Kreis Viersen Konsens nach Wulff gesucht

Kreis Viersen · Politiker aus dem Kreis Viersen empfinden nach dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff Erleichterung und Respekt. Jetzt müsse ein Konsenskandidat gefunden werden, hieß es gestern.

Der Bundestagsabgeordnete des Kreises Viersen, Uwe Schummer (CDU), ist erleichtert über den Rücktritt des Bundespräsidenten. "Es ist die Vermengung von Privat und Staat, die nicht passte. Trotz mehrfacher Bitte der Kanzlerin konnte oder wollte Christian Wulff nicht frühzeitig reinen Tisch machen", meint der Neersener. Er sieht aber auch "sich gegenseitig verstärkende politische Fehler". Mit Horst Köhler sei erstmals ein Bundespräsident in einen Wahlkampf gezwungen worden. Diese Parteipolitisierung habe er nicht mehr abschütteln können. "Höhepunkt war, als Herr Trittin ihn im ,Spiegel' mit Lübke verglich von dem heute bekannt ist, dass er am Ende seiner Amtszeit dement war."

Nach Köhlers Rücktritt habe es die Erwartung gegeben, ein Politprofi müsse das Amt übernehmen. Im Nachhinein sei das eine Fehleinschätzung gewesen. Schummer folgert: "Alle Parteien haben an der Demontage des Amtes mitgewirkt. Jetzt haben wir die Pflicht, eine überzeugende und von einer breiten Mehrheit getragene Lösung anzubieten." Der Kandidat oder die Kandidatin müsse nicht der CDU angehören, aber "Kittwirkung in der Gesellschaft" haben. Wichtig sei jetzt "Innehalten und Durchatmen, das, was nach Köhlers Rücktritt hätte passieren müssen".

Udo Schiefner, SPD-Kreisvorsitzender und Kreistagsfraktionschef aus Kempen, sieht im Rücktritt Wulffs "die richtige Konsequenz auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen". Das Amt des Bundespräsidenten sei mit keinem anderen politischen Amt zu vergleichen. Daher begrüßt Schiefner den Schritt: "Sonst wäre ein noch größerer Schaden entstanden." Zwar habe das Amt Kratzer bekommen, die aber eine geeignete Persönlichkeit weg polieren könne: "Die unrühmliche Wulff-Geschichte wird eine kleine Episode sein." Schiefner plädiert dafür, nun in Ruhe eine "Konsens-Persönlichkeit" für die Nachfolge im Berliner Schloss Bellevue zu suchen. Geeignete, weithin anerkannte Personen mit Lebenserfahrung und Integrität könnten sowohl aus dem gesellschaftlichen Leben kommen als auch aus der aktiven Politik. Namen sollten aber nicht schon jetzt gestreut werden.

Der CDU-Kreisvorsitzende Dr. Marcus Optendrenk sagte: "Wie viele andere Parteimitglieder bin ich traurig, dass es zu diesem Rücktritt kommen musste. Nach den letzten Entwicklungen war er aber unvermeidlich, um Schaden vom Amt des Bundespräsidenten abzuwenden."

Für die Sprecherin der Grünen im Kreis Viersen, Marianne Lipp, war Wulffs Rücktritt längst überfällig. "Er hätte sich und vor allem dem Amt einen mit einem frühzeitigen Rücktritt einen Gefallen getan. Nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Immunität gab es für ihn keinen anderen Weg mehr. Für die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel ist das ein Hammer. Nach Guttenbergs quälend langem Rücktrittsgefecht hat nun ein anderer, der auch hoch in ihrer Gunst steht, vergeblich versucht, etwas auszusitzen. Die Kanzlerin hat wohl schlechte Berater oder kann andere Menschen nicht gut einschätzen."

"Nachvollziehbar" ist Wulffs Schritt aus Sicht des FDP-Bezirksvorsitzenden am Niederrhein, Dietmar Brockes. Der Brüggener Landtagsabgeordnete zeigte sich gestern "ganz froh, dass die Diskussion jetzt ein Ende nimmt. Das Amt hat in den vergangenen Wochen deutlich Schaden genommen. Die Debatte war schwerwiegend, und ich sah kein Ende mehr, zumal immer neue Geschichten auftauchten." Es sei ein Fehler gewesen, scheibchenweise aufzuklären und nur das zuzugeben, was andere schon herausgefunden hätten. "Für den Rücktritt empfinde ich zugleich auch Respekt. Das ist nie leicht", sagte Brockes. Frage des Tages

(RP)
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