Serie Borussias Kader-Analyse (3): Der Angriff Hauen und Stechen um zwei Plätze

Viersen · Gleich fünf Spieler kämpfen um nur zwei Positionen im Angriff. Argumente haben (fast) alle – der Ausgang ist völlig offen.

Serie Borussias Kader-Analyse (3): Der Angriff: Hauen und Stechen um zwei Plätze
Foto: Dieter Wiechmann

Fussball Top-Torjäger ohne Tore: In der vergangenen Saison reichten bei Borussia ganze sechs Treffer, om Borussias interner Torschützenkönig zu werden. Viel zu wenig für einen Verein mit internationalen Ambitionen. Deshalb wurde erneut investiert: Knapp 7,5 Millionen Euro hat Borussias Sportdirektor Max Eberl im Sommer für zwei neue Angreifer ausgegeben. Nur einer, Mike Hanke, musste jedoch gehen. Schon diese einfache Rechensumme macht klar – der Konkurrenzdruck in der Offensive der Borussen wächst. Wie es genau um die Torproduktion der Borussia steht, analysieren wir im letzten Teil des Kader-Checks.

Raffael Der Brasilianer soll Borussias Dreh- und Angelpunkt in der Offensive werden. Vor allem soll er das Problem des "letzten Passes" – an den finalen Zuspielen in die Spitze haperte es bei Gladbachs Offensivdrang in der Vorsaison häufig – beheben. In der Vorbereitung deutete er sein Potenzial bereits an. Von Anfang an präsentierte sich der Ex-Schalker als Taktgeber und Ballverteiler – und das bereits im Mittelfeld. Ein Treffer gelang ihm im Test gegen Rhede, er jagte den Ball aus dem Stand in den Winkel. Ansonsten glänzt der 28-Jährige als umsichtiger Ballverteiler, der seine Mitspieler in Szene setzen will und soll. Lucien Favre sieht ihn als hängende Spitze, als Vorbereiter – doch der Angreifer deutete an, dass er auch seine eigene Produktion in dieser Saison wieder hochschrauben wolle. Gegen Dortmund eroberte er sich den Ball durch engagiertes Nachsetzen – und holte so gegen Roman Weidenfeller einen Elfmeter heraus.

Luuk de Jong Trotz des verkürzten Urlaubs wegen der U21-Europameisterschaft kam der Niederländer deutlich muskulöser als im Vorjahr aus dem Urlaub zurück. Bei seinen Testspiel-Einsätzen zeigte der 22-Jährige gute Leistungen, vor allem im Zusammenspiel mit den Kollegen. Problematisch werden jedoch weiterhin die Anspiele sein. Lucien Favre lässt weitgehend flach spielen, während die Stärken des Zwölf-Millionen-Einkaufs in seiner Lufthoheit liegen. In der Vorbereitung gelang ihm immerhin ein Tor – auch wenn es ein Elfmeter gegen die Bayern war. Allerdings absolvierte der 22-Jährige aufgrund der Belastung in der Sommerpause nur einen Teil der Freundschaftsspiele. Der einzige richtige Strafraumstürmer im Kader könnte in seiner zweiten Saison bei Borussia richtig einschlagen. Doch dafür müsste er auch seinen Qualitäten – Kopfball, Intuition, Abschlussstärke – entsprechend eingesetzt werden. Wenn er sich die Bälle im Mittelfeld abholen muss, verpufft die Wirkung des Niederländers komplett.

Max Kruse Der Ex-Freiburger kommt mit der Empfehlung von elf Toren und neun Vorlagen aus Freiburg. Der 25-Jährige ist beidfüßig und vor allem aus der Distanz gefährlich. Taktisch ist Kruse stark. Er ist kein überragender Fußballer – dennoch trifft er oft die richtigen Entscheidungen auf dem Platz. In der Vorbereitung war davon jedoch noch nicht viel zu sehen. Kruse wirkte ein wenig gehemmt, vor allem in Laufduellen. Er hatte zwar einige Chancen, ein Treffer gelang ihm jedoch noch nicht. Er braucht vielleicht noch ein wenig Eingewöhnungszeit. Das Gute am gebürtigen Reinbeker ist seine Vielseitigkeit: Kruse kann Stürmer spielen, kommt jedoch auch als hängende Spitze oder auf dem linken Flügel zur Geltung. Dort könnte er Juan Arango entlasten – oder gar ersetzen. Der 25-Jährige stellte aber bereits klar: Seine Traumposition ist nicht der Flügel, sondern das Sturmzentrum.

