Brüggen Pastorale Aufgaben am Limit

Brüggen · Pfarrer Timotheus Eller ist reif für die Insel. Vor seinem Urlaub wandte er sich im Pfarrbrief an die 10 457 Brüggener Katholiken, um das althergebrachte Bild des Pfarrers gerade zu rücken. Größer werdende Strukturen verdichten seine Arbeit.

Pfarrer Timotheus Eller fand offene Worte vor seinen Gemeinden Brüggen, Born und Bracht: Er sei in den letzten Monaten immer wieder an die Grenzen seiner Belastbarkeit gestoßen: "Es wird meine Aufgabe sein, einen Arbeits- und Lebensstil zu entwickeln, der auf die Dauer nicht krank macht." Mit dem Tod von Pfarrer Wolters war mit Bracht die größte der Gemeinden – 4345 Pfarrangehörige – für ihn noch dazugekommen. Die Aufgaben wuchsen, für den Pfarrer ebenso wie für die pastoralen Mitarbeiter. "Es klappt erstaunlich viel", sagte Eller im Gespräch mit der RP. Doch möchte er um Verständnis werben, dass er nicht jede Erwartungshaltung erfüllen und buchstäblich nicht "auf allen Hochzeiten tanzen" kann.

Persönliche Begegnung wichtig

Um nicht den Eindruck zu erwecken, es sei "alles zuviel" und die Menschen sollten nach Möglichkeit erst gar nicht auf ihn zugehen, betont Pfarrer Eller: "Ich bin gerne und durch und durch Priester. Ich halte auch jeden Tag ein bis zwei Zeiten frei, um Menschen die Möglichkeit zu einem Gespräch zu geben, denn die persönliche Begegnung ist mir wichtig." Nur: Zeit ist halt begrenzt. Da möge doch bitte niemand enttäuscht sein, wenn er nach einer Trauung oder Goldhochzeit nicht zum Kaffee kommt. 128 Kommunionkinder beispielsweise haben je zwei Beichten á fünf Minuten, 113 Firmlinge bedeuten 113 Einzelgespräche über rund eine Viertelstunde. Einmal im Jahr versucht der Pfarrer, in jede Schulklasse zu kommen. Die Pfarrsekretärinnen helfen ihm bei einem möglichst effizienten Zeitmanagement. Doch Eller will in erster Linie Seelsorger sein, nicht Manager.

Montags hat der Pfarrer immer frei – es sei denn, es ist kirchlicher Feiertag, Königsparade, Singen am Borner See oder dergleichen Ausnahmen mehr. Seine Arbeitswoche beginnt dienstags um 8.30 Uhr mit der Teambesprechung mit Ursula Hüsgens und Kathrin Hollmann, 9.15 Uhr ist hl. Messe in St. Nikolaus, um 10 Uhr Nachfrage im Pfarrhaus, was aktuell eingegangen ist, Mittagessen wird "irgendwann zwischendurch" eingenommen, es sind noch E-Mails nachzuschauen, Entscheidungen zu treffen. Mittwochs ist morgens Messe in Born, abends in Bracht, donnerstags um 8 Uhr Schulmesse in Born oder Bracht, um 9 Uhr stehen Besuche in den Kitas an. Nachmittags besucht der Pfarrer Kranke oder Trauernde, abends plant er Zeit ein für Tauf- oder Ehegespräche, fast jeden Abend tagen Gremien: allein vier Kirchenvorstände, drei Pfarrgemeinderäte. Demnächst stehen drei Pfarrfeste und drei Kevelaer-Wallfahrten im Terminkalender.

Bei der Eucharistie setzt Pfarrer Eller auf Qualität statt Vielzahl: "Das ist der Höhepunkt des Glaubens. Da kann ich nicht in 48 Stunden sechs Messen zelebrieren." Viermal Sonntagsmesse sei auf Dauer nicht möglich. Eller hat sich dabei ertappt, dass er heute froh ist, wenn eine Messe ausfällt. "Das ist ein schrilles Alarmzeichen, das ich nicht länger überhören darf."

(RP)
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