Im Gespräch mit Oliver Mankowski "Spielverderber sein gehört zum Job"

Viersen · Der Rat hat Oliver Mankowski offiziell zum Kämmerer der Burggemeinde bestellt. Bislang leitete er den Finanzbereich im Rathaus kommissarisch. Ein Gespräch über große Investitionen, kleine Posten und unerwartete Kosten

 Seit 2013 leitet Oliver Mankowski (35) die Kämmerei kommissarisch. Jetzt ernannte ihn der Rat offiziell zum Kämmerer der Burggemeinde.

Seit 2013 leitet Oliver Mankowski (35) die Kämmerei kommissarisch. Jetzt ernannte ihn der Rat offiziell zum Kämmerer der Burggemeinde.

Foto: Birgitta Ronge

Brüggen Die Gemeinde Brüggen will in diesem Jahr mehr als neun Millionen Euro investieren. "Ein strammes Investitionsprogramm, das ich in 18 Jahren nicht gesehen habe", sagte Oliver Mankowski, als der Gemeinderat im März den Haushalt für 2018 beschloss: "Das wird anspruchsvoll." In der Ratsitzung wurde Mankowski offiziell zum Kämmerer der Burggemeinde bestellt. Er spricht über große Investitionen und viele kleine Posten.

Kurz nachdem der Rat den Haushalt beschlossen hat, fiel auf, dass die Kämmerei rund 780.000 Euro übersehen hat. Sie haben bei den Sach- und Dienstleistungen gekürzt und 400.000 Euro Gewerbesteuer zusätzlich eingeplant, um die Lücke zu schließen. Hätten Sie nicht einfach ein Minus von 700.000 Euro stehen lassen können, wie es Grünen-Fraktionschef René Bongartz vorschlug?

Mankowski Doch, klar. Aber dann wäre der Haushalt nicht ausgeglichen gewesen. Wir hätten die Ausgleichsrücklage angreifen müssen, um die Lücke zu schließen. Im Übrigen haben wir die 780.000 Euro nicht übersehen. Durch einen Übertragungsfehler in einer Excel-Tabelle wurden die richtigen Werte zwar ermittelt, aber nicht in den Haushalt eingestellt. Dafür möchte ich mich beim Rat und auch bei den Bürgern entschuldigen.

Aber hätten Sie höhere Einnahmen bei der Gewerbesteuer nicht von vornherein einrechnen müssen?

Mankowski Das hätte man machen können, ja. In der ursprünglichen Planung bin ich von 5,8 Millionen Euro Gewerbesteuer ausgegangen - Stand heute sind es 5,5 Millionen. Es kann sein, dass bis November jetzt 6,5 Millionen Euro auflaufen, aber es kann auch sein, dass wir etwas zurückzahlen müssen, also rechne ich lieber vorsichtig. Die Entwicklung der Gewerbesteuer vorherzusehen, gleicht dem Blick in die Glaskugel.

Wenn Sie bei den Sach- und Dienstleistungen 20 Prozent der Mittel kürzen, wo fehlt denn dann Geld?

Mankowski Die Sach- und Dienstleistungen umfassen viele kleine Posten. Die Kollegen werden also genau gucken müssen, wo beispielsweise Büromaterial wirklich ausgetauscht werden muss. Nicht, dass sie das nicht ohnehin täten - aber sie werden noch genauer darauf achten müssen, was man günstiger beschaffen kann. Zu den Sach- und Dienstleistungen gehören auch Geschäftsaufwendungen und die Öffentlichkeitsarbeit, die Veranstaltungen, auch die freiwilligen Leistungen. Das heißt nicht, dass Vereine jetzt weniger bekommen, sie müssen sich keine Sorgen machen. Aber wenn sie Anträge für zusätzliche Dinge stellen, kann es sein, dass es auf 2019 verschoben wird.

Die Gemeinde will in diesem Jahr mehr als neun Millionen Euro investieren. Wo fließt das Geld hin?

