Viersen Kommen die Tolkemiten nicht mehr in Kaldenkirchen zusammen?

Viersen · War das 42. Schlabbertreffen in Kaldenkirchen das letzte dieser Art? Zumindest war es so angekündigt. Und immerhin sind noch 42 Tolkemiter und deren Angehörige gekommen.

 Das zeitlich nicht datierte Foto zeigt die Elbinger Straße in Tolkemit. Die Bilder stellte Lena Friedrichs aus einer Sammlung Tolkemiter Ansichten zur Verfügung, die als Buch erschienen ist.

Das zeitlich nicht datierte Foto zeigt die Elbinger Straße in Tolkemit. Die Bilder stellte Lena Friedrichs aus einer Sammlung Tolkemiter Ansichten zur Verfügung, die als Buch erschienen ist.

Foto: BUSCH

"Die kleine Stadt am Frischen Haff 1296 bis 1996" - diese Fahne hing im Saal "Zur Mühle". Sie erinnerte an die damalige Siebenhundertjahrfeier. Kurt Friedrich und seine Ehefrau Lena, geborene Gande (Lobberich), hatten sie aufgehängt. Dort hatte in den Tagen zuvor das Telefon nicht stillgestanden, denn die Telefonnummer war im Ermlandbrief angegeben worden, um sich anzumelden. Auch jetzt steht sie zur Verfügung, wenn sich Tolkemiter melden wollen, um ihre Meinung zu äußern, ob und wie die Treffen weitergeführt werden sollen.

Schwester Katharina Rolanda (88), als Margarete Trautmann in Tolkemit geboren, schlug als Alternativtreffpunkt das Kloster der Katharinenschwestern in Xanten vor, wo sie lebt. Vieles jedoch spricht für Kaldenkirchen, da sich dort die Tolkemiter Straße mit Gedenkstein und Anker befinden. Man gedachte der unlängst verstorbenen Maria Engels geboren Bendrin, die mit Hilfe des Bürgervereins Kaldenkirchen die Straßenbenennung initiiert hatte. Christa Mookherjee (74), geborene Trautmann, ließ zur Sicherheit eine Anschriftenliste rundgehen, um keinen Kontakt zu verlieren. Sie sprach von besonderen Anlässen bei diesem Treffen: "Nach den Wirren des Kriegs 1946 fanden ungefähr 600 Tolkemiter eine Zuflucht am Niederrhein. Es sind mehr als 40 Jahre her, dass die Tolkemiter sich organisiert an verschiedenen Orten getroffen haben, heute zum 42. und vielleicht letzten Mal in Kaldenkirchen."

Man erinnerte sich an den in Tolkemit geborenen Reinhard Krahnke aus München, der die Flucht und die Gründung des Vereins "Freunde des Frischen Haffs" beschrieben hat - mit erschütternden Berichte aus dem Jahr 1945: Sein Großvater musste auf einem Stuhl Platz nehmen, er auf einem Hocker. Maschinenpistolen waren schon gezogen. Großmutter, Mutter, Bruder, Tanten und deren Kinder schrien, als ein Kommissar im letzten Moment eingegriffen habe. "Als sich die Russen dann zurückzogen, konnten wir flüchten. Über das Eis des Frischen Haffs konnten wir und an die zehn Kilometer entfernte Frische Nehrung retten. Viele Menschen verloren auf dem Eis ihr Leben."

Lena und Kurt Friedrich schenkten dem Chronisten ein Buch, packten später die Fahne wieder ein, in der Hoffnung, dass sie im nächsten Jahr beim Treffen der Tolkemiter, wieder aufgehängt werden kann - wo auch immer das stattfinden wird

(sa)
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