Kreis Viersen Schweineblut: Ein Brauch, der sich hält

Kreis Viersen · Früher war es selbstverständlich, zu Hause zu schlachten. Daran erinnern die "Schweineblut"-Veranstaltungen, zu denen Vereine vielerorts in Gaststätten einladen. Traditionell gibt es Fleisch und Wurst zu gewinnen

 Georg Boers zeigte beim Fest-umzug zur 900-Jahr-Feier in Bracht, wie früher gewurstet wurde - und das in einer mobilen Wurstküche. Unter dem Motto "Schlachtfest vor der Hochzeit" brachte der FC Staubwolke Alst eine Geschichte mit Hochzeitsgesellschaft auf die Straße.

Georg Boers zeigte beim Fest-umzug zur 900-Jahr-Feier in Bracht, wie früher gewurstet wurde - und das in einer mobilen Wurstküche. Unter dem Motto "Schlachtfest vor der Hochzeit" brachte der FC Staubwolke Alst eine Geschichte mit Hochzeitsgesellschaft auf die Straße.

Foto: Busch

Mit Sankt Katharina beginnt der Winter, hieß es früher. Der Tag der Heiligen Katharina ist der 25. November, zwischen November und März rechnen die Landwirte mit Frost. In dieser Zeit fanden früher nicht nur bei Landwirten und Gastwirten, sondern bei vielen Einheimischen Hausschlachtungen statt. Gewurstet wurde zu Hause - meist mit einem Helfer, der Schlachten und Wursten konnte. Für die Erwachsenen gab es dazu das ein oder andere "Blootsdröpke" (Blutströpfchen). Und natürlich gehörte auch eine Schüssel Panhas oder Tüüt dazu - am liebsten mit Schwarzbrot gegessen, so wie es auch heute noch alljährlich beim Süchtelner Rosenmontagszug praktiziert wird.

Aus der Hausschlachtung entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte das so genannte Schweineblut, das in den örtlichen Gaststätten veranstaltet wird. In den 1950er- und 1060er-Jahren gab es beispielsweise in Süchteln wie auch in Sittard, Hagenbroich oder Dornbusch, aber auch in Grefrath, Vinkrath, Oedt, Mülhausen oder Vorst weit mehr als zwei Dutzend Gaststätten, in denen man zwischen November und März zum "Schweineblut" einlud.

Das war ein gesellschaftliches Ereignis. Einer, der ein "Schweineblut" am besten verkaufen konnte, war in Grefrath "Fenten Teike" (Theo Fenten), Ex-Schützenkönig, Junggeselle, dem Fußballsport verbunden, stets mit dem Moped unterwegs und einem guten Tröpfchen niemals abgeneigt. Von den einst zahlreichen Schweineblut-Veranstaltungen in Grefrath sind übrigens nur wenige übriggeblieben. Dazu gehören Veranstaltungen der Trommlercorps in Grefrath und Vinkrath oder der Sparklubs.

Vielerorts ist es heute so, dass ein Verein für eine "Schweineblut"-Veranstaltung mit einem Wirt zusammenarbeitet, der deftige Hausmannskost anbietet. Das heute kommerzielle "Schweineblut" läuft nach bestimmten Regeln ab. Meist ziehen zwei Männer durch die Gaststätte und verkaufen Karten eines Skat- oder Rommeéspiels, je nachdem, was in die Verlosung kommt. Unterschiedlich ist der Preis einer Spielkarte, der zwischen 50 Cent und 2,50 Euro liegen kann. Mal werden drei Preise verlost, mal fünf. Je mehr Durchgänge mit dem Kartenspiel gemacht werden, desto größer ist der Erlös für den Veranstalter. Zwischen 50 und 100 Durchgänge können es sein.

Das bedeutet mitunter auch, dass der ein oder andere Gast mehr Fleisch gewinnt, als ihm lieb ist. Es gab Veranstalter, die ein Viertel Schwein auf den Tisch brachten und es verlosten. Das lösen manche Vereine heute anders, beim Grefrather Feuerwehr-Trommlercorps etwa sind Gutscheine einer Metzgerei zu gewinnen. Die Gewinner sind rasch ermittelt, denn aus einem zweiten Kartenspiel werden von unbeteiligten Personen die Gewinnkarten gezogen, vorgelesen und in der Gaststätte hochgehalten. Wer also die gezogene Karte aus dem ersten Kartenspiel in seinem Besitz hat, hat einen Preis gewonnen. Das war früher meist nur ein Schinken, eine Blut-, Brat- oder Leberwurst. Heutzutage kommt auch Geflügel hinzu, ebenso wie Wild, Stallkaninchen oder auch Frühstückskörbe. Was verlost wird, wird den Gästen vor dem Durchgang gezeigt. Wenn etwa nur Teile vom Schwein verlost werden und ein Gast mag nicht so gerne Schweinfleisch, kann er einfach bei einem Durchgang aussetzen.

Für Stimmung ist stets gesorgt bei einem "Schweineblut". Und wenn eine Person oder ein Ehepaar gleich mehrere Würste, Schinken, Kaninchen gewonnen hat, dann hört man nicht selten: "Die habbe jezz Fleesch jenoch." ("Die haben jetzt Fleisch genug.") Die haben aber auch meist investiert, denn oftmals kauft eine Person mehrere Karten, was die Möglichkeiten auf einen Gewinn deutlich erhöht. Ein "Schweineblut" ist immer ein Abend mit viel Stimmung und Unterhaltung - und natürlich mit gutem Essen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort