Schwimmen ASV-Schwimmtalent ist in Berlin gereift

Berlin/Viersen · Schon mit zwölf Jahren zog es den Süchtelner Maurice Ingenrieth in ein Leistungszentrum nach Berlin. Der Aufwand und der frühe Auszug von zu Hause haben sich gelohnt. Er hat sich für die Junioren-EM in Helsinki qualifiziert.

 Der Moment der Entscheidung: Maurice Ingenrieth erfährt bei den German Open, dass er sich für die Junioren-EM in Helsinki qualifiziert hat.

Der Moment der Entscheidung: Maurice Ingenrieth erfährt bei den German Open, dass er sich für die Junioren-EM in Helsinki qualifiziert hat.

Foto: Jo Kleindl

Wer im Leistungssport hoch hinaus möchte, der muss meistens schon früh in seinem Leben eine schwierige Entscheidung treffen. Das beinhaltet nicht nur die Bereitschaft, alle anderen Interessen, die ein heranwachsender junger Mensch so hat, in den Hintergrund zu stellen. Es bedeutet auch oft, früh von zu Hause wegzugehen und fernab der eigenen Familie groß zu werden. Das alles hat der Süchtelner Maurice Ingenrieth auf sich genommen und ist als Zwölfjähriger nach Berlin gezogen. „Und es hat sich gelohnt“, sagt der Schwimmer sechs Jahre später. Ab Mittwoch startet er bei den Junioren-Europameisterschaften in Helsinki.

Dass der junge Ingenrieth vom ASV Süchteln talentierter war als seine Konkurrenz im Grenzland, stellte sich schnell heraus. Schon als Zehnjähriger belegte er bei der Sportlerwahl der RP in Viersen den dritten Platz. „Ein starker Schwimmfloh“, titelten wir im April 2011. „Ich habe da schon gemerkt, dass ich den anderen überlegen war“, sagt er und wirkt dabei fast schüchtern – schließlich soll das nicht arrogant klingen. „Uns ist dann klar geworden, dass das Training zu Hause eigentlich nicht mehr gereicht hat.“ Eine, die sein Talent schon früh erkannte, war ASV-Trainerin Sabine Bontenackel. „Sabine hat mir den Schritt in ein Leistungszentrum empfohlen, hat mich extrem gefördert und damit alles in die Wege geleitet“, erklärt Ingenrieth. Mehrere Sportakademien aus ganz Deutschland sichteten das Talent, am meisten Interesse hatte das Schwimmleistungszentrum Neukölln aus der Bundeshauptstadt. Also zog Ingenrieth als Siebtklässler ohne seine Familie in den Osten.

So schwer sei ihm dieser Schritt damals aber gar nicht gefallen: „Mich hat das Schwimmen so gepackt, dass ich das unbedingt machen wollte. Diesen Ehrgeiz habe ich wahrscheinlich von meiner Mutter.“ Tanja Ingenrieth, damals noch bekannt unter ihrem Mädchennamen Heidland, war schließlich eine in der Region ebenfalls ziemlich erfolgreiche Schwimmmehrkämpferin. „Das war eine aufregende Zeit. Ich bin dann ins Internat gezogen. Aber die Menschen dort haben sich wirklich extrem gut um uns gekümmert, das hat sehr geholfen“, erklärt Ingenrieth. Lediglich einen Tiefpunkt gab es, als Ingenrieth sich 2014 das Schienbein brach und dadurch weit zurückgeworfen wurde. „Den Alltag alleine auf Krücken zu bewältigen, Wäsche machen, zur Schule zu gehen und so weiter. Das war schon hart in dieser Zeit. Da wünscht man sich dann doch mal die helfende Hand von Mama“, betont er.

All das liegt nun aber zurück, der Süchtelner lebt in Berlin seit kurzem mit einem seiner Schwimmkumpels in einer WG und macht im kommenden Jahr sein Abitur. Sportlich hat er sich prächtig entwickelt und schaffte bei den German Open im Mai in seiner Paradedisziplin 200 Meter Schmetterling die EM-Qualifikation. Für ihn eine große Erleichterung: „Dieser Wettkampf war meine letzte Chance für die Quali, deswegen war das einfach ein Hammergefühl, als ich meine Zeit gesehen habe.“ Satte 1:59,31 Minuten schwamm er, damit zählt er aktuell zu den fünf Schnellsten Europas auf dieser Distanz. Der Finallauf sollte also drin sein. Auch bei den Youth Olympics, die im Oktober in Buenos Aires ausgetragen werden, will er starten: „Wenn ich so weitermache, sieht es gut aus.“

Seinem ASV Süchteln bleibt er übrigens bis heute treu, ist Mitglied und kommt regelmäßig vorbei: „Ich versuche, in jedem Sommer zwei Wochen Training in der Heimat zu machen.“ Auch beim traditionellen Bergfest des ASV schlägt er fast in jedem Jahr auf. Und das aus gutem Grund: „Zu Hause in Süchteln hat schließlich alles angefangen.“

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