Viersen Rat verabschiedet Haushalt mit 30-Millionen-Loch

Viersen · Nicht der Vulkanausbruch in Island, sondern die Folgen der Wirtschaftskrise bestimmen derzeit die Situation in Viersen. Im Stadthaushalt klafft ein Loch von 30 Millionen Euro. Trotzdem hat der Rat das Zahlenwerk verabschiedet.

Es ist eigentlich stets der Tag der Politik im Viersener Forum: Fraktionschefs der verschiedenen Parteien des Stadtrates ergreifen am Rednerpult das Wort, nehmen Stellung zur finanziellen Situation der Stadt und zum Haushaltsentwurf des Kämmerers.

Doch in diesem Jahr war manches anders. SPD-Fraktionsvorsitzender Alfons Görgemanns forderte eine "enge vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verwaltung", zu der es keine Alternative gebe: "Wenn wir nichts unternehmen, zusammen unternehmen, fahren wir die Stadt an die Wand. Diese Erkenntnis sollte eigentlich mittlerweile jedem gekommen sein."

Für ein weiteres Novum sorgte FürVIE. Fraktionsvorsitzender Hans-Willi Pertenbreiter verzichtete gleich ganz auf eine Haushaltsrede: "In den Ausschüssen hatten wir ausreichend Gelegenheit, unsere Änderungswünsche einzubringen", so der Parteichef, der sogar den Gang zum Rednerpult unterließ und sich demonstrativ von seinem Platz äußerte.

Altdefizite abbauen

Ganz so einfach wollte es CDU-Fraktionsvorsitzender Stephan Sillekens der Verwaltungsspitze dann doch nicht machen. Selbstverständlich sieht auch der Christdemokrat eine wesentliche Ursache der städtischen Finanzmisere in der weltweiten Wirtschaftskrise: "Allerdings kommen wir auch nicht an der Erkenntnis vorbei, dass es in unserer Stadt auch in jenen Jahren, in denen die Mehrzahl der Kommunen Gewinn machten und Altdefizite abbauen konnten, nicht gelungen ist, auch nur in die Nähe einer schwarzen Null zu kommen." Daher treffe die Krise Viersen nun doppelt hart.

SPD-Fraktionschef Görgemanns bezeichnete die Viersener Haushaltsentwicklung als "dramatisch": "Das Riesendefizit von rund 30 Millionen Euro ist überwiegend fremdbestimmt. Wir können uns aus eigener Kraft kaum aus dieser Umklammerung befreien."

Grünen-Fraktionschefin Martina Maaßen sieht in der Politik der Landesregierung eine weitere Ursache für die desolate Haushaltssituation der Städte: "Die Landesregierung in NRW betreibt einen Raubzug durch die kommunalen Kassen." Das Land habe 2008 im Vergleich zum Jahr 2004 rund 34 Prozent mehr an Steuern eingenommen, aber nur 15 Prozent davon an die Kommunen weitergeleitet.

Ein ganz anderes Problem stellte FDP-Fraktionschef Werner Dingel in den Vordergrund: "Im Gegensatz zu vielen anderen Städten in NRW ist Viersen auf der Einnahmenseite nicht so sehr von der viel zitierten größten Wirtschaftskrise aller Zeiten betroffen, sondern wie immer geben wir mehr Geld aus, als uns zur Verfügung steht." Die Liberalen wollen daher auch die "freiwilligen Ausgaben" kritisch überprüfen.

Ein "Haushaltskrater"

Warnende Worte folgten von Christoph Saßen, Fraktionsvoesitzender der Linken, der nicht von einem "Haushaltsloch", sondern von einem "Haushaltskrater" sprach: "Dass wir allerdings das Geld haben, einen Alleenradweg von Dülken nach Waldniel zu bauen, das ist uns bis heute suspekt." Hier seinen 1,16 Millionen Euro für ein "mehr als fragwürdiges touristisches Konzept" eingeplant.

Übrigens: Sowohl Ratsherr Gunter Kretzschmann (NPD) als auch Kollege Christian Pollmanns (BSB) äußerten sich nicht.

(RP)
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