Interview mit Ronny Lindemann „Ich bin geduldig, meine Zeit wird bald wieder kommen“

Der Dreiband-Spezialist aus Witten muss bei der Team-WM in Viersen dem jüngeren Dustin Jäschke den Vortritt lassen. Er nimmt es ganz sportlich.

 Ronny Lindemann vor der Viersener Festhalle.

Ronny Lindemann vor der Viersener Festhalle.

Foto: Jörg Knappe

In den drei vergangenen Jahren bildete der Wittener Ronny Lindemann zusammen mit dem Essener Martin Horn das deutsche Duo bei der WM für Dreiband-Nationalmannschaften in Viersen. Bei der nächsten Auflage vom 5. bis 8. März muss sich der 39-Jährige aber mit der Zuschauerrolle begnügen, weil die Deutsche Billard-Union (DBU) etwas überraschend den jüngeren Dustin Jäschke (27) neben Horn als der unangefochtenen deutschen Nummer eins nominierte. Kurz bevor sich Lindemann auf den Weg zum Weltcup ins türkische Antalya machte, sprach er noch darüber, wie er die Enttäuschung verkraftet hat und wie er sich trotzdem bei der WM einbringen möchte.

Herr Lindemann, erstmals seit drei Jahren wird es wieder eine WM in Viersen ohne Sie am Tisch geben. Wie groß ist die Enttäuschung?

Lindemann Ich würde es nicht enttäuscht nennen, eher verwundert. Wegen meines zweiten Platzes bei der Deutschen Meisterschaft hinter Martin Horn und meiner guten Bilanzen in den Ligen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden hatte ich fest mit meiner Nominierung gerechnet. Langsam wird es im Vergleich zu Dustin ein bisschen einseitig, weil er bei den letzten beiden Einzelweltmeisterschaften und der letzten Einzel-EM den Vorzug erhalten hat. Weil er auch an vielen anderen internationalen Turnieren teilgenommen hat, hat er in der Weltrangliste einen Vorsprung, der den Ausschlag gegeben hat.

Was hätten Sie sich mit Martin Horn zugetraut?

Lindemann Es ist schon ein bisschen schade, dass es ausgerechnet in diesem Jahr so gekommen ist, weil ich mich wirklich verbessert habe. Ich bin soweit, dass ich auch die Großen schlage, dass ich als Nummer zwei gegen fast jeden Gegner als Favorit in die Partie gehen würde. Auch gerade vor dem Hintergrund, dass der neue WM-Modus wieder Einzelspiele vorsieht, war ich mir mit Martin Horn eigentlich einig, dass wir mit einer Medaille dran wären, vielleicht sogar mehr. Aber ich bin geduldig, meine Zeit wird bald wieder kommen.

Können Sie die Entscheidung der DBU denn irgendwo auch nachvollziehen?

Lindemann Grundsätzlich finde ich es gut, dass die DBU inzwischen ganz transparente Nominierungskriterien aufgestellt hat, das ist ein Vorteil. Auch wenn ich die Gewichtung nicht ganz richtig finde. Dass es jetzt mich getroffen hat, damit muss ich leben. Wobei ich sagen muss, dass sich Dustin auch stark verbessert hat und regelmäßig gute Gegner schlägt. Er hat es auch verdient, bei der WM zu spielen.

Wie wirkt sich denn Ihre Nichtnominierung auf Ihr Verhältnis zu Dustin Jäschke aus?

Lindemann Das ist eine Entscheidung von oben, so ist eben der Sport. Wenn es beim nächsten Mal anders herum ausgeht, muss Dustin damit leben. Auf unser Verhältnis hat das überhaupt keinen Einfluss.

Sie sind immerhin als Ersatzmann bei der WM dabei. Wie werden Sie die Rolle ausfüllen?

Lindemann Ich werde bei den deutschen Spielen natürlich vor Ort sein und versuchen, die Jungs zu motivieren. Zudem werde ich bei Bedarf vor den Spielen und während der Pausen Tipps geben. Mit Dustin ist das schon gut eingespielt, bei internationalen Turnieren helfen wir uns gegenseitig. So wird es auch beim Weltcup in Antalya sein. Beim WM-Vorbereitungslehrgang bin ich auch dabei und bringe mich ein.

Was trauen Sie Martin Horn und Dustin Jäschke bei der WM zu?

Lindemann Da ist alles offen. Wenn die beiden ins Viertelfinale kommen, habe sie gute Chancen auf eine Medaille. Aber das Viertelfinale zu erreichen, wird schon verdammt schwer. Denn in der Gruppenphase geht’s gegen Peru, Belgien und Spanien. Belgien und Spanien sind sehr stark und könnten zu Stolpersteinen werden.

Welche Rolle spielt die Rückkehr zum Spielsystem mit zwei Einzeln und ab dem Viertelfinale mit einem Scotch-Double-Satz bei Gleichstand?

Lindemann Eine wichtige. Das ist auch der Grund, wieso ich Martin und mir so gute Chancen eingeräumt hätte, ganz weit zu kommen. So sind ab dem Viertefinale viel mehr Überraschungen möglich. Das ist auch ein Vorteil für Martin und Dustin, wenn sie denn die Vorrunde überstehen.

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