Branimir Hrgota Mit vier Treffern ist der junge Schwede der Torschützenkönig der Vorbereitung. Trainer Favre hält viel vom 20-Jährigen. Hrgota ist flink, verfügt über eine gute Technik und hat vor allem in puncto Abschluss in den vergangenen Monaten deutlich dazugelernt. Das zeigte sich spätestens bei seinem Dreierpack im vorletzten Saisonspiel gegen Mainz. Hrgota ist auf dem Platz extrem selbstbewusst – wenn er den Ball zweimal verliert, versucht er trotzdem weiter sein Glück. Beim Testspiel in Glasgow ließ er vor seinem Treffer zum 2:0 gleich zwei Gegner aussteigen. Gegen Bayern beim Telekom-Cup jedoch wurde ihm seine Verspieltheit immer wieder zum Verhängnis. Er muss noch den Zeitpunkt für das rechtzeitige Abspiel finden. Ansonsten gehört dem quirligen Angreifer die Zukunft.

Peniel Mlapa Nur 19 Minuten durfte der 22-Jährige in der Vorbereitung in Freundschaftsspielen mitkicken – so wenig wie kein anderer Borusse. Der Angreifer macht eine schwierige Phase durch. Seine körperlichen Voraussetzungen könnten ihn zu einem Top-Angreifer in der Bundesliga machen, doch er macht viel zu wenig draus. Zudem spricht seine Körpersprache – hängende Arme, unkonzentrierte Übungen – aktuell ziemlich gegen ihn. Zudem hat er in letzter Zeit viel Verletzungspech. Die Frage ist, ob Mlapa das Ruder bei Borussia noch herumreißen kann – oder ob er sein Glück auf Dauer lieber woanders versuchen sollte. Sportdirektor Max Eberl stellte indes klar, kein Interesse an einem Verkauf des 22-Jährigen zu haben.

Alternativen In der vergangenen Saison probierte Trainer Favre eine Zeit lang Patrick Herrmann im Sturmzentrum aus. Dieser Versuch scheiterte jedoch. Nicht an Herrmann, sondern an den mangelnden Alternativen für die rechte Seite. Künftig ist der 22-Jährige jedoch durchaus wieder ein Ersatz für das Zentrum. Zuvor hatte dieser Versuch aus einem Marco Reus schon einen absoluten Star des Bundesliga gemacht. Auch Amin Younes spielte häufiger als hängende Spitze, in der Vorbereitung zeigte er sich jedoch meist über die linke Seite.

Fazit Raffael scheint als Denker und Lenker in der Gladbacher Offensive weitgehend gesetzt. Wer künftig mit ihm stürmen darf, ist noch unklar. Im Training versuchte es Favre meist mit dem Duo Raffael-Kruse, was zumindest gewisse Rückschlüsse auf die Startformation zu Saisonbeginn zulässt. De Jong machte in der Vorbereitung zwar einen besseren Eindruck, Favre wird jedoch mit den Anlagen des Niederländers irgendwie nicht warm.

Überraschungsgast im Angriff könnte Branimir Hrgota sein. Der junge Schwede bringt alles mit, was Favre will. Wenn er das jetzt noch konstant einsetzen kann, könnte er im Konkurrenzkampf im Angriff eine gewichtige Rolle spielen. Was Mlapa angeht, ist die Zukunft offen. Aktuell muss er um einen Platz im 18er-Kader kämpfen, wenn er diese Hürde überspringt, ist fraglich, ob er über Kurzeinsätze hinauskommt.

So oder so dürfte gerade im Angriff viel rotiert werden – mehr noch als in den anderen Mannschaftsteilen. Der Stürmer, der als erstes eine kleine Serie hinlegt, dürfte im Konkurrenzkampf gute Karten haben.

(RP)
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