Schwalmtal Syrer bringt Waldnielern die Briefe

Schwalmtal · Mamoun Allhussien arbeitet seit dem Sommer bei der Deutschen Post. Ausbilderin Karoline Deckers-Borkowski hat dem Flüchtling aus Syrien geholfen und ihm den Weg zu einer Festanstellung geebnet.

 Arbeitspatin Karoline Deckers-Borkowski half dem Syrer Mamoun Allhussien, sich in seinem neuem Job als Postbote zurechtzufinden.

Arbeitspatin Karoline Deckers-Borkowski half dem Syrer Mamoun Allhussien, sich in seinem neuem Job als Postbote zurechtzufinden.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Im Postzentrum Waldniel herrscht rege Betriebsamkeit. Mitarbeiter beladen ihre knallgelben Fahrräder mit den Briefbehältern sowie Zustellertaschen und radeln in alle Himmelsrichtungen davon. Andere wiederum steigen in die Postfahrzeuge und starten ihre Touren. Mamoun Allhussien ist, bepackt mit zwei Briefbehältern, in Richtung seines Rades unterwegs. „Ich habe gerade entsprechend meiner Tour die Briefe nach Straßen und Hausnummern einsortiert. Jetzt kann es losgehen“, sagt er. Dabei strahlt der 32-Jährige, der vor drei Jahren aus Syrien floh und in Waldniel ein neues Zuhause gefunden hat.

Dass ihm seine Arbeit Freude macht, ist ihm anzusehen. Dabei war der Anfang nicht leicht. Wenn es die Niederkrüchtener Verbundzustellerin Karoline Deckers-Borkowski nicht gegeben hätte, dann, so ist sich Mamoun Allhussien sicher, könnte er diesen Job nicht machen. „Ich hatte am Anfang nämlich Probleme mit den Umlauten“, erklärt er. Das „ü“ und „ue“ identisch sind und es sich nicht um verschiedene Namen handelt, war dem jungen Mann nicht klar. Entsprechend stellte er diese Briefe nicht zu, weil ja der Adressat auf dem Brief und der Name an der jeweiligen Adresse nicht zusammenpassten. Für ihn stand es außer Frage, dass die Briefe an den Absender zurückgehen mussten.

Dass Mamoun Allhussien überhaupt bei der Deutschen Post gelandet ist, verdankt er seinem eigenen Engagement. Der Syrer bemühte sich direkt nach seiner Flucht um die deutsche Sprache und legte erst die B1 und danach die B2 Prüfung ab. Mamoun Allhussien erfuhr im vergangenen Jahr, dass die Post Mitarbeiter im Bereich der Zustellung suchte. „Ich habe mich direkt mit allen Unterlagen beworben und ein paar Tage später die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten“, berichtet er. Es folgten ein Schnuppertag in Süchteln und ein Praktikum in Niederkrüchten. Danach war klar: Es konnte mit der dreiwöchigen Einarbeitungsphase losgehen. Am 23. Juli 2018 begann er die Arbeit.

Für Mamoun Allhussien, der in Waldniel mit seiner Familie wohnt, hieß das: Er musste jeden Tag nach Niederkrüchten reisen, wo er Karoline Deckers-Borkowski zugeteilt wurde. Sie ist dabei nicht nur Verbundzustellerin in Niederkrüchten sondern auch seit Jahren Ausbilderin. „Mamoun war von der ersten Sekunde mehr als nur engagiert und lernwillig. Er kam bei den Kunden aufgrund seiner Freundlichkeit bestens an. Dabei war er nicht nur gründlich, sondern übergründlich. Wenn der Name auf einem Brief oder Paket nicht hundertprozentig mit dem an der Tür übereinstimmte, stellte er nicht zu, weil er Sorge hatte, es wäre der falsche Adressat“, erinnert sich die Ausbilderin, die zusammen mit ihrem Zögling auf Zustelltour war.

Es galt unter anderem zu erklären, dass auch Abkürzungen bei Vornamen ihre Richtigkeit haben. Der Neuling erfuhr, was es mit Postzustellungsurkunden auf sich hat und was die vielen Abkürzungen bedeuten, mit denen die Post selber arbeitet. Karoline Deckers-Borkowski fielen indes die Probleme mit den Umlauten auf und kurzerhand setzte sie eine Verlängerung des Praktikums um eine Woche um. Eine Zeit, die sich gelohnt hat. Heute sitzt jeder Handgriff. „Ich liebe meinen Beruf. Er macht mir viel Spaß. Wenn ich selber frei habe und ein Kollege fällt aus, bin ich immer bereit einzuspringen. Das wissen auch alle“, erzählt Mamoun Allhussien.

Er selber hat seit September vergangenen Jahres vier Bezirke in Waldniel, die er als so genannter Springer abfährt. Drei Bezirke sind mit dem Fahrrad zu erledigen, einer wird mit dem Auto gefahren. Diesen Bezirk konnte er übernehmen, nachdem er seinen syrischen Führerschein mittels einer neuen Fahrprüfung in einen deutschen verwandelt hat. Was ihn besonders freut, ist die Tatsache, dass er seinen Arbeitsplatz, das Waldnieler Postzentrum, zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen kann. Danach geht es mit den gelben Fahrzeugen weiter.

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