Osterspaziergang in Brüggen Auf Spurensuche in Brüggen
Manchmal ist nicht das Finden am schönsten, sondern das Suchen. Bei einem Oster-Spaziergang im Brüggener Waldgebiet können besonders Kinder viel entdecken und erforschen — und es gibt Spuren von Waldtieren zu sehen.
Der Osterspaziergang gehört zum Fest dazu wie die gefärbten Eier. Und wann bleibt denn sonst im Alltag Zeit, mal eine große Runde zu drehen? Unsere Tour führt diesmal ins Grüne, an einen Ort, wo man ziemlich exakt auf der Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland steht: Zum Waldstück an der Gastronomie „De Witte Stein“ in Brüggen. Doch das kulinarische Erlebnis steht in diesem Fall nicht an erster Stelle, auch nicht der anliegende Spielplatz, sondern der Wald in der Nähe.
Erholsames Rauschen in den Wipfeln von Fichten und Birken für Erwachsene, ein Expeditionsgebiet zwischen Büschen, Laub und Moos für Kinder: Wer nach einer runden Sache für das Familienprogramm an diesen Feiertagen sucht, ist auf den Trampelpfaden in der Nähe des Parkplatzes Am Weißen Stein genau richtig. Große Strecken müssen Spaziergänger hier nicht zurücklegen: Es genügt, vom Parkplatz aus ein kurzes Stück der Straße zu folgen, die in den Wald führt, und dann einem der Pfade zu folgen, die in den Wald führen.
Zwischen Hügeln mit Sträuchen und Bäumen schlängeln sich Spazierwege in alle Richtungen quer durch das gesamte Waldgebiet. Wer sich zu einer längeren Runde mitreißen lässt, ist also genauso gut aufgehoben wie Liebhaber kurzer Strecken. Und wer bei raschelndem Laub, wärmenden Sonnenstrahlen und gut beschäftigten Kindern noch nicht in kompletter Tiefenentspannung versunken ist, kann die Augen nach Spuren von Wildtieren offenhalten.
Wer finden will, muss suchen: Das gilt auch für die Bewohner der Wälder. Wildschweine, Rehe, Dachse, verschiedene Vögel und Mäuse haben im Brachter Wald, Kahlberg‘scher Heide und Umgebung ihr Revier. Vor zwei Tagen erkundeten neun Kinder und fünf Erwachsene ein Stück des Waldes in Nähe des Patersweg und Keulseweg. „Spurenlesen wie die Indianer“ ist das Motto. Denn die Ureinwohner Amerikas gelten für viele als Meister des Fährtenlesens und des Lebens im Einklang mit der Natur – nicht zuletzt durch zahlreiche Darstellungen in Abenteuerromanen.
Nur fünf Minuten Fußweg vom Wanderparkplatz am Weißen Stein entfernt finden die Kinder bereits die erste Wildspur: Die Trittsiegel eines Rehs. So werden in der Fachsprache Abdrücke von Tieren in weichem Untergrund genannt. Fachkundiger Leiter des Waldspazierganges ist Markus Heines von der Biologischen Station Krickenbecker Seen. Heines kennt sich mit der Natur im Kreis Viersen aus. Und mit den Spuren ihrer Bewohner, wie beispielsweise den Bibern an der Schwalm, oder Füchsen oder Kaninchen, die in Feldern und Wäldern im gesamten Kreis verbreitet sind.
„Tiere hinterlassen verschiedene Spuren, nicht nur Trittsiegel“, sagt Heines. Viele kleine Pfade schlängeln sich vom sandigen Hauptweg ab. Ohne weit in den Wald reinzugehen, finden sich bereits erste Federn oder Tierkot. Auch das seien Tierspuren, betont Heines. Manchmal können die Hinterlassenschaften der Tiere mehr erzählen als Abdrücke: Das sogenannte Gewölle von Eulen enthält beispielsweise ganze Kiefer und andere Knochen von Tieren, die im Magen der Tiere gelandet sind. Was nicht verdaut werden kann, wird in einem Knäuel ausgespien – Haare von Säugetieren, Kiefer, auch Panzerteile von Insekten. „Ich habe in einem Gewölle Teile von Arten gefunden, die im Kreis nicht nachweislich gesichtet wurden – jedoch befanden sich Kiefer davon im Gewölle“, sagt Heines. Nicht nur Eulen, auch einige Greifvögel produzieren die Speiballen. Auch im Tierkot, den die Gruppe am Rande des Weges findet, sind die schimmernden Flügel von Mistkäfern zu sehen, die einst verspeist wurden.
Eigentlich sei es viel zu trocken, um mit Erfolg nach frischen Trittspuren zu suchen, sagt Heines: „Im trockenen Boden sinken die Tiere nicht ein, es entsteht kein Abdruck.“ Fürs Abenteuer Fährtenlesen sei eigentlich die Zeit nach dem Regen gut. Und auch für den Waldboden und die Pflanzen würde nun nach den ersten warmen Frühlingstagen eine Ladung Nass genau das Richtige sein.
Den Kindern macht die geringe Aussicht auf Spuren wenig aus: Viel zu entdecken gibt es auf den Pfaden und Wegen im Wald trotzdem. In drei Stunden legt die Gruppe insgesamt knapp zwei Kilometer zurück, denn auch auf kurzer Strecke gibt es jede Menge zu erkunden. Und da das Gelände kein Naturschutzgebiet ist, ist auch das Klettern auf die sandigen Hügel voller Sträucher, Laub und Mäusehöhlen nicht verboten – auch wenn Besucher trotzdem Rücksicht auf Wildtiere nehmen und die Wege möglichst nicht verlassen sollten.
Die Gruppe hat bei strahlender Sonne trotzdem auch mit den Spuren Glück. Die Rehspuren am Waldrand sind zwar etwa drei Wochen alt, aber trotzdem gut erhalten und markant. Mit einem kräftigen Pusten werden loser Sand und Birkenkätzchen aus den Huf-förmigen Senken im Boden geblasen. Und etwa eine halbe Stunde später ist mitten auf dem Wanderpfad ein zweites Trittsiegel entdeckt: der Abdruck einer Dachs-Pfote. Die Kinder inspizieren auch die Höhleneingänge von Mäusen, die immer wieder in Sichtweite vom Fußweg aus liegen, aus der Nähe. Am meisten verbreitet ist insbesondere in Wäldern die Rötelmaus, auch Waldwühlmaus genannt.
„Uns gefällt die Tour sehr gut“, sagt Domenica Kirchmeyer. Die 65-Jährige ist mit ihrer Enkelin zur Spurenwanderung mitgekommen. Sie habe bereits mehrere Veranstaltungen der Biologischen Station mitgemacht, auch für Erwachsene. „Das ist immer sehr spannend und lehrreich“, so sei es auch diesmal. Die Suche nach den Spuren der Waldbewohner ist an diesem Tag erfolgreich – wer jedoch die Tiere selbst beobachten möchte, muss zu frühen Morgenstunden oder in abendlicher Dämmerung geduldig sein.
Doch ganz gleich zu welcher Tageszeit: Ein ordentlicher Waldspaziergang lässt nach gewisser Zeit große und kleine Mägen knurren. Und das Mittagessen samt Kaffee und Kuchen lässt sich im Restaurant in der Nähe auch ohne Fährtenlesen finden. Und wer dann immer noch Kräfte übrig hat, kann sich auf dem Spielplatz austoben.