Brüggen Auf der Spur der Achtbeiner

Brüggen · Bei einer Tour durchs Naturschutzgebiet Brachter Wald staunten die Teilnehmer über eine Listspinne mit Kokon und viele andere kleine Krabbler. Biologe Peter Kolshorn beruhigte: Die heimischen Spinnen sind nicht gefährlich

 Die veränderliche Krabbenspinne kann ihre Körperfarbe wechseln. Sie ist mal weiß, mal gelb oder grün — je nachdem, wo sie sich gerade tarnen will.

Die veränderliche Krabbenspinne kann ihre Körperfarbe wechseln. Sie ist mal weiß, mal gelb oder grün — je nachdem, wo sie sich gerade tarnen will.

Foto: Burghardt, Joachim (jobu)

Irgendwo da draußen muss sie lauern, die Königin der heimischen Radnetzspinnen. „Die Wespenspinne werden wir hier sicherlich gut beobachten können“, sagt Peter Kolshorn von der Biologischen Station Krickenbecker Seen. Der Biologe leitet die Spinnenwanderung durchs Naturschutzgebiet Brachter Wald. Rund 30 Naturfreunde in jedem Alter sind dabei, auch Familien mit Kindern.

Am Anfang steht die Theorie. „Viele Spinnen sind sehr klein. Man braucht Geduld, um den Blick zu schärfen“, erläutert Kolshorn und fügt hinzu: „Mehr als 1000 Spinnenarten leben in Mitteleuropa. Im Gegensatz zu Insekten, die sechs Beine haben, haben Spinnen acht Beine. Und die meisten Arten haben acht Augen.“

 Im Kokon der Listspinne reifen die Jungspinnen heran.

Im Kokon der Listspinne reifen die Jungspinnen heran.

Foto: Burghardt, Joachim (jobu)

Dann kommt die Praxis: Kinder kriechen mit Becherlupen durchs Gras. Erwachsene hocken vor Heidekraut und Büschen, und schon nach wenigen Minuten gibt es die ersten Entdeckungen: Flinke Wolfsspinnen huschen am Weg entlang. Zwischen Kiefernzweigen sitzen winzige Baldachinspinnen im Netz. Eine Rindenspringspinne hüpft über einen Baumstumpf. Eine Kürbisspinne lässt sich fangen.

In einem Becher kauert eine winzige Spinne. „Eine ganz junge Krabbenspinne“, stellt Kolshorn fest, bevor er das Tier wieder frei lässt und erklärt, dass Krabbenspinnen ebenso wie Wolfs- und Springspinnen keine Fangnetze bauen, sondern lauernd oder aktiv jagen. Erik Klingenberg aus Oberkrüchten, der an der Wanderung teilnimmt, weiß: „Die veränderliche Krabbenspinne kann sogar ihre Färbung wechseln.“ Der Zehnjährige ist Spinnen-Fan, findet die Achtbeiner „total interessant“. Bei jedem Halt auf der Wanderung zeigt Kolshorn Spinnen-Fotos aus Fachbüchern, streut verständlich Wissenswertes ein: „Radnetzspinnen bauen senkrechte oder leicht schräge Netze. Baldachinspinnen weben waagerechte Netzteppiche.“ Eine Teilnehmerin, die nach der Giftigkeit von Spinnen fragt, kann der Fachmann beruhigen: „Unsere heimischen Spinnen, die viele Mücken und Fliegen fressen, sind nicht gefährlich. Kaum eine Art kann mit ihren Beißwerkzeugen die menschliche Haut durchdringen.“

So greifen Kinder und Erwachsene ohne Scheu nach Spinnen im Gelände. Manch eine Wolfsspinne gelangt in Menschenhand, ist aber zu schnell, um sie festzuhalten: „Lieber laufen lassen, bevor man dem Tier weh tut“, bittet Kolshorn. Ohnehin soll man nicht zu weit vom Weg abweichen, das Depot ist Naturschutzgebiet. Es zeigt sich allerdings nicht von seiner schönsten Seite: Heideflächen und Wiesen sind völlig ausgetrocknet. Vielleicht liege es an der Dürre, vermutet Kolshorn, dass sich keine der auffälligen großen, gelb-schwarzen Wespenspinnen in ihrem Netz zeigt. „Schade“, meint eine 81-jährige Mönchengladbacherin, die an der Wanderung teilnimmt. Doch immerhin habe sie „viele andere achtbeinige Schönheiten“ gesehen.

Schließlich machen die Ausflügler noch einen recht spektakulären Fund: „Eine Listspinne mit Kokon“, stellt Kolshorn fest. Die etwa einen Zentimeter große Spinne hält ihren Kokon, in dem die Jungspinnen heranreifen, so konzentriert fest, dass der Biologe sie auf die Hand nehmen und herumzeigen kann. „Ein sehr schönes Tier“, sagt Waltraud Wiegers aus Kaldenkirchen. Staunend blickt sie auf die grazilen langen Beine der Spinne und auf die markante Färbung am Hinterleib. Kolshorn erzählt schmunzelnd, die Listspinne habe ihren Namen daher, weil das „listige“ Männchen dem Weibchen als Brautgeschenk ein eingesponnenes Insekt überreiche – um es nach der Begattung fürs nächste Weibchen zu stibitzen.

Nach knapp zweieinhalb Stunden bremst eine Patrouille der Feuerwehr den Forscherdrang: Wegen der Brandgefahr dürften selbst bei einer naturkundlichen Exkursion die Wege nicht verlassen werden, das absolute Waldbetretungsverbot gelte auch für die Heideflächen. Doch auch ohne Wespenspinnen-Sichtung gibt es viel Beifall von den Teilnehmern für Kolshorns Führung.

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