Viersen Ruhe des Waldes hilft LVR-Patienten

Viersen · Vor anderthalb Jahren rief Kirsten Amberg eine Gruppe ins Leben, bei der Patienten durch den Wald spazieren. Für dieses Konzept wurde die Stationsleiterin der geschlossenen Akutaufnahme mit dem LVR-Pflegepreis ausgezeichnet.

 Kirsten Amberg unternimmt jede Woche Spaziergänge mit Patienten der LVR-Klinik. Den Menschen, die häufig unter Depressionen und Psychosen leiden, tun die Ruhe und die Bewegung im Wald gut.

Kirsten Amberg unternimmt jede Woche Spaziergänge mit Patienten der LVR-Klinik. Den Menschen, die häufig unter Depressionen und Psychosen leiden, tun die Ruhe und die Bewegung im Wald gut.

Foto: Busch

"Der Donnerstag ist mein Lieblingstag", sagt Kirsten Amberg lächelnd. An diesem Tag geht es nämlich in den Wald, der sich um das Gelände der LVR-Klinik in Süchteln zieht. Die Stationsleiterin macht dort nicht einfach einen Mittagsspaziergang, sondern hat ein therapeutisches Konzept entwickelt: Patienten der geschlossenen Station 30/3 und der offenen Station 30/7 der Abteilung Allgemeinpsychiatrie 2 der Süchtelner Klinik gehen einmal in der Woche gemeinsam mit einem Therapeuten durch den Wald. Das soll ihnen helfen, mit ihren Krankheiten umzugehen. Amberg hat für ihr Konzept den LVR-Pflegepreis bekommen.

"Es ist eine ganz andere Atmosphäre. Fernab vom Stationsalltag können wir viel intensivere Gespräche mit den Patienten führen", sagt Amberg. Diese Gespräche tun sowohl den Patienten als auch dem Personal gut. Die Idee zu dem Projekt kam Amberg vor zwei Jahren. "Als ich 1986 hier meine Ausbildung als Krankenschwester begann, war ich viel mit examinierten Schwestern und Patienten im Wald unterwegs. Durch die Spaziergänge wurden Unruhen angegangen und die Bedarfsmedikamente konnten reduziert werden", erzählt die 44-jährige Süchtelnerin. Doch irgendwann fanden diese Waldtouren nicht mehr statt.

Amberg, die selber gerne in der Natur unterwegs ist, erinnerte sich an das Alt-Angebot, erarbeitete ein neues Konzept und stellte es vor. Bei den Kollegen stieß sie zunächst auf Skepsis und Zurückhaltung – einige konnten sich nicht vorstellen, dass diese Waldspaziergänge wirken würden.

Doch der Oberarzt und eine Kollegin der Station 30/7 waren von der Idee begeistert und ermunterten Amberg, das Projekt anzugehen. Anfang des vergangenen Jahres spazierte sie zum ersten Mal mit Patienten der beiden Stationen im Wald am Klinikgelände. Seitdem ist die Waldgruppe Donnerstag für Donnerstag unterwegs, bei Sonnenschein und Hitze, bei Eis und Schnee.

Die Kollegen sind mittlerweile vom Angebot angetan – schließlich ist der Erfolg deutlich zu erkennen. Den Patienten tut die rund einstündige Waldrunde auf der ganzen Linie gut. Die Bewegung und die im Wald erfahrene Ruhe wirken sich positiv auf ihre Befindlichkeit aus. Die meisten der Patienten leiden unter Psychosen und Depressionen, die durch die Spaziergänge gemildert werden.

Inzwischen trägt Amberg ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Workshops auch Kollegen vor. Den LVR-Preis hat sie vor allem deshalb erhalten, weil ihr Projekt ressourcenorientiert, nachhaltig und kostenneutral ist. Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro hat Amberg wieder ins Projekt investiert. "Ich habe jede Menge Schirme angeschafft, damit wir bei Regenwetter gut geschützt sind." Außerdem hat sie einen Rucksack mit Erste-Hilfe-Set gekauft. Auch Handy, Wasser und Notfallmedikamente nimmt sie nun mit zu den Spaziergängen. Mit dem Rest des Geldes richtete sie eine Feier auf der Station aus – schließlich tut auch das gut.

(tref)
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