Geschichte des heutigen Kreises Viersen Das Kreuz - ein Zeichen des Widerspruchs

Kreis Viersen · Der Stadtdechant in Düsseldorf bat 1939 den Oberbürgermeister, die aus den Schulen entfernten Kruzifixe den Pfarrgemeinden zur Aufbewahrung zu geben. Ohne Erfolg. Der Oberbürgermeister lehnte ab.

 In der NS-Zeit mussten die Kreuze in den Schulen entfernt werden (Symbolbild).

In der NS-Zeit mussten die Kreuze in den Schulen entfernt werden (Symbolbild).

Foto: dpa/Martin Gerten

Das Kreuz als Zeichen des Widerspruchs ist schon biblisch vorhergeahnt. Paulus schrieb der Gemeinde in Korinth: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft“. Von der Prophezeiung für Kaiser Konstantin vor der Schlacht an der Milvischen Brücke 312 „In hoc signo vinces“ (In diesem Zeichen wirst Du siegen), über den revolutionären, auch hierzulande ab 1794 tobenden Bildersturm der Franzosen gegen alle Kreuze in der Öffentlichkeit bis zum gegenwärtigen Streit um das Kreuz auf dem Berliner Stadtschloss, zeigte und zeigt sich immer wieder in der Geschichte die trennende und vereinende Symbolkraft des Kreuzes.

Am 8. Juni 1939 sandte der Kempener Landrat folgende vertrauliche Verfügung der Geheimen Staatspolizei Düsseldorf (AZ: II B 1 /80,10/Böhmer.) „zur gfl. Kenntnis und Beachtung“ an die Bürgermeister des Kreises: „Der Stadtdechant in Düsseldorf ist an den hiesigen Oberbürgermeister mit dem Ersuchen herangetreten, die mit der Einführung der Deutschen Schule in der Rheinprovinz aus den bisherigen katholischen Schulen entfernten Kruzifixe den katholischen Pfarrgemeinden zu treuen Händen zu überweisen, damit diese für würdige Aufbewahrung derselben Sorge tragen, bis sie einmal wieder ihren Einzug in die Schule halten werden. Dieses Ansinnen ist selbstverständlich vom Oberbürgermeister abgelehnt worden. Ich bitte, die in Frage kommenden Stellen von dem Vorhaben des hiesigen Stadtdechanten in geeigneter Weise zu unterrichten und darauf hinzuwirken, dass auch dort bei derartigen Anträgen entsprechend zu verfahren ist. Über einschlägige Feststellungen bitte ich mir zu berichten.“ Die Häme und die Triumphgebärde, die zwischen den Zeilen aus dieser Verfügung spricht, waren typisch für den seinerzeitigen Umgang des NS-Regimes mit der Kirche. Aber der Kampf der Nazis um die Schulen war noch längst nicht gewonnen.

Der Kreisleiter der NSDAP, Heinrich Niem, hat 1938 rückblickend festgestellt: „Der Verwirklichung des harmonischen Dreiklangs der Erziehungsfaktoren des deutschen Menschen: Partei, Elternhaus und Schule sind wir manchen Schritt näher gekommen. Wir alle wissen, dass der zukünftige Erzieher weltanschaulich eindeutig uns nur in seltenen Ausnahmefällen zur Verfügung steht. Ich stelle hierzu fest, dass die Schulbehörden in Erkenntnis dieser Tatsache und der Notwendigkeit des Zusammenwirkens mit der Partei, deren Wünsche in der Besetzung der Schulleiterstellen freudig Rechnung tragen.“

Auch anderenorts ließen die Nazis in dieser Schrift durchblicken, wie schwer ihre weltanschauliche Position war, die sie am Ende nur mit Drangsalierung und Unterdrückung durchsetzen konnten. Über Waldniel schrieben sie 1938: „Es bleibt noch viel zu tun und wird auch noch vieler Mühe bedürfen, die Waldnieler Volksgenossen zu überzeugten Nationalsozialisten zu erziehen.“

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