Schiedsrichter Iosif Tsivalidis „Beleidigungen sind gang und gäbe“

Interview | Viersen · Der 42-jährige Iosif Tsivalidis vom 1. FC Viersen spricht über seine Zeit als Schiedsrichter in Griechenland und gibt dem Nachwuchs Tipps.

 Iosif Tsivalidis (42) im Einsatz als Schiedsrichter.

Iosif Tsivalidis (42) im Einsatz als Schiedsrichter.

Foto: Ja/heiko_van_der_velden

Iosif Tsivalidis (42) ist Schiedsrichter aus Leidenschaft. Seit 2007 wohnt der griechische Staatsbürger, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, nun schon in Viersen. An der Pfeife ist Tsivalidis für den 1. FC Viersen aktiv. Beim Landesligisten kümmert er sich zudem als Schiedsrichterbeauftragter um den Nachwuchs und versucht, neue Schiedsrichter zu gewinnen. Doch er hat auch eine Vergangenheit als Schiedsrichter in Griechenland. Dort war er als Assistent in der Dritten Liga aktiv.

Was waren Ihre Gründe, Schiedsrichter zu werden?

Tsivalidis Ich habe schon als kleiner Junge Fußball gespielt bis zur A-Jugend. Ich musste dann allerdings aufgrund gesundheitlicher Probleme damit aufhören. Aber ich war immer fußballverrückt und habe auch in meiner Freizeit viele Spiele geguckt. Als ich 1998 dann aufgrund des Studiums nach Griechenland gegangen bin, hat mich ein Onkel, der damals in der griechischen Ersten Liga gepfiffen hat, dazu animiert Schiedsrichter, zu werden. Ich habe mich dann dort für den Anwärterlehrgang beworben.

Was sind die größten Unterschiede als Schiedsrichter in Deutschland und Griechenland?

Tsivalidis Natürlich gibt es in Griechenland gute Schiedsrichter. Doch es entscheidet auch viel Vitamin B, in welcher Liga man pfeift. Die griechischen Schiedsrichter haben einen sehr schweren Stand. Beleidigungen sind dort gang und gäbe, auch Gewalt gegenüber Schiedsrichtern. Das Problem haben wir zum Glück am Niederrhein weniger.

An welches Spiel in Griechenland und Deutschland erinnern Sie sich sofort zurück?

Tsivalidis Es war ein Derby in der Dritten Liga zwischen Olympiakos Volos und Niki Volos. Das Spiel ist gleichzusetzen wie das Derby Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln. Im Stadion gab es eine große Kulisse von über 2000 Zuschauern. In Deutschland war es 2014 das Spiel zwischen dem TSV Bockum und dem SV Hösel. Es war der letzte Spieltag in der Bezirksliga. Bockum brauchte einen Sieg, um die Klasse zu halten, Hösel dagegen nur einen Punkt. Dort waren dann über 600 Fans anwesend, die das Spiel verfolgten. Hösel hat 2:1 gewonnen.

Wie würden Sie sich selbst als Schiedsrichter bezeichnen? Was für ein Typ sind Sie auf dem Platz?

Tsivalidis Das ist eine schwierige Frage. Meine Persönlichkeit steht auf dem Platz an oberster Stelle. Ich lasse mich sehr ungern anschreien. Dort bin ich dann auch sehr streng. Für ein Foul drücke ich schon mal ein Auge zu, aber wegen Meckerns nicht. Ich war schon mal ruhiger, aber mittlerweile kommt auch schon mal ein Spruch zurück. Aber ich versuche, viel mit den Spielern zu reden, und bin keiner, der direkt eine Karte zeigt.

Haben Sie schon einmal aufgrund eines Spiels oder einer Spielsituation daran gedacht, als Schiedsrichter gedacht?

Tsivalidis Nein, so eine Situation gab es für mich zum Glück noch nicht. Ich bin immer noch Feuer und Flamme und möchte so lange pfeifen, wie ich kann und es mir Spaß macht. Aber an dem Punkt bin ich noch lange nicht. Ich habe das Glück, noch in der Bezirksliga pfeifen zu dürfen, da ist es dann auch spannender von den Spielen her. Da sind die eigene Leistung und das Niveau dann auch besser, als wenn man ein Spiel in der Kreisliga B selber pfeift. Man ist als Schiedsrichter auch mehr gefordert. Den einen wird es freuen, dass ich noch ein paar Jahre pfeife, den anderen dagegen nicht (lacht).

Was können Sie ihren Schiedsrichterkollegen aus Ihrem internationalen Erfahrungsschatz mit auf dem Weg geben?

Tsivalidis Vor allem den jüngeren Schiedsrichtern, dass sie sich nicht einschüchtern lassen sollen, auch nicht von Pfiffen von außen. Wenn ich eine Ansetzung bekomme und eine Mannschaft nicht kenne, gucke ich mir die Statistik an und versuche möglichst viel über die Mannschaften herauszubekommen, um besser vorbereitet zu sein. Hier im Kreis brauche ich nicht viel zu recherchieren. Die meisten Mannschaften und Spieler kenne ich, und die Spieler kennen mich. Die jüngeren Kollegen sollten ein gepflegtes Auftreten auf dem Platz haben und auf dem Teppich bleiben und nicht arrogant rüberkommen, das macht die Sache sonst nur noch schwerer für sie.

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