Billard-WM in Viersen 2013 Das sind die Favoriten der Billard-WM

Viersen · Martin Horn, Nummer Eins der deutschen Mannschaft, stellt exklusiv für die Rheinische Post die Favoriten der Billard-WM in Viersen vor. Der 42-Jährige sagt: "Ich befinde mich in der Form meines Lebens." Für ihn gibt es vier große Anwärter – und den "Geheimtipp" Deutschland.

 Martin Horn, Nummer Eins der deutschen Mannschaft.

Martin Horn, Nummer Eins der deutschen Mannschaft.

Foto: Franz Heinrich Busch jun.

Martin Horn, Nummer Eins der deutschen Mannschaft, stellt exklusiv für die Rheinische Post die Favoriten der Billard-WM in Viersen vor. Der 42-Jährige sagt: "Ich befinde mich in der Form meines Lebens." Für ihn gibt es vier große Anwärter — und den "Geheimtipp" Deutschland.

Belgien: Der Titelverteidiger kann sich nur selber schlagen

Martin Horn: "Der Weg zum Titel führt auch in diesem Jahr nur über Belgien als Titelverteidiger. Der Weltranglistenzweite, Frédéric Caudron, ist nur die Nummer zwei im Team, das sagt doch schon alles. Eddie Merckx (Foto) ist Fünfter der Rangliste, doch weil die Belgier nach der nationalen Meisterschaft des Vorjahres aufstellen, ist Merckx in der Festhalle die Nummer eins. Zurecht. Der Mann ist ein Phänomen. Er hat vor einem halben Jahr 50 Punkte in nur sechs Aufnahmen geschafft — das ist ein Fabel-Weltrekord. Denn der alte stand schon eine Weile bei neun Aufnahmen. Merckx' Bestmarke wird 100 Jahre halten, da bin ich mir sicher, die bricht keiner mehr. Das ist, als ob Usain Bolt morgen plötzlich die hundert Meter in unter neun Sekunden läuft, so unglaublich ist das. In Caudron hat er bei der WM einen Teamkollegen, der einfach alles kann. Er beherrscht sämtliche Billard-Disziplinen rauf und runter, ist ein großer Techniker und hat eigentlich keine Schwächen. Ganz klar: Die Belgier sind der große Favorit auf den WM-Titel. Nur wenn sie irgendwie schwächeln sollten, sind sie zu schlagen. Witzig ist: Im kommenden Jahr werden die beiden nicht für's A-Team nominiert werden, weil sie im Januar bei der nationalen Meisterschaft nur Dritter und Vierter wurden. Die Leistungsdichte in Belgien ist unglaublich hoch."

Schweden: Das Rekord-Duo

Martin Horn: "Torbjörn Blomdahl ist, das muss man so sagen, ein Genie. Er spricht elf Sprachen, ist sehr intelligent, sein Spiel ist clever aufgebaut. Er hat vielleicht nicht die allerbeste Technik — doch sein taktisches Verständnis ist das Beste der Welt. Blomdahl, aktuell Weltranglisten-Erster, wurde in Viersen bereits achtmal Weltmeister, so oft wie kein anderer. Sechsmal davon holte er den Titel mit seinem Partner Michael Nilsson — und von ihm hängt in den kommenden Tagen einiges ab. Zuletzt hatte der Weltranglisten-57. nämlich mit einer Schulterverletzung zu kämpfen. Angeschlagen ist Nilsson nur die Hälfte wert. Michael kann jeden auf der Welt schlagen — wenn er denn fit ist. Zuletzt hat er Blomdahl bei der nationalen Meisterschaft geschlagen. Und wenn Schweden Weltmeister wurde, hat er auch immer eine perfekte WM gespielt. Ich glaube an die Schweden, weil sie zuletzt drei Jahre gar nicht auf dem Treppchen stand. Das Gesetz der Serie sagt dann: Sie sind mal wieder dran."

