abitur am Abendgymnasium und trafen sich jetzt wieder.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Dabei sehen sich die ehemaligen Schüler von Klassenlehrer Jörg Bülte häufig. Frank Herlet und Werner Puhlmann sind diejenigen, die die Treffen organisieren. „Wir hecken das aus, aber die anderen halten uns auf Trab“, erzählen sie lachend. „Seit 25 Jahren treffen wir uns jedes Jahr“, stellt Herlet fest.

 Als die Schüler 1968 auf dem Abendgymnasium in Viersen „eingeschult“ wurden, waren sie Anfang/Mitte Zwanzig, die meisten hatten eine Ausbildung hinter sich und arbeiteten bereits in ihrem Beruf. Was sie antrieb, war der Wunsch nach Weiterbildung, ihr Ziel war es, das Abitur auf dem sogenannten zweiten Bildungsweg zu machen. Etwa 50 Schüler seien in ihrer Klasse gewesen, erinnert sich Kolshorn. Viele von ihnen sprangen im ersten Jahr ab. Die Abiturprüfung absolvierten noch 20 Schüler, 16 Männer, vier Frauen. Irmgard Kolshorn ist die einzige Frau an diesem Abend des Jubiläums. Zwei Mitschülerinnen sind schon verstorben, eine weitere lebt in Berlin und kann an diesem Abend nicht dabei sein. Die Jobs haben die Schüler quer über Deutschland verstreut: Sie leben in Berlin, Koblenz, Mönchengladbach, Düren, in Hessen, München, Kempen.

„Wir haben uns immer viele Geschichten zu erzählen“, sagt Herlet. Noch vor dem Essen fangen sie damit an und erinnern sich gegenseitig an die Klassenfahrten, die nach Paris und Istanbul führten. Als sie von Istanbul aus zurückfliegen wollten, war die Fluggesellschaft, bei der sie gebucht hatten, pleite. Die Klasse steckte in Istanbul fest. Klassenlehrer Bülte suchte das Konsulat auf und man fand eine andere Fluglinie, die sie nach Hause flog. So verlängerte sich die Klassenfahrt um vier Tage. „Bülte war damals frisch verheiratet, für den war das nicht so schön“, erinnern sie sich.

 Irmgard Kolshorn war 1968 bei der Sparkasse beschäftigt, ein Studium wurde von ihrem Vater mit dem Begriff „utopische Idee“ abgetan. Geld sollte verdient werden. Sie ging ans Abendgymnasium, tagsüber wurde weiter gearbeitet. Der Wunsch, Medizin zu studieren, kam erst nach dem Abitur. Anders bei Hartmut Bongartz. Er hatte von Anfang an das Ziel, Zahnmedizin zu studieren.

 Das Abendgymnasium, wie es früher hieß, war zunächst in Waldniel, dann in Viersen angesiedelt. Heute trägt es die Bezeichnung „Weiterbildungskolleg Linker Niederrhein – Abendrealschule und Abendgymnasium“. Auch der aktuelle Schulleiter, Joachim Vosen, hatte sich zum dem Jubiläumsfest eingefunden. „Mich interessiert sehr, was aus den ehemaligen Schülern geworden ist, welchen Weg die Menschen gegangen sind. Das zu sehen, motiviert auch die eigene Arbeit“, so Vosen. Heute besuchen etwa 400 Schüler das Weiterbildungskolleg, in dem man gleich zweimal im Jahr mit der Weiterbildung starten kann: Nach den Sommerferien und am 1. Februar kann in Vormittags- oder Abendkursen auf den Hauptschulabschluss, die Fachoberschulreife, die Fachhochschulreife und das Abitur hin gearbeitet werden.

(b-r)
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