Fußball „Wir sind breiter aufgestellt“

Interview Trotz der vier Testspielniederlagen macht sich Jörg Vollack, Trainer des Fußball-Verbandsligisten 1. FC Viersen, keine Sorgen. Sein Kader bietet mehr Möglichkeiten als im Vorjahr. Das Ziel: Platz acht.

Der 1. FC Viersen hat alle vier Testspiele verloren, zuletzt gegen unterklassige Teams: 2:3 beim 1. FC Mönchengladbach, 0:2 beim TuS Grevenbroich, beide spielen in der Landesliga, und 1:2 gegen den Bezirksligisten Dülkener FC. Lag es an der Hitze? Oder am harten Training?

Vollack Solche Ausreden lasse ich nicht zu. Auch die anderen Mannschaften sind in der Vorbereitung und machen viel. Man muss jedes Spiel getrennt betrachten, dann weiß man, woran es gelegen hat.

Woran hat es jeweils gelegen?

Vollack Gegen den 1. FC hatten wir sieben, acht große Chancen, die wir nicht genutzt haben. Beim ersten Gegentor haben nach einer Standardsituation in der Abwehr gepennt – wie beim zweiten auch. Das dritte war kurios. Gegen Dülken war es ähnlich. Wir haben unsere Möglichkeiten vergeben, dann gab es individuelle Fehler in der Abwehr, zum Beispiel von Oliver Kremer. In Grevenbroich haben wir einfach schlecht gespielt. Ob es der körperliche Tiefpunkt der Vorbereitung war, wer weiß?

Vorne werden Chancen nicht genutzt, hinten Fehler gemacht. Wird es eine schwierige Verbandsliga-Saison für den 1. FC Viersen?

Vollack Das würde ich so nicht unterschreiben. Packen wir es doch mal positiv an: Wir haben uns viel mehr Möglichkeiten herausgearbeitet, als wir es in der Vorsaison getan haben. Wir müssen jetzt daran arbeiten, sie besser zu verwerten. Und natürlich die individuellen Fehler abstellen. Wenn wir das bis zum Saisonstart hinkriegen, mache ich mir keine Sorgen. Aber es wird so oder so eine schwierige Saison.

Warum?

Vollack Die Liga ist deutlich stärker geworden. Aus der Oberliga sind durch die Einführung der Dritten Liga Mannschaften abgestiegen, die sportlich drin geblieben wären.

Vergangene Saison war Ihre Mannschaft Achter und schaffte damit knapp den Ligaverbleib. Reicht das in der neuen Spielzeit wieder?

Vollack Auf jeden Fall. Es sind 18 Mannschaften in der Verbandsliga, und zunächst mal gibt es drei Absteiger. Ob es mehr werden, richtet sich danach, wie viele Niederrhein-Teams aus der NRW-Liga runter kommen. Ab dem zweiten Absteiger in unsere Liga muss sukzessive einer mehr bei uns runter. Es könnte wieder bis zu sieben Absteiger geben.

Macht Ihnen das Sorgen?

Vollack Sorgen macht es mir im Moment eher, dass wir unsere Chancen nicht nutzen und Fehler machen. Wir haben in vier Testspielen zehn Gegentore bekommen. Das ist zuviel, daran müssen wir arbeiten. Grundsätzlich ist es unser Ziel in einer deutlich stärkeren Liga den achten Platz zu bestätigen. Das wäre ein schöner Erfolg. Ich freue mich jedenfalls auf die Saison und viele interessante Duelle.

Wo hat sich Ihre Mannschaft im Vergleich zur Vorsaison verbessert?

Vollack Wir sind im Mittelfeld und im Angriff breiter aufgestellt. Das bedeutet, dass ich mehr als im letzten Jahr auf Formschwankungen reagieren kann. Und wir sind taktisch flexibler.

Die extremen Formschwankungen waren in der vergangenen Saison das große Problem. Wie wollen Sie die abstellen?

Vollack Das lag auch daran, dass ich kaum personelle Alternativen hatte. Zu viele wussten, dass sie spielen. Das ist jetzt anders. Konkurrenz belebt das Geschäft.

Gibt es personelle Probleme?

Vollack Stefan Linser hat uns aus beruflichen Gründen kurzfristig verlassen. Er konnte beide Außenverteidiger-Positionen spielen und wird uns daher natürlich fehlen. Wir werden versuchen, das intern zu lösen. Sollte das nicht gehen, sehen wir uns nach einem finanzierbaren Ersatz um.

Christoph Kempers bleibt der Chef im Team?

Vollack Ja. Er ist körperlich in einem stark verbesserten Zustand, denn er ist deutlich schmaler geworden. Christoph will nochmal richtig angreifen. Außerdem hat er mit Ümit Kocaman nun einen spielstarken Mann an seiner Seite. Er soll dafür sorgen, dass sich nicht mehr alles auf Christoph fokussiert.

Sie spielen weiter mit Doppel-Sechser?

Vollack Ja. Aber wir haben jetzt die Möglichkeit, auch mal auf eine Raute umzustellen. Ich muss jedoch sagen, dass mir zu viele Leute über Systeme diskutieren. Es kommt vor allem darauf an, wie sich die Spieler einbringen, egal ob im 4-4-2 oder im 4-2-3-1. Jeder muss optimal auf Spielsituationen reagieren. Egal, ob er ein „Sechser“ ist oder nicht. Kurz: Es kommt auf den Gegner, das eigene Personal und die Spielsituation an.

Sie gehen in Ihre Zweite Saison beim 1. FC Viersen. Trägt die Mannschaft schon Ihre Handschrift?

Vollack Das denke ich schon. Mit der Viererkette haben wir einen großen Schritt gemacht, die nur 37 Gegentore der letzten Saison zeigen, dass sie funktioniert. Das Spiel nach vorn war zu statistisch. Aber da haben wir jetzt mehr Möglichkeiten. Wenn das klappt, kommt das Selbstvertrauen – und der Erfolg.

Morgen ist das fünfte Testspiel beim Verbandsligisten FC Wegberg-Beeck. Was erwarten Sie?

Vollack Dasselbe wie in den anderen Spielen auch. Wegberg ist stark, aber ich will sehen, dass jeder versucht, meine Vorstellungen umzusetzen. Dafür sind Testspiele da.

Haben Sie schon eine Stammformation für die Saison im Kopf?

Vollack Ja, aber die kann sich im Verlauf der Vorbereitung noch ändern. Es gibt ein Gerüst von sechs, sieben Spielern, die mit großer Wahrscheinlichkeit auflaufen werden. Ein Christoph Kempers hat mit seinen 32 Jahren natürlich eine andere Ausgangsposition als ein 19 Jahre alter Tobias Schlereth. Christoph ist ein Führungsspieler, Tobi ist schnell und hat viel Potenzial. Doch im taktischen Bereich hat er noch viel Luft nach oben.

Karsten Kellermann sprach mit Jörg Vollack (42), Trainer des 1. FC Viersen.

(RP)
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