Billard Das lange Warten

Wenn Deutschland heute um 21 Uhr in die Dreibandbillard-Weltmeisterschaft in der Viersener Festhalle einsteigt, ist die halbe WM schon gelaufen. Spazieren gehen, ausruhen, trainieren – so überbrücken sie die Zeit.

Billard-WM in Viersen 2008
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Wenn Deutschland heute um 21 Uhr in die Dreibandbillard-Weltmeisterschaft in der Viersener Festhalle einsteigt, ist die halbe WM schon gelaufen. Spazieren gehen, ausruhen, trainieren — so überbrücken sie die Zeit.

Christian Rudolph hatte sich gestern in Schale geworfen. Er hatte eins seiner vier Smoking-Hemden, die seine Freundin Iris für die Dreiband-Weltmeisterschaft in Viersen "mit Liebe und Unterstützung" gebügelt hat, übergestreift, die schwarze Weste mit dem Bundesadler darauf angezogen und die obligatorische Fliege angelegt. Der Anlass machte es nötig: Rudolph, Deutschlands Spitzenspieler, und sein Partner Martin Horn waren gestern bei der Eröffnungszeremonie des Turniers dabei.

Danach entschwand das Duo jedoch recht schnell aus der Festhalle. Hemd, Weste und Fliege wurden sorgsam wieder verstaut — denn bis Rudolph und Horn das Outfit für den ersten sportlichen Einsatz brauchen, ist die halbe WM schon gelaufen. Da Deutschland zu den acht für die Hauptrunde gesetzten Teams gehört, steht das Auftaktspiel der Gastgeber erst heute Abend um 21 Uhr an. "Wenn es Verzögerungen gibt, kann es sogar noch später werden. Wenn wir starten, sind andere schon auf der Rückreise", sagt Martin Horn.

Aus der belgischen Liga kennt er die Anfangszeiten in den Abendstunden. "Es ist zwar recht spät, aber kein Problem", sagt er daher. Zumal Werner Naruhn in den vergangenen Tagen Trainingseinheiten für die Anstoßzeit des ersten Spiels anberaumt hat. "Damit sich die Jungs daran gewöhnen können", sagt der Bundestrainer. So ist weniger die Anstoßzeit der Partie (Gegner ist der Sieger der Partie Belgien gegen einen der vier Qualifikanten), als das lange Warten darauf. Horn reiste gestern für ein paar Stunden ins heimische Essen. Dort ging er mit seiner Freundin Anja spazieren und übte entspannt am eigenen Billardtisch. Christian Rudolph verbrachte nach der Eröffnung in der Festhalle noch ein wenig Zeit, gab Fernsehinterviews und schaute kurz beim 2:0-Sieg der Vietnamesen gegen die Schweiz rein. "So kann man schon mal was über das Verhalten der Tische erfahren", sagt er. Anschließend ging er zum Friseur und dann ins Mannschaftshotel, um sich auszuruhen.

Allzu viele Stunden im WM-Trubel sind jedoch nicht hilfreich. Zu viele Menschen, zu viele Gespräche, zu viel Ablenkung. "Ich werde joggen, mich am Nachmittag ausnahmsweise eine Stunde hinlegen und mir vielleicht um 16 Uhr das erste Spiel der Belgier ansehen", beschreibt Horn seine Pläne für den heutigen Tag. Ansonsten will er seinen normalen Arbeitsrhythmus beibehalten. "Ich habe 80 Spiele im Jahr und gehe mit der gleichen Einstellung in die erste WM-Partie wie immer: Ich will gewinnen und gut spielen", sagt der deutsche Einzelmeister. Gleichwohl wissen er und Rudolph, dass "wir das erste Spiel nicht verlieren sollten, sonst wird es schwer". Es sei denn, "im ersten Spiel unserer Gruppe gibt es einen klaren Sieger. Dann könnten wir sogar mit zwei Niederlage als Zweiter weiter kommen — theoretisch. Aber wir wollen gewinnen", sagt Horn.

Spätestens eine Stunde vor dem Spiel treffen sich Rudolph, Horn und Naruhn in der Kabine und beschwören den Teamgeist. Naruhn verteilt traditionell Bananen. "Die essen wir in den Spielpausen", sagt Rudolph. Wenn er dann gegen 21 Uhr kurz vor der ersten Aufnahme seine Queue-Tasche öffnet, das Spielgerät zusammenschraubt, hat das lange Warten ein Ende. Das Unternehmen Titeljagdbeginnt.

Alle Ergebnisse und ein Live-Scoring unter http://viersen.billiard-worldchampionship.org/2008/index.htm

(RP)
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