Viersen / Nettetal Mix aus Tradition und Moderne

Viersen / Nettetal · Zum 17. Tag der Architektur öffnen am kommenden Wochenende in ganz NRW wieder Privatleute, Unternehmen und Behörden ihre Türen, um wegweisende Bauwerke zu zeigen. Aus dem Westkreis sind drei Objekte dabei.

Ausflugsziele zum Tag der Architektur 2012
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Ausflugsziele zum Tag der Architektur 2012

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Das Haus von Andreas Hermanns besticht durch starke Kontraste.

Aus dem Kontrast zwischen Alt und Neu bezieht das Wohnhaus von Andreas Hermanns in Amern seinen Reiz. Architekt Bernd Wetzels hat an den kernsanierten Altbau mit klassischer Backsteinfassade aus den 1890er Jahren einen modernen Kubus mit einer Verkleidung aus sibirischer Lärche angedockt. Das Besondere: Verschiebbare Fensterläden aus dem gleichen Material dienen als Sonnenschutz und als Gestaltungselement.

Innen setzt sich auf knapp 160 Quadratmetern Wohnfläche das Spiel zwischen Tradition und Mo-derne fort. Die sachliche Innenein-richtung und eine klare Formensprache kontrastieren mit Details — beispielsweise Lichtschaltern aus Porzellan oder über 100 Jahre alten Zementfliesen, die vor dem gemütlichen Grundofen verarbeitet worden sind. Für den Besucher spürbar ist das angenehme Raumklima, dass durch ein Zusammenspiel verschiedener Komponenten erzeugt wird: Im Altbaubereich ist auf die alten Ziegelwände eine Dämmung aus Lehmputz aufgebracht worden. Ein Dekorputz aus gefärbtem Lehm rundet das Raumbild ab. Die Lehmdämmung ist diffusionsoffen — damit sich im Mauerwerk keine Feuchtigkeit bilden kann.

Das zentrale Element im bauphysikalischen Konzept ist die kontrollierte Wohnräumlüftung. In mehreren Räumen gibt es deshalb Zuluftschächte, elegant verkleidet mit einer lackierten Glasplatte. In den Feuchträumen wird verbrauchte Luft abgesaugt. Frischluft kommt durch ein langes Rohr, das Außenluft aufnimmt und durch das Erdreich in den Keller zur Lüftungsanlage führt. Die moderne Anlage tauscht dann permanent alte gegen frische Luft aus. Über einen Wärmetauscher wird die Abwärme der verbrauchten Luft genutzt. In der Praxis führt das dazu, dass Hermanns kaum die Fenster zum Stoßlüften öffnen muss — Kälte und Hitze bleiben draußen.

Das Besondere an dieser ausgeklügelten Konstruktion: Das Raumklima ist ganzjährig ausgeglichen. Egal, ob draußen 30 Grad plus oder zehn Grad minus herrschen. Im Winter sorgt darüber hinaus ein holzbefeuerter Grundofen für wohlige Temperaturen. Eine Tonne Schamott, die darin verbaut ist, speichert die Wärme und gibt sie nach und nach ab.

Nicht nur beim Lehmputz hat Hermanns auf natürliche Baumaterialien Wert gelegt. Auch im Badezimmer ist der Bereich um die Badewanne mit wasserfestem Kalkspachtelputz gestaltet. Auf dem Fußboden wurde zudem hochwertiges Steinöl in insgesamt fünf Arbeitsgängen in den geschliffenen Estrich einpoliert. "Das sieht faszinierend aus und ist absolut wasserdicht", betont Hausbesitzer Andreas Hermanns.

Glasfassade soll für mehr Weite sorgen

Oben gibt es Makkaroni, unten Mozart. Seit kurzem bietet das Werner-Jaeger-Gymnasium (WJG) kulinarische und musikalische Genüsse unter einem Dach. Der Neubau einer Mensa macht es möglich. Im Erdgeschoss genießen die Schüler sowohl das Mittagessen als auch den Blick durch eine 5,50 Meter hohe Glasfassade, während eine Etage tiefer Musik-Klassen oder das Schulorchester des Werner-Jaeger-Gymnasiums proben.

