Comedy in Viersen Mit Sauerkrautbad eingebürgert worden

Viersen · Özscan Cosars, Träger des Deutschen Comedypreises 2019, zeigte jetzt „Oldschool“ in der ausverkauften Festhalle Viersen. Mit Schilderungen türkischer Hochzeiten und seiner Einbürgerung brachte er das Publikum zum Lachen.

 Özscan Cosar  sorgte bei den Zuschauern in der Viersener Festhalle für viele Lacher.

Özscan Cosar  sorgte bei den Zuschauern in der Viersener Festhalle für viele Lacher.

Foto: Julia Esch/JUlia Esch

Sein Vater sei von Özscan Cosars Beruf nicht begeistert. „Der fragt mich immer: Wann machst du deinen Witzladen da zu?“ Zumindest in der Viersener Festhalle nicht. Besonders in der ersten Hälfte gewinnt der Comedian aus Stuttgart mit seinem Programm „Oldschool – die Zukunft kann warten“ das Publikum schnell für sich.

Aldi-Limonade statt Fanta, das Dasein als Möchtegern-Gangster und warum es sich lohnt, neben einer türkischen Hochzeitslocation zu wohnen: Cosar erzählt aus seiner Kindheit als Deutscher und Türke, und auch von Unterschieden und Spannungen, in denen er zwischen beiden Welten steckt. Die Gags wirken authentisch, fernab von Inszenierung oder Skript. Eher wie Erinnerungen und Geschichten, an mancher Stelle bewusst übertrieben erzählt, aber im Kern wahr und mit viel Humor nachempfunden.

Die Reise durch Cosars Oldschool-Universum beginnt mit Hoodie, Baggyhose sowie dem wesentlichen Unterschied zwischen den deutschen und türkischen Freunden in der Clique. Oder Gang, wie die Jungs es selbst lieber bezeichneten. „Um zwölf waren die Deutschen immer weg“, sagt Cosar. „Und um ein Uhr wieder da.“ Mittagessen mit Termin? Das habe im türkischen Haushalt anders funktioniert. „Wenn dein Vater Spätschicht hatte, gab es halt Mittag um 22 Uhr.“

Die Markenklamotten vom Basar in der Türkei, die „besser als das Original“ sind, wie die Händler versprechen, sind eine ebenso herbe Enttäuschung wie Billig-Limo oder verklumptes Kakaopulver. Der Stuttgarter zeichnet ein Bild von einer Freundschaft, in der beide Seiten zu Hause in einer eigenen Welt wohnen. Dieser authentische Teil des Abends begeistert die Viersener schnell. Das Publikum lacht viel.

Auch Themen, die in einer Gesprächsrunde oft Potenzial für Debatten und Streit haben, scheut der 38-Jährige nicht. Seine Einbürgerung bezeichnet Cosar als „Türkorzismus“. Am Schalter habe die Frau bereits schaurig gelacht, es folgten Sprenkler mit Weihweizen bei Kerzenlicht und 24 Stunden Einlegen in Sauerkraut. „Obendrauf kamen Speckwürfel.“ Schwäbischer Akzent rundet die Gruselgeschichte vom Weg zum deutschen Pass ab. Abgesehen von der Neugeburt im Krautfass habe die Frau aber tatsächlich Schulzeugnisse sehen wollen. „Damit ich nachweisen kann, dass ich Deutschunterricht hatte und der deutschen Sprache mächtig bin“, erinnert sich Cosar. Verstanden habe er es nicht: „Ich will ja keine Ausbildung zum Deutschen machen.“

Die Bezeichnung „Deutschtürke“ hingegen löst bei Cosar ganz andere Assoziationen aus. „Das bedeutet: Er ist jetzt Deutscher, aber früher …“, sagt Cosar und legt die Hand vor den Mund und flüstert: „war er Türke!“ Der Comedian spannt  einen Bogen zur Geschlechtsumwandlung. Es sei, als hätte jemand das Geschlechtsorgan von früher im Glas dabei und würde es jedem unter die Nase reiben, wenn man sich mit seinem neuen Namen vorstelle: „Jetzt ist das Özlem, aber früher war die Özlem der Özscan!“

Immer wieder spielt Cosar mit Klischees rund um die türkische Kultur und Bräuche. Den türkischen Aberglauben würden Deutsche meist mit Logik auseinander nehmen. Doch bei orientalischen Hochzeiten helfe Logik nicht mehr weiter: „Ich weiß auch nicht, warum bei türkischen Hochzeiten so viele Menschen sind.“ Wahrscheinlich wegen des halben Hähnchens, dass es dabei gibt, vermutet Cosar. „Bei Deutschen hat man eine Einladung, da ist alles schriftlich geregelt.“ Er selbst habe knapp 400 Leute zu seiner Hochzeit eingeladen. Es seien mehr als 1000 gekommen. „Bei einer türkischen Hochzeit in deiner Reichweite ziehst du dir einen Anzug an und gehst mit deiner Familie einfach rein, es gibt gratis Essen, dich kennt sowieso niemand. Wenn du neben einer Halle für die Feiern wohnst, hast du für dein Leben ausgesorgt.“

Bei den Tipps zu Beziehung, Ehe und Kindergeburt zünden die Gags aus dem Kreißsaal noch am Besten. Für einen Moment geht der Fluss aus der ersten Hälfte verloren, doch Cosar fängt sich wieder. Insgesamt packt der Stuttgarter das Publikum in der ausverkauften Festhalle in der ersten Hälfte mehr als in der zweiten. Trotzdem ist es ein gelungener Abend – mit dem Fazit, dass es für Deutsche und Türken gleichermaßen wichtig sei, einander kennenzulernen. Das Größte wäre für ihn, wenn Deutsche ihren Kindern nicht nur deutsche, italienische oder spanische Namen geben würden, sondern auch türkische. „Der Kleinste heißt dann Baklava, weil er bei der Geburt so süß war“, fantasiert Cosar mit schwäbischem Akzent.

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