Niederlande: Jaspers jagt einem Titel hinterher

Martin Horn: "Für Dick Jaspers zählen nur Titel. Halbfinalteilnahmen, Zweite Plätze — das ist dem Niederländer egal. 2011 wurde er noch Einzel-Weltmeister — doch das ist sein einziger großer Titel in den vergangenen drei Jahren. Verwunderlich, denn Jaspers ist im Feld der Weltmeisterschaft der beste Techniker. Er trifft die Bälle sauber, er hat immer eine Lösung parat und kann sich die Kugeln perfekt in Position legen — wenn der Ball für ihn gut rollt, kann er hohe Serien spielen. 2010 wurde Jaspers noch Weltmeister, doch das war sein letzter großer Titel. Danach war er zwar immer vorne mit dabei — aber stand eben nie ganz oben auf dem Treppchen. Andere wären froh, das zu erreichen, was er geschafft hat, aber ihm reicht das nicht, er ist dafür zu sehr Perfektionist, zu erfolgsfixiert. In Raimond Burgman hat Jaspers in diesem Jahr endlich wieder einen zweiten Mann im Team, mit dem er Spiele gewinnen kann. Jean van Erp hat ihn in den vergangenen Jahren in entscheidenden Momenten doch zu sehr im Stich gelassen. Burgman ist ein exzellenter Stratege. Er beherrscht die Verteidigung perfekt, ist spielerisch nicht auf dem ganz hohen Niveau. Für Jaspers ist er ein guter Partner. Doch die Niederlande warten seit 1999 wieder auf einen Titel. Und auch das nagt an Jaspers."

Türkei: Das homogenste Team

Martin Horn: "Im türkischen Team ist kein Spieler aus der Top 10 vertreten, und dennoch sind die Türken das homogenste Team der WM. Tayfun Tasdemir und Murat Coklu spielen konstant unter den besten 15 der Welt. Sie sind keine Weltstars, ergänzen sich aber super. Vor zwei Jahren holten die Türken mit Tasdemir die WM — er weiß, wie es geht, den Titel zu holen. Tasdemir ist ein Ästhet, es sieht schön aus, wenn er spielt. Außerdem ist er aktuell in einer Top-Verfassung: Seine Werte sind momentan überragend. Und im Training spielte er eine 31er Serie — das wäre Weltrekord. Coklu wurde vor zehn Jahren Europameister — im Finale schlug er ausgerechnet mich. Seitdem ist es bei ihm ein wenig mit Höhen und Tiefen verbunden. Die letzten zwei, drei Jahre hat er sich wieder hochgearbeitet. Er hat definitiv den lockersten Spielstil aller Weltklasse-Spieler. Und wenn beide am Wochenende ihre Top-Leistung bringen, kann es auch mal ganz schnell für den Titel reichen."

Deutschland: In Top-Form ist alles drin

Martin Horn: "Ich würde uns ungern als Favorit bezeichnen. Ich denke, wir sind in diesem Jahr ein starker Außenseiter. Ich bin im Moment nur 13. der Weltrangliste. Bei den vergangenen Weltcups habe ich nicht die notwendige Leistung gebracht, stand schon eine Weile nicht mehr in einem Halbfinale. Mit meiner Weltranglistenposition ging es in den vergangenen Jahren stetig ein bisschen bergab. Das nagt an mir. Ich fühle mich zwar immer noch als Top-Ten-Spieler — doch das muss ich auch auf den Tisch bringen. Am Ende jedoch sind Zahlen nichts wert. Denn ich befinde mich aktuell in der Form meines Lebens. Seit Januar läuft es unglaublich gut. Ich habe meinen Terminplan umgeschichtet, versuche, auch mal ein wenig Ruhe zu finden, meine Termine besser zu koordinieren. Und seitdem spiele ich mein bestes Billard — so möchte ich am liebsten immer spielen. Bei meinem Partner Christian Rudolph läuft es ein wenig umgekehrt. Er hat die erste Serie der Saison richtig gut gespielt, er hat die Deutsche Meisterschaft gegen mich 40:38 gewonnen. Verdient, denn er hat super gespielt. In den vergangenen Wochen hat er jedoch ein bisschen seiner Form eingebüßt. Zuvor hat er sicherlich auf einem zu hohen Level gespielt, nun verkauft er sich etwas unter seinem Wert. Ich gehe aber davon aus, dass er sich wieder berappeln wird — wenn er denn fit ist. So richtig trainieren konnte Christian in den vergangenen Tagen nämlich nicht, er war gesundheitlich etwas angeschlagen. Eins ist klar: Wenn Christian und ich beide in guter Verfassung sind, wird es am Ende eine Medaille. Welche Farbe es wird, entscheidet sich dann am Tisch. Gruppensieger werden wir, da lege ich mich fest, denn die Schweiz und Luxemburg sind machbar. Dann hängt es von der Auslosung ab."

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