Damit die Musik nicht beim Essen stört und das Essen nicht bei der Musik, hat der von Architekt Klaus Ketels entworfene Neubau ein ausgeklügeltes Schallschutzkonzept. Im Essensraum sorgen Hirnholzparkett, eine Akustikdecke und eine Schallschutzwand aus Holz nicht nur für ein angenehmes Raumklima, sondern auch für einen selbst bei Vollbesetzung dezenten Geräuschpegel. In den beiden Musikräumen im Untergeschoss, die durch Abböschungen dennoch viel Licht abbekommen, ist eine hochabsorbierende Decke eingezogen. Zeitgleich sorgen gefaltete Holzwände für eine optimale Akustik. Da bleibt auf der oberen Etage selbst ein orchestrales Fortissimo nahezu unbemerkt.

Der Mensa-Neubau ersetzt die alte Turnhalle — ein Zweckbau von 1959 mit äußerst begrenztem archi-tektonischem Charme. Dagegen bildet die Mensa, die sich mit ihrer Glasfassade auch symbolisch nach außen öffnet, ein sehr attraktives Entree für alle Schüler am Werner-Jaeger-Gymnasium.

Neue Kantine mit Wohlfühl-Atmosphäre

Es gab Zeiten, da kam man sich als Gast der gut 1200 Quadratmeter großen Kreishaus-Kantine ziemlich verloren vor. Der riesige Speisesaal war selten gefüllt. Nicht minder imposant wirkte die Küche. "Hier hätten Sie Armeen verpflegen können", schmunzelt Kreis-Architekt Herbert Verlinden. Eine Etage höher ist der innenarchitektonische Charme der 1980er das kleinste Problem.

Die technische Ausstattung ist bescheiden. Beamer oder sonstige Präsentationstechniken müssen herangekarrt werden. Netzwerkanschlüsse fehlen. Das Problem mit dem Platz-Überangebot unten und dem Technik-Defizit oben hat der Kreis dank der Hilfe von Innenarchitekt Werner Dielen nun höchst elegant gelöst.

Der Besucher, der einst von der Weite der Kreis-Kantine erschlagen wurde, wird nun in einem kleinen Foyer mit Lounge-Atmosphäre empfangen. Ein großzügiger Flur, in dem eine Lichtdecke für angenehme Beleuchtung sorgt, führt in die neue Kantine, die nicht mehr Kantine heißt, sondern "Essbar".

Sie ist deutlich kleiner als vorher, wirkt aber durch eine raffinierte Deckenkonstruktion mit einer Kombination aus Strahlern und indirekter Beleuchtung trotzdem großzügig. Eine große Glasfront schafft Weite und gewährt Ausblick auf Mark di Suveros "New Star".

Der durch die Kantinen-Verkleinerung gewonnene Platz wird auf der anderen Seite des Flurs sinnvoll genutzt: Hier sind fünf Konferenzräume angeordnet, die durch Schiebewände je nach Bedarf verbunden oder getrennt werden können. Das Besondere: Die Schiebeelemente der Trennwände verschwinden diskret hinter einer Schrankwand.

Bauten in der Umgebung

Außergewöhnliche Bauten in der Stadt besichtigen, mit Architekten plaudern oder mit den Bewohnern durch die Häuser schlendern — dafür ist der 17. Tag der Architektur gedacht. Auch in Mönchengladbach und Krefeld können insgesamt 14 Bauwerke besichtigt werden.

Mönchengladbach An der Burggrafenstraße steht ein Mehrfamilienhaus in Holzbauweise von 1930, das von Architekt Daniel Finocchiaro auf Passivhausniveau erweitert wurde. Ein Bauwerk aus dem Jahr 1903, das im Krieg teilweise zerbombt und in den 50ern wieder aufgebaut wurde, kann in der Stadtmitte besichtigt werden. Und auch ein Blick in das 1913 errichtete und grundlegend sanierte Hauptgebäude des Maria-Lenssen-Berufskollegs (Werner-Gilles-Straße) lohnt sich. Ebenfalls sehenswert: Das "House of Fire" in Mennrath — eine ehemalige Lagerhalle, die zu einem Kaminstudio mit großem Showroom umgebaut wurde — und ein Wohnhaus mit abgeschrägter Eckausbildung in Beltinghoven.

Krefeld Zu den Highlights zählt die Manus Klinik in der alten Hauptpost. Das Besondere: Einzelne Raumzonen wurden farblich individuell gestaltet. Weitere Adressen: Die Kitas an der Raiffeisenstraße und in Hüls, das Einfamilienhaus Am Viefershof, der Spielhof an der Josefschule, das Gärtnerhaus in Bockum, das Feuerwehrhaus in Oppum und der Sinnesgarten im Altenheim "Haus im Park".

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