Viersener Künstler Emil Schult Der Mann, der Viersens Bahnhof schön macht

Viersen · Im Mai wird der Fußgängertunnel des Viersener Bahnhofs durch Hinterglasmalereien verschönert. Ein Atelierbesuch bei Emil Schult.

 Goldfarbene Silhouetten – Emil Schult in seinem Atelier vor der Hinterglasmalerei für den Fußgängertunnel des Viersener Bahnhofs.

Goldfarbene Silhouetten – Emil Schult in seinem Atelier vor der Hinterglasmalerei für den Fußgängertunnel des Viersener Bahnhofs.

Foto: Martin Röse

Gleich vorn am Eingang des Ateliers von Emil Schult hängt eine große Plexiglasscheibe. Auf deren Rückseite hat er die Schattenrisse von Viersener Wegmarken aufgetragen.  Ganz rechts zum Beispiel Anthony Craggs „Wirbelsäule“ aus dem Skulpturenpark, links daneben Georg Ettls „Starke Frau“. Aber auch das Weberdenkmal und die Irmgardiskapelle aus Süchteln sind zu sehen. Dieses insgesamt 5,40 Meter breite Werk soll in zwei Monaten an der Stirnseite im Fußgängertunnel des Viersener Bahnhofs die Reisenden begrüßen.

Das bemitleidenswerte Gebäude im Besitz der Deutschen Bahn ist trotz Neonleuchten ein Hort der Finsternis, ständig tropft Wasser von der Decke, läuft die beschmierten Wände herab, lässt Putz und Farbe abplatzen. Und Schult, der seine aus Düsseldorf anreisende Assistentin dort jeden Morgen abholte, war der Zustand vor zwei Jahren ein Dorn im Auge.

Er wandte sich an die Bürgermeisterin. Um ihr einen kreativen Vorschlag zu machen. „Eine Sanierung würde Millionen kosten“, sagt er. Statt auf Millionensanierung setzt Schult schlicht auf: Kunst. Hinterglasmalerei. „Unkaputtbar“, sagt der Künstler und klopft aufs Plexiglas. Schults Idee: Die Kunst verdeckt die feuchte Realität, genügend Abstand zur Belüftung der Wände ist eingeplant.

Wenn der Bahnhof die Visitenkarte einer Stadt ist, dann verleiht Schult ihr gewissermaßen die Goldkante. Denn in der Farbe des wertvollen Edelmetalls hat er die Silhouetten der Viersener Wegmarken gemalt. „Wenn der Raum anders gestaltet ist, benehmen sich die Menschen auch anders“, ist Schult überzeugt und reicht ganz nebenbei vier Kids von der Berliner Höhe, die bei ihm klopfen, Putzeimer, Handschuhe und einen Greifarm. „Wollt ihr den Parkplatz sauber machen?“ Später wird er ihnen ein paar Euro zustecken. Wenn der Raum anders gestaltet ist... „Deshalb ist in meinem Bild auch das Gold darin“, erklärt Schult – Mehr-Wert für den Bahnhof. Sein zweites Motiv ist eine Hommage an die Niers-Landschaft.

 Die Niers-Landschaft als Triptychon hinter Plexiglas für den Fußgängertunnel im Viersener Bahnhof: „Ich male rückwärts. Erst die Blätter, danach die Äste“, erklärt Emil Schult.

Die Niers-Landschaft als Triptychon hinter Plexiglas für den Fußgängertunnel im Viersener Bahnhof: „Ich male rückwärts. Erst die Blätter, danach die Äste“, erklärt Emil Schult.

Foto: Emil Schult

Vergangenes Jahr zeigte Schult der Bürgermeisterin seine Entwürfe, dann legte er los. Ohne irgendeine Finanzierungszusage. „Es ist ein Geben und Nehmen. Man kann nicht immer fragen: Was kann die Stadt für einen tun. Als Teil der Gemeinschaft muss man auch selbst was leisten“, sagt er. Gerade Kunst könne Orte verändern. Der „Bilbao-Effekt“ – die spektakuläre Architektur Frank O. Gehrys des Guggenheim-Museums zieht Touristen aus aller Welt an. „Ich weiß von Chinesen, die ihren Aufenthalt hier eine Woche verlängern, weil es ihnen so gut gefällt“, berichtet Schult. „Viersen muss sich nicht verstecken.“ In China nahm Schult vergangenes Jahr an der Beijing Media Art Biennale teil, er schwärmt von Shanghai, wo es im öffentlichen Raum Gelegenheiten gebe, eigene Werke beispielsweise am 3D-Drucker auszudrucken. In seinem Atelier stehen mehrere Macs, auch ein 3D-Drucker, aus denen Schult aktuell Mikrochip-Attrappen zaubert, für die Vorderseite seiner Hinterglasmalerei. Die wird so selbst zum 3D-Objekt.

Die moderne Technik treibt den 73-Jährigen um. Und an. Er studierte am Labor für Künstliche Intelligenz der Stanford-Universität. Das war 1979, als noch kein Normalsterblicher über künstliche Intelligenz sprach. Und vielleicht ist es auch kein Zufall, dass er sein Herz für die Hinterglasmalerei entdeckt hat, weil er dort gewissermaßen spiegelverkehrt arbeiten muss, gegen die Zeitläufte der Natur: Während die Weiden am Niers-Ufer zunächst die Äste ausbilden und dann die Blätter, musste er bei seinem Gemälde hinter dem Glas zunächst die Blätter auftragen, dann erst kamen die Äste.

Vom Ergebnis her denken – das macht Schult auch bei Viersen: bringt sich bei Open Art ein, will aber mehr: Wie wär’s mit einem Pavillon in Bahnhofsnähe, der auf die Kunst in Viersen hinweist? Warum nicht ein Symposium für Robotik in Viersen ausrichten – tolle Firmen hier gibt’s genug. Der Bahnhofstunnel ist für Schult erst der Anfang.

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