Kultur in Viersen Die Nibelungensage als lebendiges Puppenspiel

Viersen · Unter der Regie des Autors Hans Jochen Menzel erzählte die Schäfer-Thieme-Produktion „Looking for Brunhild“ das Heldenepos in der Festhalle als lebendiges Kammerspiel mit Puppen.

 „Looking for Brunhild“ ist ein Marionettentheater.

„Looking for Brunhild“ ist ein Marionettentheater.

Foto: Looking for Brunhild

König Gunther ist nicht unbedingt der Mann, für den die Frauen Schlange stehen. Doch er begehrt die schöne und starke Brunhild, und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Am Ende sind alle tot – doch halt, was ist mit Brunhild? Im Kammerspiel mit Puppen der Schäfer-Thieme-Produktion wird sie zur Zeitzeugin der Nibelungensage. Ihr Blick zurück scheint Schulweisheiten zu verschieben, doch auch in ihrer Version geht es um Wahrheit, Liebe, Verrat und Tod.

Unter der Regie des Autors Hans Jochen Menzel erzählte die Schäfer-Thieme-Produktion „Looking for Brunhild“ das Heldenepos in der Festhalle als lebendiges Kammerspiel mit Puppen. Das Spiel ist angelegt als Zeitreise zwischen wissenschaftlichem Symposium und Vergangenheit. Puppenbauerin Suse Wächter hat jeder Figur charakteristische Züge verliehen. Veronika Thieme und Pierre Schäfer liehen unterschiedlichen Puppentypen in variantenreichen Abwandlungen ihre Stimme. Mit eigenen Händen führten sie die Gesten der unkonventionellen und armlosen Handpuppen aus. Die Puppenspieler agierten im Verborgenen, wie auch sichtbar, waren Handlanger der Puppen, die sie zum Leben erweckten, und Akteure.

Zentrale Bühne aber war das mächtige Schwert des Siegfried. Es wurde über variierte Positionen zum symbolisch aufgeladenen Schauplatz wechselnder Orte und Begegnungen. Ein darüber drapiertes Tuch deutete etwa das Schlafgemach der Brunhild und den verborgenen Kampfplatz beim Betrug von Gunther und Siegfried an ihr an. In diagonal aufsteigender Linie symbolisierte das Schwert den kurzen Triumph der Kriemhild über ihre Rivalin auf dem Weg zum Dom.

Die Inszenierung thematisierte die Wucht der tragischen Ereignisse, bezog aber auch grotesk komische Zwischentöne ein. Genial war der Auftritt des Professors als emotionaler Irrwisch, der, die Rolle des Moderators vergessend, die tragischen Ereignisse zu beeinflussen versucht. Einzeln, aber auch vereint gaben die Puppenspieler seinen Bewegungen unglaubliche Ausdruckskraft. Sein Körper schien sich zu krümmen, die an Stäben geführten Hände gestikulierten wild. Eine Besonderheit war ebenso die lebensgroße Figur der Zeitzeugin im Rollstuhl, die wie eine Patientin ins Geschehen gefahren wurde und auf Augenhöhe mit den etwa gleich großen Puppenspielern zu agieren schien. Mit dem Tod der Helden wurden deren Figuren zu leblos gestapelten Platzhaltern.

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