Brüggen Spannungsreiche Emotionen

Brüggen · An einem doch noch überraschend regenfreien Sommerabend eröffnete das Niederrheintheater vor der Burg Brüggen die Festspiele 2011. Weitere Aufführungen gibt es im und am Schloss Dilborn bis Anfang August.

 Strindberg Drama "Fräulein Julie" feierte Premiere im Innenhof der Burg Brüggen. Verena Bill, Regisseurin und Hauptdarstellerin, Michael Koenen als Kammerdiener Jean und Carmen-Marie Zens als Köchin überzeugten.

Strindberg Drama "Fräulein Julie" feierte Premiere im Innenhof der Burg Brüggen. Verena Bill, Regisseurin und Hauptdarstellerin, Michael Koenen als Kammerdiener Jean und Carmen-Marie Zens als Köchin überzeugten.

Foto: Busch

Das Publikum ließ sich gefangen nehmen von Verena Bills Inszenierung des Strindberg Dramas "Fräulein Julie". Die Regisseurin hat die Tragödie um Klassenunterschiede, Geschlechterkampf, Lust und Liebe auf das Ambiente des Burghofes und die daran anschließende Wiese abgestimmt. Zur Not kann das Ensemble in den Kultursaal ausweichen, muss dann aber auf besondere Akzente verzichten.

Daher lagen wegen der Wetterkapriolen vor der Premiere naturgemäß die Nerven blank. "Wir haben den ganzen Tag unter ,wetter.com' nachgesehen und noch vor zwei Stunden alle Stühle abgewischt", verrieten Bill und Michael Koenen am Samstagabend noch völlig aufgedreht. Ihrem Spiel tat die durchgestandene Nervenprobe keinen Abbruch. Im Gegenteil. Die Darsteller setzten zur Premiere spannungsreich Emotionen um und schälten im kontrastreichen sowie differenzierten Spiel die dramatische Entwicklung heraus.

So überzeugten sie mit einer facettenreichen Darstellung der Protagonisten des Dramas: Fräulein Julie, die Tochter eines schwedischen Grafen, flirtet in der Mitsommernacht mit dem gräflichen Kammerdiener Jean und erfährt nach kurzem Sinnenrausch die große Ernüchterung. Die Kölner Schauspielerin Carmen-Marie Zens verstärkt zu Strindbergs Drama die in Schloss Dilborn ansässigen Betreiber des Privattheaters. Als bodenständige und standesbewusste Köchin Kristin mimt sie mit lebendiger Bühnenpräsenz den betonten Gegenpol zu den unsteten Charakteren Julie und Jean.

Teilnehmer der Theaterkurse an Schloss Dilborn beleben als Dienerschaft das eindringliche Spiel um die Hauptfiguren. Im fröhlichen Gelächter eilen sie zu Anfang aus dem Schloss zur Burgwiese, angeführt vom Geigenspiel des Dozenten Matthias Doffek von der Kreismusikschule Viersen. Der Auftakt entspricht den Launen der lebenshungrigen Julie und signalisiert, dass sich der komplette Aufführungsort in einen schwedischen Herrensitz verwandelt.

Die Bühne selbst ist relativ schlicht gehalten und bezieht für die Requisiten die Fensterbacken des über 700 Jahre alten Gemäuers ein. Zur Premiere spielte das natürliche Licht den Schauspielern zu, etwa als Michael Koenen behände die Mauerreste emporkletterte und ausgerechnet auf dem Höhepunkt von den Strahlen der versinkenden Sonne umfangen wurde.

Es ist nicht zuviel verraten, wenn geschrieben wird, dass Strindbergs Drama unglücklich endet. Der Abgang der anfangs fröhlichen Gruppe nimmt dies in berührender Symbolik auf. Eine weitere Aufführung findet am kommenden Samstag auf der Freilichtbühne (oder im Kultursaal) statt.

(anw)
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