Tierpark Brüggen Ein Besuch bei Anakonda-Promi Goldie

Brüggen · Goldie ist wohl eine der bekanntesten Schlangen in NRW. Sie tauchte im August 2018 im Latumer See auf, Herkunft unbekannt. Immer wieder entkam sie. Seit einem Jahr lebt die gelbe Anakonda im Tierpark Brüggen. Ein Besuch.

 Goldie lebt seit rund einem Jahr in einem Terrarium im Natur- und Tierpark Brüggen. In dieser Zeit ist sie zehn Zentimeter gewachsen. Bald zieht sie um.

Goldie lebt seit rund einem Jahr in einem Terrarium im Natur- und Tierpark Brüggen. In dieser Zeit ist sie zehn Zentimeter gewachsen. Bald zieht sie um.

Foto: RP/Birgit Sroka

Normalerweise trifft man Anakondas im Amazonas, ein gelbes Exemplar lebt aber seit einem Jahr im Schlangenhaus des Natur- und Tierparks Brüggen. Goldie, sechs Kilogramm schwer und 2,40 Meter lang, hatte vor einem Jahr für Aufmerksamkeit gesorgt, nachdem Angler sie am 23. August im Latumer See in Meerbusch, einem beliebten Ausflugsziel, gesehen hatten. Erst Spezialisten der Reptilienfachgruppe der Feuerwehr Düsseldorf gelang es schließlich am 29. August, das Tier einzufangen – in einem Bettbezug.

Ob die Würgeschlange damals ausgebüxt war oder ausgesetzt wurde, lässt sich nicht nachvollziehen. Es gibt zum Bedauern der Feuerwehren kein Melderegister für Schlangen; das fordern Spezialisten der Feuerwehren bereits seit Jahren.

Goldie lebt seit gut einem Jahr im Schlangenhaus des Tierparks; dieses besteht seit sechs Jahren. Die Zahl der Tiere dort schwankt, meist sind es 50 bis 60. In Brüggen landen Fundtiere, wie Goldie oder auch wie die Boa Constrictor, mit der ein Schamane aus dem Sauerland 2018 durch den Düsseldorfer Hauptbahnhof spazierte. Abgegeben werden sie meist von den Feuerwehren. Oft würden die Reptilien in einer Kiste gebracht, Inhalt unbekannt, sagt Stephan Kerren, mit seiner Frau Helga Betreiber des Natur- und Tierparks. Das Paar hatte in Kooperation mit der Feuerwehr begonnen, im Tierpark-Bistro Schulungen für Feuerwehrleute anzubieten; die Teilnehmer sollten mehr über den Umgang mit Schlangen lernen.

Als das Fernsehen über den ungewöhnlichen Fund in Meerbusch berichtete, wurden die Zuhörer aufgefordert, einen Namen für die auffällig gemusterte Würgeschlange zu finden. „Je nachdem, wie das Licht scheint, sieht sie gerade von der Unterseite sehr goldig aus“, sagt Stephan Kerren mit einem Schmunzeln. Er schätzt das Alter von Goldie auf acht bis zehn Jahre.

Wie ging es Goldie nach ihrer spektakulären Rettung? „Sie war gut genährt, als sie bei uns ankam. Entweder hatte der Besitzer sie vorher noch gefüttert oder sie hat etwas am See gefangen“, sagt Kerren. Nach ihrer Ankunft musste die Würgeschlange erst einmal in Quarantäne. „Die Hauptgefahr bei Schlangen ist, dass auch über das Futter Milben mit eingeschleppt werden“, erklärt der Tierpark-Betreiber. Es müsse daher nachgewiesen werden, woher das Futter komme. So stand für Goldie als erstes ein Besuch beim Tierarzt an. Auch der Kot der Anakonda wurde untersucht, ob sich darin ein Hinweis auf Krankheiten finden würde. Doch Goldie war gesund.

Jetzt lebt die gelbe Anakonda in einem Terrarium. Ihr gläsernes Zuhause stammt noch aus der Zeit, als der Tierpark für die Schulung der Feuerwehrleute auch eine Kobra beherbergte. Eine Kobra benötigt eine Wurfbox für den Nachwuchs, anders als die gelbe Anakonda: Sie bringt ihre Nachkommen nach einer Tragezeit von fünf bis acht Monaten lebend zur Welt. „So genau weiß das keiner, wie lange eine Anakonda trägt“, sagt Kerren.

