Schwalmtal Schüler erinnern an Hosterts Kinder

Schwalmtal · Mit beeindruckenden Theaterszenen spürten Schüler der Europaschule den Geschehnissen in der Kinderfachabteilung in Hostert nach.

In der Kirche St. Mariae Himmelfahrt führten die Schüler gestern kurze Szenen auf, bevor Schüler und Besucher gemeinsam zur Gedenkstätte gingen.

Foto: Busch

Die Kirche St. Mariae Himmelfahrt in der Waldnieler Heide war gestern bis auf den letzten Platz besetzt, als Schüler der Europaschule Schwalmtal in Theaterszenen den Geschehnissen in der Kinderfachabteilung Hostert während der NS-Zeit nachspürten. Mitschüler und Erwachsene wollten sehen, was die Zehntklässler im Rahmen eines Projekts erarbeitet hatten. Die Schüler hatten gemeinsam mit Crisha Ohler und Sjef van der Linden vom Theater "Mini-Art" aus Bedburg-Hau Spielszenen entwickelt, in denen sie sich in die Zeit des Nationalsozialismus zurückversetzten. Sie hatten Briefe aus der Sicht der Kinder geschrieben, die ihre Elternhäuser verlassen mussten und in Hostert untergebracht worden waren. Sie hatten ihre Ängste und Nöte, ihr Misstrauen und ihre Sehnsucht nach der Familie herausgearbeitet. "Wann komme ich hier raus, wann werde ich Euch wieder sehen?" - Diese Frage schimmerte durch alle Briefe hindurch.

"Mich hat besonders der Vergleich zwischen damals und heute berührt", sagte eine Besucherin nach der Aufführung. Denn die Schüler stellten sich auch die Frage, ob es heute noch Ausgrenzung gibt und wie sie aussieht. Als sie Worte aufzählten, mit denen heute abwertende Bemerkungen versehen sind - wie "Fettsack", "Hurensohn" oder "Schlampe" - begannen einige Schüler verlegen in der ansonsten stillen Kirche zu lachen. Sie erkannten eigene Worte, verknüpften sie plötzlich mit dem, was sie gerade sahen - und erschraken sichtlich.

Die Teilnehmer des Projekts und Lehrerin Astrid Szymanski-Pape hatten sich einen besonderen Abschluss an der Gedenkstätte überlegt. Von der Zahl 99 - 99 Kinder, die zwischen 1940 und 1943 dort zu Tode kamen - kamen sie zu "99 Luftballons". Und so ließen sie 99 weiße Luftballons über den Gräbern der Kinder, auf der Gedenkstätte in den Himmel steigen, für jedes Kind einen Ballon. "Jeder Mensch, der hier auf dieser Erde gewesen ist, verdient es, dass man sich an ihn erinnert", sagte Ohler. "Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass jeder Mensch wertvoll ist", erklärte Schulleiter Jakob Mülstroh in seiner Ansprache.

Für das Theaterprojekt benötigte die Europaschule spenden. Die kamen vom Bündnis für Familien, der Volksbank Viersen, dem Lions Clubs Viersen und der Bleichermühle. Außerdem dankte Astrid Szymanski-Pape für die Unterstützung der Kirchengemeinde St. Mathias und insbesondere der Pfarre St. Mariae Himmelfahrt, deren Räume die Schüler nutzen durften.

(hah)