Viersen Senioren verzweifeln an Telekom

Zwei Dutzend Senioren sind bereits in die Neubauwohnungen für Betreutes Wohnen im Belgischen Viertel eingezogen. Doch die Telekom hat die Hausanschlüsse noch nicht freigeschaltet. Telefon, TV und Hausnotruf funktionieren nicht.

 Irmgard (80) und Peter Meies (81): „Wir haben alles schon hier auf der Kommode liegen, damit wir das Telefon sofort anschließen können, wenn der Anschluss freigeschaltet ist.“

Irmgard (80) und Peter Meies (81): „Wir haben alles schon hier auf der Kommode liegen, damit wir das Telefon sofort anschließen können, wenn der Anschluss freigeschaltet ist.“

Foto: Martin Röse

Mehr als zwei Dutzend Senioren, die in die neugebauten Wohnungen für Betreutes Wohnen im Belgischen Viertel in Viersen gezogen sind, haben ein Problem: Die Telekom hat die Hausanschlüsse noch nicht freigeschaltet, seit Wochen sitzen sie ohne Telefon in ihren neuen Wohnungen.

 Rose Jätzold-Schwiers (76): „Mein Telefon funktioniert nicht, und mein Fernseher zeigt nur ,kein Antennensignal’. Die Telekom sagt, das wird erst am 6. November was.“

Rose Jätzold-Schwiers (76): „Mein Telefon funktioniert nicht, und mein Fernseher zeigt nur ,kein Antennensignal’. Die Telekom sagt, das wird erst am 6. November was.“

Foto: Martin Röse

„Viele der Bewohner benötigen einen unter Umständen lebensrettenden Hausnotruf, der aber via Festnetz-Telefon installiert werden muss“, erklärt Susanne Thewißen-Beckers, fürs Immobilien-Marketing der Diakonia Betreutes Wohnen zuständig, die die Wohnungen vermietet. Und auch die Fernsehgeräte der Senioren funktionieren ohne die freigeschalteten Hausanschlüsse nicht. „Mein Gerät zeigt nur ,Kein Antennenempfang’ an“, sagt Rose Jätzold-Schwiers. Die 76-Jährige wohnt seit 7. Oktober im Belgischen Viertel, hatte eigentlich bei der Telekom den Telefonanschluss für den 10. Oktober beantragt. „Ein Techniker ist auch rausgekommen, hat geguckt und gesagt: ,Da kann man nichts machen.’ Jetzt wurde mir als neuer Termin der 6. November genannt.“ Neben dem Fernseher steht ein Päckchen mit dem Festnetz-Telefon, darauf ein Umschlag der Telekom. „Magenta verbindet“, steht darauf.

Verständnis für die langwierige Verzögerung hat Jätzold-Schwiers nicht – wie so viele andere betroffene Bewohner in dem Neubau-Komplex auch nicht. Denn am 19. März hatte der Bauherren-Service der Telekom dem Bauherrn mitgeteilt: „Ihre Unterlagen sind vollständig bei uns eingegangen. Unsere Vorbereitungen und Planungen sind nun vollständig abgeschlossen.“ In Fettdruck fügte das Unternehmen hinzu: „Wir haben Sie nicht vergessen. Unser zuständiger Partner ist bereits beauftragt.“

 Hans Fritsch (92): „Eigentlich sollte mein Telefon am 9. Oktober angeschlossen werden. Jetzt heißt es, das wird erst am 5. November was.“

Hans Fritsch (92): „Eigentlich sollte mein Telefon am 9. Oktober angeschlossen werden. Jetzt heißt es, das wird erst am 5. November was.“

Foto: Martin Röse

Irgendetwas muss dann aber in den Folgemonaten schief gelaufen sein. „Im Vorfeld der Umzüge erhielten wir einen Hinweis der Telekom, dass die Freischaltung der Telefonanschlüsse bis weit in den November dauern würde“, berichtet Thewißen-Beckers. Die Diakonia wandte sich Hilfe suchend an die Viersener Wirtschaftsförderung. „Die Techniker der Telekom haben daraufhin umgehend endlich alle Wohnungsanschlüsse vermessen, und da lautete die Aussage der Techniker: ,Nun wird es in etwa einer Woche möglich sein, dass alles an den Start geht“, erzählt Thewißen-Beckers. Das ist jetzt rund zwei Wochen her. Und noch ist nichts an den Start gegangen.

Hans Fritsch ist 92 Jahre alt. Er sitzt zusammen mit knapp zehn betroffenen Bewohnern im großen Aufenthaltsraum. „Mein Sohn hat sich darum gekümmert, dass mein Telefonanschluss pünktlich installiert wird. Als Wunschtermin hatten wir den 9. Oktober angegeben. Jetzt heißt es, dass es erst zum 5. November klappt“, sagt er. Eine andere Frau zeigt ein Handy vor. „Das hat mir mein Sohn gegeben. Aber das Telefonieren damit zum Festnetz ist teuer.“ Ihr Guthaben über 50 Euro sei schon verbraucht. „Wer ersetzt mir die Kosten?“, will sie wissen.

Vor einigen Tagen haben sich die Senioren zusammengetan und den Telekom-Vorstand angeschrieben. „Viele von uns besitzen kein mobiles Telefon und finden dessen Bedienung zu schwierig, dass auch diese Übergangslösung ausscheidet“, heißt es in dem Schreiben. „An wen sich also wenden, wenn es uns gerade in der ersten Zeit des Einlebens nicht gut geht? Auch unseren Kindern und Angehörigen missfällt dieser unmögliche Zustand.“ Eine Antwort des Telekom-Vorstands auf den Brief steht noch aus.

Jeden Tag ziehen neue Senioren ins Belgische Viertel ein. „Alle 45 Wohnungen sind vermietet“, berichtet Thewißen-Beckers, „insgesamt werden 55 Senioren das Betreute Wohnen in Anspruch nehmen.“ Sie hat selbst ihr Büro in dem Wohnkomplex; Visitenkarten fehlen noch. „Ich wüsste ja nicht, welche Nummer ich da drauf schreiben könnte.“ Das aber sei das geringere Problem. Einrichtungsleiterin Andrea Wilms verweist auf die Tagespflege, die eigentlich ebenfalls seit Anfang in Oktober in Betrieb ist. Eigentlich. „Denn eigentlich können wir gar keine Tagespflegegäste aufnehmen, weil wir telefonisch nicht erreichbar sind“, sagt sie. Unter erschwerten Bedingungen laufe es dennoch – Mitarbeiter stellen ihre Handys zur Verfügung, damit Angehörige die Einrichtung erreichen können.

Auch Irmgard (80) und Peter Meies (81) wohnen seit Anfang Oktober im Belgischen Viertel. Auf dem Sideboard steht das Festnetztelefon, liegen Kabel. „Alles steht da fertig, wir warten nur noch auf die Telekom“, sagt der 81-Jährige. Immerhin, den Computer hat das Ehepaar zum Laufen gebracht. „Mein Sohn arbeitet im IT-Bereich, hat uns einen mobilen WLan-Router installiert“, sagt Meies stolz. Und auch fernsehen kann das Paar. Wie das? Meies grinst. „Wir sind überzeugte Camper – und da habe ich unsere Camping-Antenne an den Fernseher angeschlossen.“ Dennoch hofft auf er auf schnelle Hilfe. „Wir haben für diesen Umstand weder Verständnis noch Geduld, das weiterhin so hinzunehmen“, sagt der 81-Jährige, „zumal es seitens des Bauherrn und unseres Vermieters kein Verschulden gibt.“

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