Auf jeden Fall fühlt sich Goldie in dem 29 Grad warmen Terrarium wohl, auch ein Wasserbecken hat sie dort. Bereits zehn Zentimeter ist sie in dem einen Jahr ihres Aufenthalts gewachsen. Gefüttert wird sie etwa alle drei Wochen. „Sie könnte aber auch ein halbes Jahr ohne Futter auskommen. In der freien Natur würde sie warten, bis eine Beute vorbeikommt, sie dann schnappen und erwürgen“, beschreibt der Tierparkleiter. In Nordrhein-Westfalen sei es nicht erlaubt, den Schlangen Lebendfutter zu geben. Darum besteht die Kost aus Frost-Futter, das ein auf Zoos spezialisierter Futterhersteller liefert. So groß wie eine Ratte sollte die Futtermenge schon sein, damit Goldie davon auch satt wird. „Ein Netzpython zum Beispiel erhält unter Umständen schon mal ein Ziegen- oder ein Schaflamm, das nach der Geburt nicht lebensfähig ist“, erklärt Stephan Kerren.

Und wenn es Goldie in ihrer gelb gemusterten Haut zu eng wird, werden ihre Haut und ihre Augen matt – und sie bekommt richtig schlechte Laune. „In dieser Zeit ist Goldie zickig, denn dann sieht sie auch nicht mehr richtig“, sagt Helga Kerren. Wenn sich die Schlange häutet, bekommt sie auch eine neue Hornhaut. Stephan Kerren zeigt eine Haut einer Kornnatter und von einem Tigerpython. Sie fühlt sich wie hauchdünnes Pergament an. Die abgelegte Schlangenhaut lässt die Kinder, die das Schlangenhaus besuchen, immer wieder staunen: Man erkennt sogar, wo die Augen sitzen.

Für Goldie wird es im Herbst erneut spannend: Dann wird sie in das benachbarte große Gehege umziehen. Dort leben bereits die gelbe Anakonda Anna und der Albino-Tigerpython Blondie. Von keiner der Schlangen ist das Geschlecht bekannt. Dies kann nur ein spezialisierter Tierarzt bei einer Untersuchung feststellen. „Bei Kobras gäbe es Probleme, wenn zwei Männchen und ein Weibchen zusammen in einem Gehege gehalten werden würden“, sagt Stephan Kerren. „Wenn Goldie sich mit Anna und Blondie gut verträgt, sollte es keine Schwierigkeiten geben, sie zusammen zu halten.“ In dem großen Gehege gibt es ein großes Wasserbecken, dass die Schlangen gerne nutzen.

Goldie war besonders kurz nach ihrer Ankunft in Brüggen ein Publikumsmagnet. Kurios sei der Besuch eines jungen Pärchens 14 Tage nach dem Einzug der Anakonda in den Tierpark gewesen; es ging zielstrebig zum Schlangenhaus. „Es liegt nahe, dass das die ehemaligen Besitzer der Schlange sein könnten, die sehen wollten, wie es Goldie geht“, erinnert sich Stephan Kerren. Danach seien sie schnell wieder weg gewesen.

 Angler hatten am 23. August eine Anakonda im Latumer See in Meerbusch entdeckt. Sechs Tage später konnte sie gefangen werden.

Angler hatten am 23. August eine Anakonda im Latumer See in Meerbusch entdeckt. Sechs Tage später konnte sie gefangen werden.

Foto: RP/Feuerwehr Meerbusch

Die Tierpark-Betreiber sind zwar jetzt Besitzer von Goldie wie auch von allen anderen Fundtieren, Eigentümer ist aber der Rhein-Kreis-Neuss. Für die Haltung im Schlangenhaus – Futter, Strom für die Heizung, Tierarzt – müsse der Tierpark selbst aufkommen. „Wir machen das sozusagen für Ruhm und Ehre“, sagt er. Gerade Kornnattern werden häufig gebracht. „Sie sind Ausbrecherkönige. Nur mit ihrer Schwanzspitze schaffen sie es, die Scheibe vom Terrarium auf zu bekommen“, sagt Kerren. Und Goldie? Woher sie stammt, wird wohl weiter ein Rätsel bleiben.

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