Historie in Schwalmtal-Waldniel Schlossbräu: Hildegard Leven ist die letzte Namensträgerin
Schwalmtal · Mit 99 Jahren führt die bekannte Waldnielerin noch ihren eigenen Haushalt. Bier gibt es dort aber nicht. Warum die Schlossbräu-Tochter lieber Saft trinkt.
Schlossbräu-Tochter Hildegard Leven wurde jüngst 99 Jahre alt. Sie ist die einzige in der Familie, die noch diesen Namen trägt. Bier trinkt sie nicht, der Familientradition zum Trotz: „Ich trinke lieber Saft.“ Ihr Vater Karl sei darüber sehr erbost gewesen, weil sie damals „ein Strich in der Landschaft“ war. „Er erinnerte mich jedes Mal daran, wie gesund der Gerstensaft doch sei“, erzählt sie.
Am 1. Mai 1880 hatte Heinrich Leven das Unternehmen ins Handelsregister eintragen lassen - als „Bayerische Exportbierbrauerei Heinrich Leven“. Die Brautradition muss älter gewesen sein: Erhalten blieb im Schätzungsregister der Feuerversicherung von 1858 ein Hinweis. Danach wurde das alte Brauhaus durch ein neues ersetzt. Heinrich Leven, dessen Vater Johann Heinrich eine Gastwirtschaft mit Hausbrauerei führte, ließ den Sohn in Bayern die Braukunst lernen. Mit einem neuen Brauverfahren und einem hellen Bier nach bayerischer Art kam dieser mit 20 Jahren nach Waldniel zurück, nach dem Tod des Vaters übernahm er den elterlichen Betrieb. Die Söhne Karl und Josef Leven führten die Brauerei weiter. 1996 kam das Aus für den Traditionsbetrieb.
Hildegard Leven konnte von ihrem Haus die Schlossbrauerei Heinrich Leven sehen. „Gut, dass mein Vater Karl den Abbruch nicht mehr erleben durfte“, sagt sie. Auf dem Gelände entsteht zurzeit ein neuer Discounter. „Das ist sicherlich eine Bereicherung für die Waldnieler“, meint die 99-Jährige. Sie freut sich auch über den Antrag der SPD, das einstige Logo der Schlossbrauerei an der Ungerather Straße zu erhalten: „Schloßbräu vom Niederrhein – urwüchsig wie unser Land“ steht darauf.
Viele Waldnieler kennen Hildegard Leven als Leiterin der Seniorenstube im Altenheim Waldniel an der Amerner Straße, Mehr als 50 Jahre betreute sie den Treff. „Nach dem Tod meiner Eltern suchte ich eine neue Aufgabe, und unser damaliger Direktor der Schlossbrauerei, Payenberg, bat mich, die Seniorenstube zu übernehmen.“ Erst mit 97 Jahren hörte sie auf. Die Senioren treffen sich nun jeden Donnerstag im Parkbistro der Antonius-Residenz zum Klönen.
Hildegard Leven lernte fünf Jahre an der Volksschule in Waldniel, besuchte das Süchtelner Irmgardisstift und absolvierte in Immenstadt den mittleren Schulabschluss. Weiter lernte sie in Augsburg am Kindergärtnerinnen- und dann in München am Jugendleiterseminar. Bis zu ihrer Heirat leitete sie in Seeg das Kinderkurheim. Dann kehrte sie heim und pflegte ihre Eltern.
