Fußball Die Frage nach der idealen Kadergröße

Analyse Am Montag schloss auch bei den Amateur-Fußballern endgültig das Wechselfenster. Gerade in der Oberliga Niederrhein waren die Vereine bis in den August sehr aktiv. Auch der SC Union Nettetal bastelte noch bis vergangene Woche an seiner Mannschaft.

 Mit seinem 20-Mann-Kader ist Amerns Trainer Willi Kehrberg (mittlere Reihe rechts) überaus zufrieden.

Mit seinem 20-Mann-Kader ist Amerns Trainer Willi Kehrberg (mittlere Reihe rechts) überaus zufrieden.

Foto: FuPa

Mit dem sogenannten Deadline-Day endete am Montag im deutschen Fußball die Sommertransferperiode. Vereine von der Bundesliga bis hinunter in die niedrigsten Amateurligen hatten theoretisch noch die Möglichkeit, Spieler zu verpflichten und abzugeben, obwohl die Saison im vollen Gange ist. Dass diese Regelung nicht nur bei den Profis bis zuletzt für große Spannung gesorgt hat, sondern auch viele Amateurvereine verstärkt die Chance nutzten, um ihre Kader nach den Entwicklungen der ersten Spieltage noch mal umzubauen, war auch hierzulande zu beobachten. Was dabei auch deutlich wird: Einen einheitlichen Wert für eine ideale Kadergröße gibt es nicht, das wird von nahezu jedem Verein unterschiedlich beurteilt.

Auffällig ist, dass die Möglichkeit, noch spät Änderungen am spielenden Personal vorzunehmen. im Amateurlager hauptsächlich von Oberligisten und mit Abstrichen von Landesligisten angewandt wird. Hintergrund ist, dass eine späte Spielerverpflichtung viel kostet. Läuft der Wechsel nämlich nicht, wie sonst bei den Amateuren üblich, über eine Abmeldung beim bisherigen Verein bis 30. Juni und die Zahlung einer Ausbildungsentschädigung des aufnehmenden Vereins, dann wird es verhältnismäßig teuer. Denn dann muss der neue Klub einen Vertrag als Berufsspieler anbieten, und dafür werden mindestens 250 Euro monatlich fällig – plus Sozialabgaben.

In der Oberliga Niederrhein war die große Mehrheit der Vereine bis spät in den August hinein noch sehr aktiv auf dem Spielermarkt. Wobei der SC Union Nettetal zunächst nur durch Abgänge unzufriedener Akteure von sich reden machte. Schon in die Oberliga-Premierensaison waren die Nettetaler mit einem recht großen Kader gegangen, um für die meisten Eventualitäten gewappnet zu sein. Doch schon damals zeichnete sich schnell ab, dass sich einige Spieler mit der abzusehenden Reservistenrolle nicht abfinden wollten, drei gingen. Aber wegen des starken Auftakts kam keine Unruhe auf. Das sieht aktuell anders aus. Die Abgänge von zunächst Toni Weis und dann René Jansen, Pascal Regnery und Brian Dollen im Dreierpack (alle zu Teutonia St. Tönis) waren unschöne Begleitmusik zu den mittlerweile sechs Pflichtspielniederlagen am Stück.

Haben sich die Nettetaler also die Probleme durch einen zu großen Kader selbst eingebrockt? Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Denn mit zunächst 23 Akteuren hatten sie ihre Spielerdecke im Vergleich zur Vorsaison sogar leicht reduziert. Und damals hatte es sich in personell und/oder sportlich schwierigen Situationen durchaus bewährt, ausreichend Alternativen zur Verfügung zu haben. Das war mit ein Grund, wieso es am Ende knapp zum Klassenerhalt reichte. Ob der Abgang des Quartetts zu einem so frühen Zeitpunkt der laufenden Saison so tiefe Spuren hinterlassen hat, dass er einen kleinen Teil dazu beiträgt, dass es am Ende nicht zum Verbleib in der Oberliga reicht, steht in den Sternen. In diesem Fall wäre der große Kader und die daraus resultierende Unzufriedenheit einiger Spieler kontraproduktiv gewesen.

Wobei der Begriff groß in diesem Zusammenhang relativ ist. Denn es gibt in der Tat keinen Oberliga-Konkurrenten, der weniger Spieler im Kader hat als die Nettetaler, die meisten haben laut der aktuellen Kaderlisten im Fußballportal FuPa sogar teils deutlich mehr. Die sportliche Leitung des SCU hat das lange geöffnete Transferfenster jedenfalls dazu genutzt, um im Kampf gegen den Abstieg noch mal quantitativ und vor allem qualitativ nachzulegen. In Dave Nieskens und Aleksandar Stankov wurden zwei Niederländer mit internationaler Erfahrung verpflichtet. Damit hat Nettetal 22 Mann zur Verfügung, ein weiterer ist - wie zwischenzeitlich mal angedeutet - auch am Deadline-Day nicht mehr dazugekommen.

Entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten ließ sich Trainerroutinier Willi Kehrberg in dieser Sommerpause auch lange Zeit, um die Kaderplanungen abzuschließen. Erst Ende Juli fand er für den Landesligisten VSF Amern noch die beiden Mittelfeldspieler, die er sich wegen der namhaften Abgänge so sehr gewünscht hatte. Grundsätzlich ist er aber kein Freund eines so lange geöffneten Wechselfensters. „Das bringt nur Unruhe“, betont Kehrberg. So hat VSF-Konkurrent Teutonia St. Tönis mal eben seine aktuellen Personalprobleme mit vier starken Spielern vom SC Union Nettetal behoben. „Wie die das machen, wenn die verletzten Spieler zurückkommen, wird spannend“, sagt Kehrberg.

Für ihn gibt es keinen Pauschalwert für eine ideale Kadergröße. In der jetzigen Konstellation sind für ihn 20 Mann genau richtig. „So sind wir konkurrenzfähig, und ich kann jedem Spieler gerecht werden“, sagt Kehrberg. Wobei er nicht nur die Einsätze in den Spielen meint, sondern auch in den Trainingseinheiten. Und für alle, die immer noch nicht zufrieden sind, kommt in der Winterpause ja auch noch die sogenannte Transferperiode II.

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