Viersen Rat sagt "Nein" zu gemeinsamem Lernen

Viersen · Viersens Stadtrat lehnt ab, dass Kinder mit Förderbedarf auf die Anne-Frank-Gesamtschule und das Clara-Schumann-Gymnasium geschickt werden. Rechtlich ist der Widerspruch aber nicht begründbar.

Die Mehrheit des Viersener Rats vertritt die Ansicht, dass die Inklusion an Schulen nicht so funktionieren kann, wie das Land sie geplant hat. Deshalb hat sie abgelehnt, die Anne-Frank-Gesamtschule und das Clara-Schumann-Gymnasium zu "Orten des gemeinsamen Lernens" zu machen – also zu Schulen, an denen Kinder mit und ohne Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Nach dem Beschluss vom Donnerstag ist offen, was mit den sieben förderbedürftigen Kindern passiert, deren Eltern sie auf die beiden Schulen schicken wollten.

Rein rechtlich kann die Stadt das gemeinsame Lernen eigentlich nicht ablehnen. Als Schulträger ist sie dafür zuständig, dass die Schulgebäude für den Unterricht geeignet sind. Sie kann aber nicht dabei mitreden, welche Kinder auf die Schulen gehen sollen. Dafür ist die Schulaufsicht zuständig. Diese hatte sich dafür ausgesprochen, dass drei Kinder mit Lernbehinderungen auf das Dülkener Gymnasium gehen sollten und vier Kinder mit Förderbedarf auf die Gesamtschule.

Deren Schulleiter hatte vergangene Woche im Schulausschuss erklärt, dass es in ihren Gebäuden keine freien Räume gibt, in denen Förderlehrer separat mit den Kindern arbeiten können. Das sei nötig, damit die Inklusion funktioniert. Nach einer hitzigen Debatte lehnte der Ausschuss die Inklusion an beiden Schulen ab. Daraufhin hatte Schuldezernent Paul Schrömbges bei der Bezirksregierung nachgehakt, ob die Schulen Räume für die Inklusion bräuchten. Sie verneinte. Damit sei ein Widerspruch gegen das gemeinsame Lernen rechtlich nicht konstituierbar, sagte Schrömbges.

Die Stadt wird den Beschluss nun an die Bezirksregierung weiterleiten. "Dann müssen wir überlegen, wie wir weiter verfahren", sagte ein Sprecher zur RP. Die Bezirksregierung hat aber bereits in einem Schreiben an Schrömbges notiert, dass Schulleiter vorrangig Kinder aufnehmen müssen, die ihnen von der Schulaufsicht vorgeschlagen werden. Es könnte also sein, dass die betreffenden Kinder am Ende doch auf die Schulen gehen sollen.

Im Rat blieben die Vertreter von CDU, SPD, FDP und der Linken bei ihrer Argumentation aus dem Schulauschuss. Das Land unterstütze Kommunen und Schulen nicht genügend bei der Inklusion. "Ich bin für gesellschaftliche Teilhabe, aber nicht so, wie es hier gemacht wird", sagte Manuel García Limia (SPD). Stephan Sillekens (CDU) berichtete, dass ihm Lehrer bestätigt hätten, dass eine inhaltliche Arbeit an Schulen mit Inklusion nur mit zusätzlichen Räumen möglich sei.

Martina Maaßen (Grüne) hingegen sagte, die Inklusion setze ein Wollen voraus – und es fände sich ein Raum, wenn man ihn finden wollte, "in der Bibliothek oder sonstwo". Jürgen Moers (CDU) erwiderte, es lasse sich sicher ein Raum finden. Vielleicht sei ja der Putzraum frei? "Aber das ist keine vernünftige Umsetzung", sagte er.

39 Ratsmitglieder lehnten das gemeinsame Lernen an den beiden Schulen ab. Acht Ratsmitglieder, darunter Bürgermeister Günter Thönnessen, stimmten dafür, fünf enthielten sich. Einstimmig fiel der Beschluss, gemeinsames Lernen an der Primusschule, der Johannes-Kepler-Realschule und drei Grundschulen einzurichten. Hier hatten die Schulleiter keine Bedenken.

(RP)
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