Andreas Coenen will Teil der Verfahrenskosten tragen Scharfe Reaktionen auf das „ungewöhnliche Angebot“ des Landrats

Viersen · „Zum Fremdschämen“ findet Die Linke die E-Mail von Andreas Coenen (CDU) an die Mitglieder der grünen Kreistagsfraktion. Die SPD nennt sie „sehr seltsam“. Und: Auch die CDU-Mitglieder im Kreistag bekamen Post vom Landrat.

 Eine E-Mail von Landrat Andreas Coenen (CDU) löst nun scharfe Reaktionen aus.

Eine E-Mail von Landrat Andreas Coenen (CDU) löst nun scharfe Reaktionen aus.

Foto: Kreis Viersen

Kostenpflichtiger Inhalt SPD, FDP und Die Linke kritisieren eine E-Mail von Landrat Andreas Coenen (CDU) an die Mitglieder der grünen Kreistagsfraktion scharf. In der hatte der Landrat nach seiner vom Verwaltungsgericht Düsseldorf als ungültig beurteilten Landratswahl um ihre Zustimmung für ein Berufungsverfahren gebeten, die vom Gericht als Wahlfehler eingestufte Veröffentlichung einer vierseitigen Anzeige vor der Wahl als Fehler eingestanden und erklärt, er werde im Falle einer Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht aus privater Tasche die Hälfte der dem Kreis auferlegten Kosten des Verfahrens tragen.

„Was juristisch unkritisch sein kann, muss nicht auch politisch unkritisch sein. Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn nun herauskommt, dass der Landrat den Grünen ein Angebot unterbreitet hat, um ihnen die Zustimmung schmackhaft zu machen“, sagt Felix Grams, Vorsitzender der Kreis-FDP. „Das Vorgehen spricht dafür, dass der Landrat offenkundig selbst große Zweifel daran hat, dass sich der Kreistag noch ohne seine Einmischung seiner Rechtsauffassung anschließen wird.“ Die E-Mail liege der FDP bislang nicht vor. „Wir werden dies prüfen lassen. Letztlich bestärkt dieses Vorgehen, auf dem letzten Meter noch für sich einen Deal aushandeln zu können, unsere bestehende Haltung, dem Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung nicht zuzustimmen.“

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte vor einem Monat geurteilt, dass die Landratswahl von 2020 aufgrund eines Wahlfehlers ungültig ist und die Kreisverwaltung verpflichtet, Neuwahlen anzusetzen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zu einem Berufungsverfahren wird es ohnehin kommen. Landrat Andreas Coenen hatte in der E-Mail an die Grünen angekündigt, dass er Rechtsmittel gegen den Richterspruch aus Düsseldorf einlegen wird. Eine ähnlich lautende E-Mail hatte Coenen auch an die Mitglieder der CDU-Fraktion im Kreistag geschickt.

Die Partei Die Linke, die gegen die Landratswahl geklagt hatte, spricht vom „Versuch der Einflussnahme“ durch Coenen. „Ich erwarte vom höchsten politischen Amtsträger des Kreises Viersen ein anderes Auftreten als das Betteln um Stimmen zu einer Berufung, die er auch alleine einlegen kann - dann allerdings aus eigener Tasche“, sagt Christoph Saßen, Fraktionsvorsitzender von Die Linke/Die Partei im Kreistag. Das Schreiben des Landrats sei „zum Fremdschämen“, so Saßen. „Er beschädigt mit seinem Verhalten die Würde des Amtes und das Ansehen des Kreises Viersen.“ Unterm Strich spare der Landrat im Falle einer Niederlage vor dem OVG Geld, wenn auch der Kreistag in Berufung geht, so Saßen. Fakt ist: Gehen sowohl die Kreisverwaltung als auch der Landrat in Berufung, fallen für beide Parteien voraussichtlich je 50 Prozent der Kosten an. „Kommt es zu einem Urteil, entscheidet das Gericht über die Kostenverteilung“, erklärt die Sprecherin des Oberverwaltungsgericht Münster, Gudrun Dahme. „Üblicherweise werden die Kosten des Verfahrens dann hälftig geteilt.“ Stimmt der Kreistag für eine Berufung und verliert vorm OVG, müsste der Landrat 75 Prozent der Verfahrenskosten privat tragen. Stimmt der Kreistag gegen die Berufung, wären es 100 Prozent. Bei einem angesetzten Streitwert von 15.000 Euro liegen die reinen Gerichtskosten bei 1296 Euro, hinzu kommen noch die Anwaltskosten.

„Very strange“, zu deutsch: sehr seltsam, nennt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Joachim Kremser das Angebot des Landrats, sich privat an den Kosten zu beteiligen. „Wie soll das praktisch funktionieren? Schreibt ihm der Kreis dann eine Rechnung?“, fragt Kremser. „Ich hätte mir gewünscht, dass er sein klares Fehlereingeständnis gegenüber dem gesamten Kreistag gemacht hätte.“ Durch seine E-Mail bringe er die Grünen nun in eine schwierige Lage, glaubt Kremser. „Man hat den Eindruck, er lernt einfach nicht dazu.“

Die Grünen wollen erst am Donnerstag vor der Kreistagssitzung entscheiden, wie sie abstimmen. „Dazu werden wir uns inhaltlich mit dem Urteil auseinandersetzen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Heinen. Wie bewertet er das Angebot des Landrats der möglichen Kostenübernahme? „Es ist immer schön, wenn öffentliche Gelder gespart werden können“, sagt Heinen, betont aber auch, dass das keinen Einfluss auf die Entscheidung der Grünen haben werde.

(mrö)
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