Schwalmtal "Schwalmtaler können anpacken"

Schwalmtal · Bürgermeister Reinhold Schulz erzählt, was ihn an seiner Gemeinde am meisten stört, warum er vor einer Änderung der Schulformen die Eltern befragen würde und was er sich von der Schwalmtaler Bürgerbefragung verspricht.

 Bürgermeister Reinhold Schulz setzt nach der Bürgerbefragung auf das Engagement der Schwalmtaler. Möglichst viele sollen bei den Zukunftsgesprächen berichten, was sie in ihrer Gemeinde ändern wollen.

Bürgermeister Reinhold Schulz setzt nach der Bürgerbefragung auf das Engagement der Schwalmtaler. Möglichst viele sollen bei den Zukunftsgesprächen berichten, was sie in ihrer Gemeinde ändern wollen.

Foto: Busch

Mit einer Bürgerbefragung wollte die Gemeinde Schwalmtal im vergangenen Jahr herausfinden, was die Einwohner von ihrer Gemeinde halten — und was sie verbessert sehen wollen. Rund 9000 Haushalte erhielten den Fragebogen, knapp 300 Einwohner schickten ihn zurück. Nun wurde eine Strategiekommission gebildet, die die weiteren Schritte planen soll. Bürgermeister Reinhold Schulz erläuterte im Gespräch mit RP-Redakteurin Birgitta Ronge, was er sich von der Aktion verspricht.

Warum haben Sie die Schwalmtaler überhaupt gefragt, was sie wollen?

Reinhold Schulz Man denkt ja oft nur von Wahl zu Wahl. Vor einer Wahl achtet man darauf, was die Bürger sich wünschen, und im Laufe der folgenden fünf Jahre ist der Bürger dann nicht mehr gefragt. So wollten wir das nicht machen. Wir wollen auch zwischen den Wahlen wissen: Ist das, was wir machen, noch "up to date"?

Schwalmtal hat kein Geld, das ist bekannt. Nun haben viele Bürger aber Vorschläge gemacht, die sich auch ohne Geld umsetzen lassen.

Schulz Ja, zum Beispiel im Bereich des Ehrenamts. Mit der Bibliothek und dem Bürgerbus haben wir da zwei herausragende Beispiele, die in der Bürgerbefragung auch oft gelobt worden sind. Aber es gibt so viele Bereiche, in denen Menschen sich hier engagieren. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass die Leute auch bereit sind, anzupacken. Den Vorschlag zum Beispiel, an Anlieger Patenschaften für Blumenbeete abzugeben, die diese dann pflegen, fand ich richtig gut.

Waren Sie enttäuscht, dass so wenige mitgemacht haben?

Schulz Natürlich. Ich hatte zwar gehofft, dass tausende antworten — aber ich wusste, dass das utopisch ist. Ein Rücklauf dieser Größenordnung ist bei Umfragen normal. Es ist ja auch so: Wenn die Leute einigermaßen zufrieden sind, kommen sie nicht. Das sieht man ja auch bei Mitgliederversammlungen von Vereinen, zum Beispiel beim Sportverein oder in der Bruderschaft.

Vor allem Ältere haben geantwortet.

Schulz Das war eine Schwachstelle in der Befragung. Wir müssen jetzt die Familien aus der Reserve locken. Für sie wollen wir ja die Gemeinde für die Zukunft gestalten.

Haben Sie sich gewundert, dass die Jüngeren nicht antworten?

Schulz Nein, das hat mich nicht überrascht. Familien haben ein so volles Programm, dass es oft schlicht an Zeit fehlt, so einen Fragebogen ausführlich zu beantworten. Ich verspreche mir da mehr von der Diskussionsrunde, die folgen soll.

Würden Sie also die Eltern befragen, bevor die Schulformen geändert werden, zum Beispiel eine Sekundarschule oder Gesamtschule entsteht?

Schulz Die Schuldiskussion wird uns treffen, keine Frage. Da müssen wir die Eltern einbinden, allein aus Fairness. Es bringt doch nichts, wenn Politik und Verwaltung da etwas vorgeben, was die Eltern der heutigen und künftigen Schüler nicht wollen. Ich halte es allerdings für unangebracht, da jetzt schon eine wilde Diskussion um die Sekundarschule zu entfachen. Unsere Schulen sind vorerst sicher. Wir müssen die Situation im Blick behalten, aber jetzt auch nichts übers Knie brechen.

Manche werden sagen: Was soll ich denn zu diesem Diskussionsabend gehen, da wird nur geredet, und ändern tut sich ohnehin nichts.

Schulz Eben das wollen wir nicht. Wir machen Diskussionsrunden zu bestimmten Themen, und zu denen wir dann diejenigen einladen, die das angeht. Und dann möchte ich, dass die Leute dahin kommen und ganz pragmatisch sagen, was sie stört und was geändert werden muss. Dass zum Beispiel jemand, der einen Rollator hat, uns sagt, wo man damit nicht durchkommt. Wir planen das in der Verwaltung ja alles, aber für Menschen ohne Rollator sind diese Probleme oft gar nicht sichtbar. Und genauso möchte ich wissen, ob es Probleme bei der Kinderbetreuung gibt. Wir müssen wissen, ob es vielleicht einen größeren Bedarf gibt, Kinder bis 19 Uhr betreuen zu lassen, weil die Eltern dann noch arbeiten.

Was stört Sie selbst am meisten an Ihrer Gemeinde?

Schulz Der Dreck. Mich stört es, wenn die Leute überall ihren Müll hinwerfen — auch wenn fünf Meter weiter ein Mülleimer steht. Und ich ärgere mich über gleichgültige Hundebesitzer, die das Häufchen auf dem Bürgersteig liegenlassen. Das sind die kleinen Sachen, über die man sich ärgert. Im Großen stört mich die Kent-School, aber wir haben ja keinen Einfluss darauf, ob da etwas passiert. Was die Schlossbrauerei angeht, so hoffe ich, dass wir eine schicke Ecke aus dem Gelände machen können.

Was gefällt Ihnen an Schwalmtal?

Schulz Die Menschen. Obwohl die Gemeinde stark gewachsen ist, hat sie ihre Identität nicht verloren. Wir haben viele Gruppen und Vereine — allein zwölf Bruderschaften! Die Schwalmtaler sind füreinander da. Hier findet man immer Menschen, die bereit sind, bei einer guten Sache mitzumachen.

(RP)
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