Niederkrüchten Ruhe am Set — Kamera läuft

Niederkrüchten · Die Vorstadtkrokodile sind wieder in der Gegend. 31 Jahre nach dem Original laufen gerade die Dreharbeiten für eine aufwändige Neuverfilmung des Klassikers. In der alten Ziegelei Brimges treffen sich zwei Krokodil-Generationen. Ein Setbesuch.

30 Jahre Altersunterschied sind unter echten Vorstadtkrokodilen schnell überbrückt. Darum verstehen sich die neuen und die alten Krokodile prächtig. Fabian Halbig und Birgit Komanns liefern sich ein kleines Rollstuhl-Geschicklichkeits-Duell. Birgit Komanns gewinnt. Sie hat über 40 Jahre Rollstuhl-Erfahrung, Fabian gerade ein paar Wochen. In den Drehpausen ist der Jung-Schauspieler munter auf zwei Beinen unterwegs. Anders als Birgit Komanns, die an den Rollstuhl gefesselt ist, braucht Fabian das Gefährt nur für die Rolle. Heute steht die legendäre Pinkel-Szene auf dem Drehplan. "Kai muss mal", ruft Hannes. Maria, das einzige Mädchen der Bande, ist die einzige, die sich traut, dem gelähmten Jungen beherzt in den Hosenschlitz zu greifen. Zu sehen ist natürlich nichts: Maria-Darstellerin Leonie Tepe fuchtelt an der fraglichen Stelle ein wenig in der Luft. Die pikanten Details werden später nachgedreht — mit einer Puppe. "Wir möchten die FSK-Freigabe ab sechs Jahre", erläutert die ausführende Produzentin Lena Olbrich mit Blick auf den für Anfang 2009 geplanten Kinostart. Rita Ramachers griff bei der Erstverfilmung 1977 dagegen ins wirkliche Leben — bei einem Stuntjungen (!), der damals Birgit Komanns doubelte. Denn der behinderte Kurt wurde seinerzeit von einem Mädchen gespielt — das bestgehütete Geheimnis der Dreharbeiten.

Drehort ist heute das Gelände der alten Ziegelei Brimges, die wilde Industrieruinen-Romantik verströmt. Leere Hallen mit Kathedralen-Ausmaßen, zerbrochene Scheiben, durch die Kletterpflanzen wuchern. An den Außenwänden durften sich Graffiti-Künstler für den Film völlig ungestraft kreativ austoben. "Die Atmosphäre ist einzigartig", schwärmt Lena Olbrich. Die Stimmung am Set ist völlig ungezwungen, fast familiär. Von Stress keine Spur — obwohl ein einziger Drehtag mal eben 30 000 Euro kostet.

Enormer Aufwand

Vier, fünf Mal wird die Pinkel-Szene wiederholt, bis Regisseur Christian Ditter zufrieden ist. Mit amüsiertem Staunen verfolgen die abseits stehenden alten Krokodile das Gewusel am Drehort. 30, 40 Leute wirbeln umher — Tontechniker, Kabelträger, Kameraleute. Einer hält gar einen Schirm, der Jungstar und Hannes-Darsteller Nick Romeo Reimann in einer kurzen Pause zwischen zwei Einstellungen Schatten spendet. Maximal drei Stunden dürfen die zehn- bis zwölfjährigen Kinderschauspieler pro Tag arbeiten. "Wir waren früher acht Stunden und mehr im Einsatz, hat uns aber nicht geschadet", schmunzelt Heiner Beeker aus der alten Truppe. Er hat fast alle "Krokodiler" zusammengetrommelt. Die Produktionsfirma Westside will die alten Krokodile im "Making of" für die spätere DVD-Veröffentlichung zu Wort kommen lassen. Und so werden Birgit Komanns (Kurt), Josef Sieger (Willi), Manfred Rudolph (Erich), Ralf Buchholz (Rudolf), Thomas Bohnen (Hannes), Heinz Bäther (Theo), Heiner Beeker (Frank), Rita Ramachers (Maria) und Sandra Müller (das Sch…baby) einzeln vor laufender Kamera interviewt. Auch im Kino werden die alten Krokodile kurz im Bild sein — als Komparsen bei der Schluss-Szene. Heiner Beeker hat sogar eine kleine Nebenrolle in der Neuverfilmung bekommen: Er darf als Feuerwehrmann den nach einer Mutprobe an der Dachrinne hängenden Hannes retten. Für Beeker ist das kein Problem: Der Mann ist nicht nur selbstständiger Raumausstattermeister, sondern auch bei der Freiwilligen Feuerwehr.

(RP)
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