Prozess in Mönchengladbach Angeklagter: „Im Herzen bleibt sie mein Kind“

Viersen · Im Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 79 Fällen sagten die beiden Angeklagten zu ihrer Person aus. Seit ihrer Verhaftung unterliegen sie wegen möglicher Suizid-Gedanken einer Rund-um-die-Uhr-Video-Überwachung.

Der angeklagte Viersener am ersten Prozesstag am Landgericht Mönchengladbach. Am zweiten Prozesstag sagte er nun zur Person aus.

Der angeklagte Viersener am ersten Prozesstag am Landgericht Mönchengladbach. Am zweiten Prozesstag sagte er nun zur Person aus.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Im Prozess gegen einen Viersener und einen Krefelder wegen verschiedener Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern und Schutzbefohlenen sagten am zweiten Verhandlungstag beide Männer zu ihrer Person aus. Ihnen wird sexueller Missbrauch von Kindern in 79 Fällen vorgeworfen sowie die Herstellung, Verbreitung und der Besitz kinderpornografischer Schriften.

Laut Anklage habe der Viersener seit dem Jahr 2015 seine damals siebenjährige Nichte missbraucht, und dies teilweise im Beisein ihres 2011 geborenen Bruders. Der Angeklagte aus Krefeld soll seit 2016 die Besuche seiner zu diesem Zeitpunkt siebenjährigen Tochter dazu genutzt haben, sich an ihr zu vergehen. Die Angeklagten sollen sich 2017 in einem Pädophilen-Forum im Internet kennengelernt haben, sich nach einem ersten Treffen in Viersen laut Anklage wiederholt zum gemeinsamen sexuellen Missbrauch der beiden Mädchen verabredet haben. Beide Männer fertigten von ihren Übergriffen Fotos und Videos an, tauschten sie untereinander, aber auch mit anderen Männern aus.

In seiner Einlassung führte der 39-jährige Viersener aus, ledig zu sein und eine sechsjährige Tochter zu haben. Nach einer Ausbildung habe er sich für vier Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet, diese Zeit aber verkürzt und sich nach einer schweren Erkrankung des Vaters um den elterlichen Hof gekümmert. Der im Rollstuhl sitzende 39-Jährige gab an, unter Bluthochdruck, Magen- und Rückenproblemen zu leiden, aus diesen Gründen seit 2014 arbeitslos zu sein. In diesem Jahr sei seine Tochter geboren worden, deren Mutter sich ein halbes Jahr nach der Geburt von ihm getrennt habe. „Für mich war es ein Privileg, eine Familie zu haben, aber sie sah es wohl anders“, so der Angeklagte.

Der Angeklagte aus Krefeld (39) erklärte in seiner Einlassung, seit seinem vierten Lebensjahr an einem Tourette-Syndrom zu leiden. Aus diesem Grund sei er dreimal in der Grundschule sitzen geblieben, habe dann eine Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten besucht. Trotz verschiedener Fördermaßnahmen des Arbeitsamtes habe er immer nur kurze Jobs gehabt, sei „mehr arbeitslos“ gewesen, als dass er gearbeitet habe.

Befragt auf einen möglichen Drogenmissbrauch erklärte der Mann, häufig Marihuana konsumiert zu haben, um die Auswirkungen seiner Tourette-Erkrankung zu mildern. Von 2008 bis 2011 sei er verheiratet gewesen, die Tochter im Jahr 2009 geboren. Im Zuge der Vorbereitung der Verhandlung habe er durch seinen Verteidiger erfahren, dass er nicht der leibliche Vater des Mädchens sei. Er habe vorher bereits eine Ahnung gehabt, dass das Kind nicht von ihm sei, jedoch kein Geld für einen Vaterschaftstest. Dies sei ihm jedoch auch egal: „Im Herzen bleibt sie mein Kind, auch wenn ich sie nicht sehen darf.“ Seit seiner Verhaftung habe er nur noch mit seinem Vater Kontakt, alle anderen – Mutter sowie drei Geschwister – hätten sich von ihm abgewandt: „Ich kann es verstehen, nach dem, was ich getan habe.“

Beide Verteidiger erklärten, dass ihre Mandanten seit ihrer Verhaftung einer Rund-um-die-Uhr-Video-Überwachung unterliegen und baten um Abschaffung dieser Regelung. In beiden Fällen sei die Maßnahme mit möglichen Suizid-Gedanken begründet worden. Im Falle des Krefelders sei dies laut Kammer wohl auf eine frühere Aussage des Angeklagten zurückzuführen. Bei dem Viersener sei dies jedoch unbegründet, so der Verteidiger. Und der Viersener ergänzte: „Klar werde ich für meine Taten einsitzen, aber deshalb tue ich mir doch nichts an.“

Der nächste Verhandlungstag ist am 25. Mai, dann wird sich der Krefelder zu den ihm vorgeworfenen Taten äußern. Der Anwalt des Vierseners kündigte an, dann lediglich eine kurze Erklärung zu verlesen. Für die danach geplanten Prozesstermine ist dann eine Anhörung der Opfer geplant. Laut Kammer treten inzwischen alle drei Kinder als Nebenkläger des Prozesses auf.

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