Guerilla Gardening in Viersen Protest mit Kürbis und Kornblume

Viersen · Nachdem die Stadt beschlossen hat, Büsche und Sträucher durch Rasenflächen zu ersetzen, begehren einige Bürger auf: Auf Facebook schlagen sie vor, Wildblumen und Gemüse auf öffentlichen Flächen zu säen. Die Verwaltung ist nicht begeistert.

 So könnte es vor der Galerie im Park in Viersen aussehen, wenn die "wilden Gärtner" dort Kürbiskerne aussäen. Im Internet wird dazu aufgerufen.

So könnte es vor der Galerie im Park in Viersen aussehen, wenn die "wilden Gärtner" dort Kürbiskerne aussäen. Im Internet wird dazu aufgerufen.

Foto: Busch/CMA/dpa/gms

"Helft bitte mit!", schreibt Jens Zimmer auf Facebook. "Lasst uns Wildblumen aussäen. Kauft Samen und streut aus (am besten nachts)." Zimmer protestiert. Dem Viersener ist seine Stadt zu kahl geworden. Er hat beobachtet, dass Mitarbeiter der Stadt Bäume ausgeschnitten haben, Hecken und Sträucher von Straßenrändern entfernen.

Deshalb hat er zum so genannten Guerilla Gardening aufgerufen, einem Kleinkrieg der Gärtner. Zimmer hält das wilde Säen von Obst, Gemüse und Blumen für eine charmante Form des Protests, obwohl es verboten ist. Dennoch will er seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen, auch auf Facebook nennt er ihn nicht. Der Name ist der RP jedoch bekannt.

Doch neben Zimmer gibt es längst andere, die fürs wilde Blumensäen eintreten. Der Viersener Theaterpädagoge Dirk Windbergs zum Beispiel schreibt, er habe schon Blumensamen verstreut. "Ich finde das eine schöne Möglichkeit, seine Umwelt schöner zu machen mit einfachen Mitteln", sagt er. Eine Frau notiert, sie wolle Kürbisse pflanzen. Und ein Internet-Stadtmagazin hat einen Wettbewerb ausgerufen: Es will demjenigen zwei Karten für das Festival "Eier mit Speck" schenken, der das schönste Foto vom nächtlichen wilden Gärtnern macht.

Die Stadt hingegen ist von der Idee wenig begeistert. "Wenn ich mir das als Privatmann vorstelle, dass einer heimlich nachts auf meinem Grundstück Blumen pflanzt, finde ich das nicht in Ordnung", sagt Markus Kampe. Er ist bei den städtischen Betrieben zuständig fürs Straßengrün.

Windbergs hingegen sieht einen Unterschied zwischen öffentlichem Raum und den Grundstücken seiner Nachbarn. Der öffentliche Raum sei schließlich das Eigentum aller Bürger. Insofern wünscht er sich eine Diskussion darüber, wie weit die Bürger diesen Raum gestalten und nutzen können. Dem Theaterpädagogen gefällt die Vorstellung, dass zum Beispiel an der städtischen Galerie im Park Kürbisse wachsen könnten. "Wir sind in Deutschland manchmal sehr verkopft und vergessen, was Spaß macht."

Zimmer sieht noch mehr im wilden Gärtnern. Ihn stören Menschen, die sich nicht um kahle Straßenecken kümmern und Müll auf den Gehwegen liegenlassen. Dieses Verhalten erklärt er damit, dass sich viele Bürger machtlos fühlten. "Wenn man wild gärtnert, wird der öffentliche Raum wieder als Raum der Bürger gesehen", sagt Zimmer. Wichtig ist ihm, dass nicht irgendetwas gesät wird, sondern heimische Blumen und Gemüsesorten. Diese heimischen Pflanzen fehlten den Bienen und Vögeln. Außerdem hält er die bunten Blüten für nötig, weil es so kahl geworden sei in der Stadt.

Die Kritik an Mitarbeitern der Verwaltung wegen der entfernten Hecken weist Kampe zurück. "Wir setzen nur einen politischen Beschluss um." An den Baubetriebshof sei die Aufforderung gegangen, Hecken und Sträucher durch Rasenflächen zu ersetzen. Das spart Geld, weil die Pflege von Rasen weniger kostet als die vieler anderer Pflanzen. So kahl, wie Jens Zimmer Viersen beschreibe, sei die Stadt ohnehin nicht. "Bald wachsen hier wieder Narzissen", sagt Kampe.

(RP/EW)
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