Niederkrüchten Von Ochsen und fliegenden Glocken

Der Klängerclub Elmpt hat noch viele Geschichten zu erzählen. So viele, dass er jetzt die 22. Ausgabe seines Jahrbuchs herausgebracht hat. 23 Beiträge in Elmpter Mundart erinnern an längst vergangene Zeiten.

 Ochsen wurden noch im Jahr 1939 auf dem Hof der Familie Dohmen in Niederküchten für die feldarbeiteingesetzt.

Ochsen wurden noch im Jahr 1939 auf dem Hof der Familie Dohmen in Niederküchten für die feldarbeiteingesetzt.

Foto: Fam. Dohmen

Das waren noch Zeiten! Noch mehr als 50 Kleinbauern lebten und arbeiteten in Niederkrüchten nach dem Zweiten Weltkrieg. Manche im Nebenerwerb, manche für den eigenen Bedarf. Die Milch wurde noch in Kannen ausgeliefert und viele Bauern nutzten Ochsen als Zugtiere für die Arbeit auf den Feldern. „Und das war nicht immer ganz einfach“, sagt Karl-Heinz Achten.

Achten hat jetzt das neue Jahrbuch des Klängerclubs Elmpt herausgegeben. Sein Beitrag – wie alle auf Elmpter Platt – „Wii et vrööjer noch der Oas äs Träkkdeär joav“ (übersetzt: „Als es früher noch den Ochsen als Zugtier gab“) beschreibt Ochsen-Arbeit anschaulich und auch mit Augenzwinkern. Auch Theo Coenen, Vorsitzender des Vereins, kennt dies noch aus der eigenen Familie. 1939 wurden auf dem Hof der Familie Dohmen - dies war Coenens Mutter - noch Ochsen angespannt. Damit sich jeder die Vergangenheit besser vorstellen kann, ist das 60 Seite dicke Heft illustriert: Der Elmpter Herbert Markes hat zur bäuerlichen Geschichte einen Ochsen aufs Feld gestellt.

23 Beiträge wurden für die 22. Ausgabe des Jahrbuches ausgewählt und bearbeitet. Für alle, die das Elmpter Platt nicht beherrschen, gibt es zu jedem Text Erläuterungen. So erfährt der Leser etwa zum Gedicht „Dea eärschte Sonneschtroal“, dass unter „Sonneschtroal“ nichts anderes als der „Sonnenstrahl“ zu verstehen ist, das der „Mimmkgesschtruuk“ der Weidenkätzchenstrauch ist oder dass der „Kwekkevoarsch“ kein anderer als der Quakfrosch. Für das heimische Platt gebe es keine Rechtschreibvorschriften. Um den Dialekt überhaupt schreiben zu können, wird eine Lautschrift verwendet

Kann das Elmpter Platt also jeder verstehen? „Ja“, sind sich die Autoren des Jahrbuchs einig. Und geben gleich einen Tipp mit: „Am besten die Geschichten nicht still lesen, sondern murmeln“, sagen Karl-Heinz Achten und Theo Coenen. So werde der Inhalt verständlich. Marion Schouren, stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Niederkrüchten, machte bei der Buchvorstellung in Haus Hansen direkt den Praxistext - und stellte erfreut fest: „Das funktioniert.“

Längst vergessene Worte zu erhalten, den Alltag zu schildern und historische Gegebenheiten vor den Vergessen zu bewahren Das sind einige Gründe, warum sich die Mitglieder des Klängerclubs regelmäßig treffen. Aus diesen Treffen entstehen die Beiträge für die Jahrbücher. „Dabei wird durchaus auch gestritten“, schildert Theo Conenen. Manchmal heiße es dann: „Das war doch ganz anders“.

 Matthias Sieben hat etwa den Kindheitsglauben an die in der Karwoche nach Rom verreisten Kirchenglocken niedergeschrieben. Die Eltern erzählten, diese seien durch die „Olmesjaater“ (Schalllöcher) entschwunden. Anni Küskens erinnert an das Plätzchen backen mit der Mutter und den gern verzehrten Teig oder an Familienabende ganz ohne Fernsehen und Radio. Karl-Heinz Achten hat sich mit dem Fahrrad auseinandergesetzt – früher war es für frierende Damenhände noch mit einem wärmenden Muff ausgestattet. Wilhelm in der Smitten hat „alte Weisheiten“ gesammelt, Theo Coenen beschreibt den Genuss, den Äpfel für ihn darstellten: ob gepresst als Saft, getrocknet oder als leckerer Pfannkuchen. Christine Bors beschäftigt sich mit dem Phänomen der Grenzgänger, als dieses noch verboten war und natürlich auch mit den Wegen, wie dieses umgangen wurde. Trude Götz wirft einen humorigen Blick auf eine Heimkehr aus Afrika. Auch ein Betrag des verstorbenen Hubert Ramakers wurde aufgenommen.

Jetzt hoffen Autoren und Herausgeber auf einen guten Verkauf. Nicht unmöglich, denn viele frühere Jahrbücher sind heute vergriffen.

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