Analyse Ein Hauptanliegen und einige Nebenziele in Hamburg

Viersen · Es hat nicht viel gefehlt, und Raffael hätte es Thorgan Hazard gleichgetan. Doch sein hübsch geschossener Freistoß landete an der Querlatte und prallte von dort ins Feld zurück. So bleibt Borussias Brasilianer bei neun Saisontoren - woraus zugleich ein Ziel formuliert werden kann für das letzte Spiel beim Hamburger SV am Samstag: Raffael will in seinem fünften Jahr als Borusse zum vierten Mal zweistellig treffen. Schafft er einen Treffer, würde er in der ewigen Torschützenliste Borussias mit Herbert Wimmer und Martin Dahlin gleichziehen, die mit 68 Toren geführt werden. Drei Tore entfernt ist Wilfried Hannes mit 70 Treffern. Zieht er mit dem treffsichersten Verteidiger der Vereinsgeschichte zumindest gleich, gehört Raffael zur Top Ten der Gladbach-Torschützen (in allen Wettbewerben).

Neben Raffaels Zweistelligkeits-Ansinnen gibt es weitere Nebenziele des Spiels in Hamburg. Mit einem Sieg kann Gladbach die 50 Punkte-Marke vollmachen, die gemeinhin der untere Level der Zielvorgaben Borussias angesehen werden kann, der realistisch ist. Damit wäre dann auch die Rückrunde mit 22 Punkten auf einem akzeptablen Level für ein Team wie Borussia: Weniger als 22 Punkte gab es zuletzt 2010 (17), 2013 und 2014 gab es unter Lucien Favre auch 22 Punkte. Ein Sieg würde auch die Auswärtsbilanz der Rückrunde (und dieses Jahres) aufpolieren. Bislang gab es nur einen Dreier in der Fremde, das war das 1:0 in Hannover. Es wäre zugleich das erste Mal, dass die Borussen in der Rückrunde zwei Spiele in Folge gewinnen.

Dass es für die Gladbacher angesichts der Gesamtkonstellation ein ausgesprochener Charaktertest sein wird in der Hansestadt, steht fest. Gegen den SC Freiburg haben sie diesen bestanden und ihren Job gemacht. Dafür gab es am Ende den verdienten Applaus der Fans nach dem Spiel. Der Sieg hätte höher ausfallen können, hätte aber in Gefahr geraten können, wenn Yann Sommer nicht dreimal stark gehalten hätte. Das tat er, und so war es ein versöhnlicher Abschluss der Heim-Saison, die neun Siege, vier Unentschieden und vier Niederlagen brachte. Durchwachsen darf man die Bilanz nennen. Beim späteren Blick auf die Abschlusstabelle darf dann spekuliert werden, welches der vier im eigenen Stadion verlorenen Spiele das schmerzhafteste war.

Die 0:1-Erlebnisse gegen Frankfurt und Leipzig dürften sich da die Waage halten, wobei das Spiel gegen die Hessen wohl das schwächste im eigenen Stadion in dieser Saison war. Leipzig hat als Sechster vor dem letzten Spieltag drei Punkte mehr als die Borussen, die Eintracht als Siebter zwei, Stuttgart als Achter einen. Alle Konkurrenten haben auch eine bessere Torbilanz. Theoretisch kann Borussia bis zu drei Tabellenplätze raufklettern, je nach Optimalitäts-Stufe des Spieltagsverlaufs.

Womit wir beim Hauptanliegen des Samstags wären: das Nutzen der minimalen Europa-Chance, wenn sie sich bietet. Dafür braucht es zwangsläufig einen Sieg. Die Borussen haben oft etwas liegenlassen, als es darauf ankam. Da wäre es eine echte Pointe der Saison, dass es nun am letzten Spieltag anders läuft. 2011 haben die Gladbacher beim Saisonfinale in Hamburg den Sprung in die Relegation geschafft mit einem 1:1. Das würde dieses Mal nicht helfen. Karsten Kellermann

(RP)
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