Jazzfestival Viersen Großes Jazzorchester auf neuen Wegen

Viersen · Am Samstag kamen über 60 Musiker auf der Bühne zusammen: Das Metropole Orkest und das Donny-McCaslin-Trio beeindruckten nicht nur mit Lautstärke, sondern mit ihrem Programm.

 Volle Bühne, voller Sound: Donny McCaslin und das Metropole Orkest.

Volle Bühne, voller Sound: Donny McCaslin und das Metropole Orkest.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Am Ende applaudierte das Publikum in der Festhalle stehend – und bekam eine Zugabe. Doch eine richtige Begeisterung war in den anderthalb Stunden geballter Musik nicht aufgekommen, die Reihen im Saal waren nur gut zur Hälfte gefüllt. Dabei ist das Metropole Orkest aus den Niederlanden ein herrlicher Klangkörper. In den Niederlanden hat der amerikanische Tenorsaxophonist Donny McCaslin drei umjubelte Konzerte mit dem Metropole Orkest gegeben. Das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem führenden europäischen Pop- und Jazz­orchester und dem Trio von Donny McCaslin war beim Jazzfestival in Viersen zum ersten Mal in Deutschland zu erleben.

Auf dem Parkplatz vor der Festhalle stand nicht nur ein großer Reisebus, sondern ein eigener Sattelschlepper. Wenn rund 60 Musiker auf Tournee gehen, ist das ein Riesenaufwand. Und es war bereits eine Meisterleistung, so viele Musiker auf der auch wieder nicht so großen Bühne unterzubringen. Geleitet wurde das Orchester vom Briten Jules Buckley, der auf einem erhöhten Podest stand und nie den Überblick verlor. Mit knappen, aber präzisen Handbewegungen dirigierte er sein MO durch den Abend.

Zusammen mit Leiter Jules Buckley gelang es dem Trio aus Tenorsaxophonist Donny McCaslin, dem Gitarristen und Sänger Ryan Dahle und dem Keyboarder Jason Lindner, ein ganz aktuelles Programm auf die Beine zu stellen. Das hatte nichts vom herkömmlichen Big-Band-Sound, nichts von dramatischer Filmmusik oder unterhaltsamer Tanzmusik, sondern definierte neu, wie man einen solch wundervoll großen Klangkörper heute auf der Konzertbühne präsentiert.

Chefdirigent Jules Buckley gilt als musikalischer Erneuerer. Das Orchester, das bereits mehrfach den Grammy gewann, hat so eine neue Handschrift erhalten.

Beim amerikanischen Saxophonisten McCaslin muss man wissen, dass er durch seine Arbeit als Bandleader bei David Bowies letztem Album „Blackstar“ dieser Musik besonders verpflichtet ist. Auch nach dem Tode des britischen Sängers und Musikers Bowie 2016 geht der Saxophonist auf diesem Weg weiter. Einige Beispiele seiner eigenen Kompositionen spielte er jetzt zusammen mit dem Metropole Orkest. Besonders spannend war der „Dialog“ zwischen McCaslin und dem MO-Tenorsaxophonisten. Überhaupt überzeugten einzelne Orchestermusiker, wenn sie als Solisten zu hören waren, voll und ganz. Eine besondere Überraschung etwa war die Backgroundsängerin, die plötzlich nach einer Stunde mit einem Solo begeisterte.

Die Dramatik eines großen Klangkörpers eignet sich hervorragend, hymnische Songs zu performen, über denen der elegische Ton von McCaslins Saxophon schwebte. Vom kanadischen Sänger und Gitarristen Ryan Dahle hätte man gerne mehr gehört. Aber nach anderthalb Stunden war klar, dass MO und Donny McCaslin mit ihrer Zusammenarbeit auf einem spannenden Weg sind.

(hb)
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