Lokalsport Borussia jubelt und freut sich auf das Fernduell mit Bayer

Fussball · Auf der Südtribüne des Borussia-Parks war die Stimmung bei der Mitgliederversammlung des Bundesligisten gestern prächtig. Das Team von Lucien Favre streitet sich wohl bis zum letzten Spiel mit Leverkusen um den dritten Platz.

Die Südkurve war gestern die Nordkurve. Borussia hatte Mitgliederversammlung, und wie seit Jahren üblich versammelten sich die Borussen, zahlreiche Menschen bevölkerten die Ränge gegenüber des Stimmungszentrums des Borussia-Parks. Gleichwohl wurde reichlich gejubelt. Als Lucien Favre die Bühne betrat natürlich. Und auch, als Geschäftsführer Stephan Schippers die "sehr, sehr gute Bilanz" des Geschäftsjahres 2014 verkündete. Früher gab es mal eine Schieflage zwischen den guten Zahlen und der sportlichen Situation, heute stimmt beides. Grund genug also für die Gladbach-Fans zu träumen - von der Champions League.

Der Weg in die europäische Meisterklasse führt über Bayer Leverkusen. Nach Schalkes 1:1 in Wolfsburg könnte in der nächsten Woche auch rechnerisch feststehen, dass Borussia und Bayer mindestens Vierter werden, der Vorsprung auf die Gelsenkirchener beträgt aktuell jeweils zwölf Punkte. Mit dem rheinischen Rivalen werden sich die Borussen um den dritten Platz, der den direkten Einzug in die Gruppenphase der Champions League garantiert, streiten. Beide Klubs treffen sich am 9. Mai im Borussia-Park zum direkten Vergleich. Es kann ein Finale werden, in dem sich entscheidet, wer die zwölf Millionen Euro sicher hat, die eine Teilnahme an der Gruppenphase bringt.

Voraussichtlich aber wird sich die Geschichte nicht am 9. Mai endgültig entscheiden. Zu sehr sind Borussia und Bayer im Gleichschritt unterwegs: Neunmal hat Gladbach nicht verloren, achtmal Bayer, beide haben nach 29 Spieltagen 54 Punkte und die exakt gleiche Bilanz: 15 Siege, neun Unentschieden und fünf Niederlagen. Es wird wohl ein hauchdünnes Fernfinale geben, und die Verrücktheit des Fußballs gibt zumindest Anlass für die These, dass sich am Ende alles in den letzten Minuten des letzten Spieltages entscheidet.

Im Titelkampf haben Borussia und Bayer mit solchen Konstellationen in der Geschichte an letzten Spieltagen unangenehme Erfahrungen gemacht. 1978 schoss Borussia gegen Dortmund den sagenhaften 12:0-Sieg heraus, wurde aber nur Vizemeister, weil der 1. FC Köln 5:0 zeitgleich beim FC St. Pauli siegte und am Ende wegen dreier mehr erzielter Tore den Titel holte. Leverkusen hätte 2000 in Unterhaching ein Unentschieden gereicht, doch Bayer verlor 0:2, wodurch der FC Bayern nach dem 3:1 gegen Bremen punktgleich war (je 73), aber dank der um sieben Treffer besseren Torbilanz Meister wurde.

Vielleicht sind es auch in diesem Jahr ein paar Tore, geschossene oder nicht kassierte, die den Unterschied ausmachen. Was die Torproduktion angeht, ist Bayer im Vorteil. Leverkusens Offensive ist die drittbeste der Bundesliga, sie hat 56 Tore fabriziert, im Schnitt 1,93. Borussia kommt auf 1,52 Treffer pro Spiel, in der Summe sind es 44 in 29 Spielen. Gladbach hat dafür die bessere Gegentor-Bilanz. 22 Tore hat Yann Sommer kassiert (Schnitt: 0,76), nur die Bayern haben weniger Gegentreffer. Leverkusen hat 31 beisammen (1,07).

Das sich bis zum 9. Mai keines der beiden Teams entscheidend absetzen kann, lässt die bisherige Stabilität beider vermuten - zumal sie je ein schweres Heimspiel und eine komplizierte Auswärtspartie vor sich haben. Borussia spielt noch gegen Wolfsburg und in Berlin, Leverkusen hat das Derby beim 1. FC Köln und erwartet dann den Klassenprimus FC Bayern.

Dass danach auch das direkte Duell nicht zwangsläufig eine Entscheidung bringt, legt die Statistik nahe. Denn jedes zweite Spiel beider Klubs in Mönchengladbach endete Unentschieden (20 von 39). Auch das deutet auf ein Fernduell an den letzten beiden Spieltagen der Saison hin. Borussia spielt dann noch in Bremen und gegen Augsburg, Bayer gegen Hoffenheim und in Frankfurt - wie kompliziert es bei der Eintracht sein kann, bekam nun Gladbach zu spüren, das nicht über ein 0:0 hinauskam.

Ibrahima Traoré erlebte den Großteil des Spiels von der Bank aus mit. Als er dann aber auf dem Feld war, zeigte er, wie man der gut verteidigenden Eintracht hätte beikommen können: Mit flinken Einzelaktionen. Traoré setzte sich auf dem Flügel durch, seine Hereingabe fand Thorgan Hazard, doch dessen Schuss parierte Kevin Trapp im Eintracht-Tor. Dass sein bester Kumpel das Tor nicht gemacht habe, fand Traoré "schade". Die drei Punkte, die ein Treffer in letzter Minute eingebracht hätte, wären "gut für die Tabelle gewesen".

Gegen Wolfsburg hofft Traoré am kommenden Sonntag wieder auf mehr offensive Durchschlagskraft seines Teams. Gerade, weil der Gegner so gut ist. "Wir haben gezeigt, dass wir gegen große Teams gut spielen und gewinnen können. Wolfsburg will Fußball spielen und nicht nur verteidigen, das macht es leichter für uns. Es ist ein Topspiel, und wir werden bereit sein, die drei Punkte zu machen", sagt Traoré.

Borussias Fans übten gestern bei der Mitgliederversammlung für den Erfolgsfall schon mal ausgiebigen Applaus und das nötige Liedgut: "Die Seele brennt". Es klappte auch ohne die Nordkurve.

(RP)
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