Mankowski Baumaßnahmen wird es an vielen Stellen geben. Unter anderem sind drei neue Regenrückhaltebecken geplant, die Verbindungsstraße nach Heidhausen und die Straße zwischen Weihersfeld und Borner Straße sollen gebaut werden. Straßen- und Kanalsanierung an der Straße Op de Haag in Bracht laufen schon, weitere Straßenbaumaßnahmen stehen am Erlenweg, an der Lortzing-Straße und an der Sebastian-Bach-Straße an. An der Kreuzherrenschule werden Raumakustik und Beleuchtung verbessert, für die katholische Grundschule Born-Lüttelbracht wird ein Brandschutzkonzept erstellt. Nicht zuletzt stehen die Umgestaltung der Kasematten und des Burggeländes auf der Agenda.

In der Ratssitzung haben Sie von einem Investitionsprogramm gesprochen, das Sie in 18 Jahren nicht gesehen haben. Wie geht es Ihnen damit?

Mankowski Wir können das machen, weil der Zinsmarkt das gerade hergibt. Wir sollten dieses Programm nicht aus liquiden Mitteln bestreiten - die brauchen wir später vielleicht noch. Aber ein Investitionsprogramm dieser Größe reicht für mehrere Jahre. Und wir planen es für ein Jahr. Ich kann mir vorstellen, dem Rat vorzuschlagen, die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, erst mal abzuarbeiten, und für ein Jahr keine neuen Investitionen zu planen.

Haben die Fraktionen mehr Wünsche, als Sie sich wünschen würden?

Mankowski Ich denke, es gibt keine Fraktion, die sich übers Maß hinaus Dinge wünscht, die nicht notwendig wären. Und über die Vorschläge wird auch gut und mit Augenmaß beraten. Ich würde mir manchmal wünschen, dass aus dem Rat mehr Ideen kommen, wie man den Haushalt konsolidieren könnte, und man nicht immer von der Verwaltung erwartet, dass wir Vorschläge zur Konsolidierung machen. Es gehört ein Stück weit zum Job dazu, der Spielverderber zu sein, aber das darf nicht einseitig sein.

Manche Bürger fordern Sparmaßnahmen, andere Investitionen. Wie hält man da die Balance?

Mankowski Investitionen wirken sich auf die laufenden Abschreibungen aus. Investitionen sind gut, wenn ich damit langfristig das Vermögen der Gemeinde aufbaue. Schlecht wäre es, in Dinge zu investieren, die kurzfristig an Wert verlieren. Ein Beispiel: Wenn ich ein viel zu teures Auto kaufe und es nach fünf Jahren abgebe, habe ich immer noch Schulden, aber kein Auto mehr. Das ist nicht gut.

Wenn Sie den Rotstift ansetzen dürften, wo Sie wollten: Wo würden Sie Mittel streichen?

Mankowski Ich halte jede Aufgabe für sinnvoll. Ich würde mir aber wünschen, dass Land und Bund die Kommunen mit den nötigen Mitteln ausstatten, damit ich den Rotstift stecken lassen kann. Der Appell geht auch an den Kreis Viersen: Wir zahlen alles mit, haben aber kein Mitspracherecht.

Müssen in den kommenden fünf Jahren die Steuern erhöht werden?

Mankowski Wenn die fiktiven Hebesätze erhöht werden, würden wir mitgehen, glaube ich. Wir würden zuerst versuchen, alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen. Wenn eine finanzielle Schieflage da ist, werde ich dem Rat empfehlen, eine Steuererhöhung zu beschließen. Grundsätzlich möchte ich ungern die Hebesätze erhöhen. Ich hoffe immer auf eine gute Konjunktur.

Die Gemeinde überlegt, sich auch am Gasnetz wirtschaftlich zu beteiligen. Was bringt das für den Haushalt?

Mankowski Die Beteiligung am Stromnetz spült 424.000 Euro jährlich in den Gemeindehaushalt. Beim Gas wird es vermutlich etwas weniger sein, aber wir erhoffen uns schon ein deutliches Plus, sonst macht das ja keinen Sinn.

Sind Sie privat sparsam?

Mankowski (lacht) Ich habe zwei Kinder und einen Hund - also nein. Ich glaube, wir sind eine Otto-Normalverbraucher-Familie. Wir wohnen in einem alten Doppelhaus und versuchen so viel wie möglich selbst zu machen. Außerdem kann ich ja nicht über alles, was ansteht, allein entscheiden. Das ist zu Hause genauso, wie das hier im Rathaus ist.

BIRGITTA RONGE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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