Fußball-Oberliga Nettetaler vorne und hinten mit Defiziten

Analyse: Seit dem Wochenende ist der Fehlstart des SC Union Nettetal in der Fußball-Oberliga perfekt. Aus drei Spielen holte die SCU-Mannschaft keinen Punkt. Die Gründe für die sportliche Misere sind vielschichtig. Dabei hat die Mannschaft das Potenzial zu mehr.

 Schon im ersten Saisonspiel daheim gegen den ETB SW Essen lief es nicht rund für den SC Union Nettetal, hier mit Dominik Dohmen beim Schuss. Zwei weitere Niederlagen machten den Fehlstart perfekt.

Schon im ersten Saisonspiel daheim gegen den ETB SW Essen lief es nicht rund für den SC Union Nettetal, hier mit Dominik Dohmen beim Schuss. Zwei weitere Niederlagen machten den Fehlstart perfekt.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Es war ein Silberstreif am Horizont, als Dimitrios Touratzidis am vergangenen Samstag im Heimspiel des SC Union Nettetal gegen den 1. FC Monheim in der Schlussphase durch seine beiden Treffer auf 2:3 verkürzte und damit zumindest noch Hoffnungen auf den ersten Punkt der Saison schürte. Doch auch wenn das Torverhältnis etwas aufgehübscht wurde, zum ersehnten Happy End reichte es für die Nettetaler letztlich nicht mehr. „In den letzten 30 Minuten war ein ganz anderer Zug im Spiel. Darauf können wir aufbauen“, sagte SCU-Abteilungsleiter Dirk Riether auch mit Blick auf das nächste Spiel bei Germania Ratingen.

Die Tabellensituation als Schlusslicht mit 2:11 Toren ist alles andere als erbaulich und untermauert die alte Fußballweisheit, dass es Aufsteiger nach geglücktem Klassenverbleib im zweiten Jahr besonders schwer haben. Zum selben Zeitpunkt der Oberliga-Premierensaison hatten die Nettetaler mit ihrer Euphorie im Rücken schon sieben Punkte gesammelt und sich ein kleines Polster geschaffen. „Wir haben keine Panik, sind noch entspannt. Auch vorige Saison gab es Phasen, wo wir mehrere Spiele hintereinander verloren haben“, betonte Riether. Gleichwohl ist natürlich auch dem Abteilungsleiter nicht entgangen, dass es zum Saisonauftakt heftig in der Defensivarbeit hakt. Offenbar scheint es so zu sein, dass die Bemühungen in der Sommerpause um ein flexibleres Offensivkonzept mit der Einführung eines neue taktischen Systems dazu geführt hat, dass die Abstimmung zwischen Offensive und Defensive nicht mehr so gut funktioniert wie vergangene Saison.

Damals hatte die gute Arbeit gegen den Ball großen Anteil daran, dass es am Ende knapp mit dem Klassenverbleib klappte. Nettetal war stets ein unangenehmer Gegner, der gerade gegen die Topteams der Liga regelmäßig punktete. Mit 54 Gegentoren rangierte der SCU im Mittelfeld dieser Kategorie und konnte damit die eigene Torflaute kaschieren. Keine Mannschaft traf so selten wie Nettetal (41-mal). Das aktuelle Problem ist eine unheilvolle Kombination: Trotz der neuen Offensivvariante schießt Nettetal bislang zu wenig Tore, kassiert aber gleichzeitig viel zu viele (fast vier pro Spiel). Immerhin: Beim Pokal-Aus gegen Burgaltendorf und gegen ETB SW Essen erspielten sich die Nettetaler Chancen, doch sie wurden nicht genutzt. Und während vorne Möglichkeiten vergeben werden, passieren hinten teils hanebüchene Fehler vor den Gegentoren.

Neben einer möglicherweise verlorengegangenen Balance zwischen Offensive und Defensive scheint es also in den entscheidenden Momenten um die Konzentration der Spieler nicht zum Besten bestellt zu sein. Zudem attestierte Trainer Andreas Schwan insbesondere nach der 0:5-Pleite beim Aufsteiger FC Kray seiner kompletten Mannschaft, dass sie alle Grundtugenden des Fußballs habe vermissen lassen. Dabei waren auch die hohe Laufbereitschaft, die Zweikampfstärke und der unbändige Einsatzwille in der Vorsaison wichtige Gründe für das Happy End.

Auch der gute Mannschaftsgeist trug die Nettetaler über schwere Phasen. Der am Montag durchgesickerte Abschied von Toni Weis zum Landesligisten Teutonia St. Tönis, lässt zumindest den Eindruck entstehen, dass es auch in dieser Hinsicht Probleme geben könnte.  Allerdings ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass in Phasen des Misserfolgs unzufriedene Spieler eher aufbegehren. Aber der große SCU-Kader birgt eben die Gefahr, dass es noch mehr Akteure geben könnte, die für Unruhe sorgen. Ein Kandidat ist Stürmer René Jansen, der vergangene Saison in der Winterpause als großer Hoffnungsträger vom Regionalligisten SV Straelen gekommen war, aber immer noch nicht richtig angekommen zu sein scheint in Nettetal. Gegen Monheim saß er erstmals 90 Minuten auf der Bank, obwohl er fit war.

„Ich glaube nicht, dass noch jemand geht“, sagte Dirk Riether im Zusammenhang mit dem Abschied von Toni Weis, betonte aber auch, dass er kein Problem damit habe, wenn noch Spieler auf ihn zukämen. In dieser Woche sind noch ein Offensiv- und ein Abwehrspieler im Probetraining. Das habe allerdings nichts mit der aktuellen Situation zu tun. „Wir machen keine verrückten Dinge, nur weil wir drei Spiele verloren haben“, erklärte Riether. Vielmehr will er die Ruhe bewahren und betonte die Einheit zwischen sportlicher Leitung und Trainerteam: „Da passt kein Millimeter dazwischen.“ Er nimmt die Spieler in die Pflicht und fände es angezeigt, dass angesichts der bisherigen Leistungen auch mal klare Worte aus der Mannschaft kämen, also von den Kapitänen oder vom Mannschaftsrat. Hoffnung machen ihm die jungen Spieler im Kader, die gerade in der Schlussphase gegen Monheim mit ihrer Unbekümmertheit fasst noch das Ruder herumgerissen hätten.

In der Tat haben die Nettetaler großes Potenzial in ihrer Mannschaft. Die Kunst wird es jetzt für das Trainetteam sein, in dieser angespannten Stimmung die richtige Mischung aus Erfahrung und jugendlichem Elan zu finden. Dann ist den Nettetalern auch in der noch mal stärker gewordenen Oberliga durchaus die Wende zuzutrauen. Allzu lange Zeit ist allerdings nicht mehr. Wie es laufen kann, wenn einmal der Anschluss an die Konkurrenz verloren geht, das hat vergangene Saison der FSV Duisburg als warnendes Beispiel gezeigt.

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