Corona-Krise im Kreis Viersen Wie Corona die Wirtschaft leiden lässt

KREIS VIERSEN · Mehr als 9000 Unternehmen im Kreis Viersen nahmen die Corona-Soforthilfe in Anspruch. Dennoch sehen die Firmen die Lage so schlecht wie zuletzt bei der Finanzkrise 2009. Die Wirtschaftsförderung des Kreises bietet Hilfe an.

 Mehr als 100 Anrufe und E-Mails am Tag erhielten Thomas Jablonski und sein Team von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kreis Viersen.

Mehr als 100 Anrufe und E-Mails am Tag erhielten Thomas Jablonski und sein Team von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Kreis Viersen.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Es sind die Nachwirkungen des coronabedingten Lockdowns: Aktuell melden im Kreis Viersen nur noch 20 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage, 45 Prozent bezeichnen ihre Situation als schlecht. Das ist das Ergebnis einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein.

Der Lageindikator – die Differenz des Anteils der „gut“- und der „schlecht“-Antworten – liegt mit einem Minus von 25 Punkten etwas oberhalb des Schnitts der Region, die auf einen Wert von minus 27 Punkten kommt – das ist so schlecht wie zuletzt im Spätsommer 2009. „Die Erwartungen der Betriebe im Kreis Viersen sind ebenfalls pessimistisch“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Nur 19 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten, aber 49 Prozent mit einer weiteren Verschlechterung. „Wie tiefgreifend und anhaltend die Wirtschaftskrise ist, lässt sich zurzeit noch nicht abschätzen“, erklärt Steinmetz. „Auch ob der Tiefpunkt bereits erreicht ist, lässt sich momentan noch nicht sagen.“ Insbesondere der Export leide momentan. „Der Industrie sind die Aufträge aus dem Ausland weggebrochen“, analysiert Steinmetz. „75 Prozent der exportorientierten Industriebetriebe berichten über einen Rückgang der Bestellungen aus dem Ausland.“

Knapp 21 Prozent der Betriebe im Kreis Viersen rechnen mit einer Reduzierung der Mitarbeiterzahlen in den kommenden zwölf Monaten, nur jeder zwölfte möchte Beschäftigung aufbauen. In der Region ist das Verhältnis noch etwas ungünstiger. „Im Vergleich zu vorherigen Wirtschaftskrisen zeigt sich allerdings, dass mehr Unternehmen ihren Mitarbeiterstamm halten möchten. Das Instrument der Kurzarbeit hat darauf einen großen Einfluss“, so Steinmetz.

Während des Corona-Lockdowns hat auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Kreises dazugelernt und umgeschaltet. Denn als der Ansturm auf die vom Bund in Aussicht gestellten Fördergelder kam, „haben wir sofort alle Mitarbeiter darin geschult und konnten so aus dem Stand reagieren“, berichtet WFG-Geschäftsführer Thomas Jablonski in einer ersten „Corona“-Zwischenbilanz. Denn mehr als 100 Anrufe und Mails pro Tag seien auch für die WFG ungewöhnlich. Dass die Beratung erfolgreich war, folgert Jablonski aus zahlreichen Dankschreiben, die die Gesellschaft erhielt.

Sie wurde aber auch zum Kummerkasten, denn oft riefen verzweifelte Menschen an, die um ihre Existenz bangten, oder auch Frust abladen wollten. Vor allem den Inhabern und Pächtern von Gastronomie- und Tourismusbetrieben „stand das Wasser bis zum Hals“, sagt Jablonski.

Insgesamt haben im Kreis 9162 Unternehmen die Corona-Soforthilfe des Landes in Anspruch genommen. Jablonski wertet diese Beträge zwischen 9000 und 25.000 Euro als eine „sehr gute Unterstützung, auch wenn es im Verfahren an einigen Stellen geknirscht hat“.

Für Jablonski bringt das Konjunturpaket der Bundesregierung nun „wichtige Impulse“ und schaffe Anreize für Investitionen. Das Verarbeitende Gewerbe wird seiner Meinung nach von der seit 1. Juli geltenden Mehrwertsteuersenkung profitieren.

Der WFG-Geschäftsführer lobt die gute Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsförderern in Städten und Gemeinden. „Ohne ihre Unterstützung wäre die Beratung nicht zu leisten gewesen“, sagt Jablonski. Auf diese Synergieeffekte werde man auch in Zukunft setzen – ebenso wie auf die Zusammenarbeit mit der IHK und der Standort Niederrhein GmbH. Um den Unternehmen noch mehr Service bieten zu können, will die WFG auch die Zusammenarbeit mit den umliegenden Hochschulen intensivieren.

Ob der durch die Corona-Beschränkungen gepushte Trend zu Video-Konferenzen anhalten werde, bleibe abzuwarten. Auf jeden Fall wurde in vielen Betrieben digital aufgerüstet, auch bei der WFG.

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