Serie Herausforderung E-Commerce (9) Klein & fein - wie Geschäfte sich behaupten

Viersen · Wir sprachen mit Inhabern, die sich lange mit ihrem Geschäft behaupten. Online-Shops haben sie nicht: Zu aufwendig, lautet das Urteil

 Spezialangebot italienische Feinkost: Aldo (l.) und Fabian de Cassan sind waschechte Italiener. Ihr Geschäft (Seilbahn 40) in Uerdingen gibt es seit zwei Jahrzehnten.

Spezialangebot italienische Feinkost: Aldo (l.) und Fabian de Cassan sind waschechte Italiener. Ihr Geschäft (Seilbahn 40) in Uerdingen gibt es seit zwei Jahrzehnten.

Foto: Strücken

Der stationäre Einzelhandel behauptet sich dort am besten, wo individuelle Konzepte mit Service gepaart sind - wir stellen vier Geschäfte vor, die dies erfolgreich praktizieren. Alle präsentieren ihre Geschäfte im Internet, alle beteiligen sich auch an der Vorteilswelt der Sparkasse, aber keiner hat einen Onlineshop: Zu aufwendig, lautet das einhellige Fazit. Außerdem fehlt dabei etwas, das zentral zum Konzept gehört: Beratung.

 Ralf Brender setzt mit seinem Spielzeuggeschäft Hüüldopp (Evertsstraße 30) auf Spielzeug abseits vom Mainstream.

Ralf Brender setzt mit seinem Spielzeuggeschäft Hüüldopp (Evertsstraße 30) auf Spielzeug abseits vom Mainstream.

Foto: Strücken Lothar

Das Fahrradgeschäft "Zweirad Burbach" behauptet sich seit 25 Jahren am Markt. Wie bei vielen Fachhändlern liegen die Stärken des kleinen Unternehmens bei Wartung und Service. "Das Internet kann nicht reparieren", sagt Inhaber Uwe Burbach lächelnd. Er ist 60 Jahre alt und in der Sportszene bekannt als Radsportler, der große Straßenrennen wie "Rund um Köln" oder "Rund um Dortmund" gewonnen hat. "Ich bin über den Radsport zum Fahrradhandel gekommen", sagt er, "nach dem Ende meiner aktiven Karriere habe ich das Fahrradgeschäft eröffnet." Über eine Internetseite verfügt er seit zehn Jahren; der Aufwand für die Pflege der Seite hält sich in Grenzen. "Ich hab sie damals machen lassen; das hat viel Geld gekostet, aber ich bin sehr zufrieden." Er hat keinen Online-Handel; er präsentiert die Kataloge seiner Lieferanten; Kauf und Beratung erfolgen im Geschäft. Aktuelle Angebote präsentiert er über Facebook - "diese Seite pflegt meine Frau".

 Norbert Pohl von "Ausgesuchte Weine" verfügt in seinem Geschäft am Hohen Haus unter anderem über ein fabelhaftes Ambiente.

Norbert Pohl von "Ausgesuchte Weine" verfügt in seinem Geschäft am Hohen Haus unter anderem über ein fabelhaftes Ambiente.

Foto: Strücken Lothar

Norbert Pohl ist seit 32 Jahren mit seinem Geschäft "Ausgesuchte Weine" in Krefeld vertreten. Er hat ein Geschäft am Hohen Haus und eins in Fischeln. Er behauptet sich neben Discountern, den großen Weinketten und dem Internethandel mit einem individuellen Profil: Er ist gelernter Weinbau-Ingenieur, war zwei Jahre Kellermeister in der Toscana und reist heute kreuz und quer durch die Weinanbaugebiete Europas. Dort kauft er Weine, die ihn überzeugen. "So setzen wir uns von den großen Filialisten ab." Er setzt auf Beratung, Service und Kundenbindung. "Die Leute kommen mit ihren Menüs und suchen dazu den passenden Wein. Sie können bei uns probieren und sich beraten lassen." Dazu kommt besonders in dem Gebäude am Hohen Haus ein einmaliges Ambiente.

Pohl präsentiert sein Angebot auch im Internet. "Wir haben einen Internetauftritt, aber keinen Internetshop; dafür müsste man sehr viel Geld in die Hand nehmen." So präsentiert er Weine und Termine. "Man muss die Seite schon pflegen, aber die Arbeit frisst einen nicht auf", resümiert er; er arbeitet dazu mit zwei Agenturen zusammen, die die Seite technisch und stilistisch betreuen. Daneben arbeitet er auch mit anderen Marketinginstrumenten, mit Printprodukten wie Flyer oder mit Veranstaltungen wie einer jährlichen Weinmesse, bei der seine Kunden bis zu 40 Winzer kennenlernen können. Das Konzept geht auf - seit mehr als drei Jahrzehnten.

Seit 28 Jahren ist Ralf Brender mit dem Spielzeuggeschäft Hüüldopp erfolgreich. "Wir halten uns aus dem Mainstream 'raus, wir konzentrieren uns auf wirklich gutes Spielzeug", beschreibt Brender seinen Ansatz. Bestimmte Formwelten lässt er ganz außen vor - "der ganze Monsterquatsch" nennt er das. Er setzt auf Qualität und hat sich etwa dem "Arbeitskreis Richtiges Spielzeug" angeschlossen. Seit einigen Jahren ist er mit einer eigenen Homepage im Internet vertreten; auch Facebook nutzt er. "Das will schon gepflegt sein", sagt er, betont aber wiederum, dass es einen nicht auffrisst. Das wäre anders, wenn er darüber hinaus einen Onlineshop einrichten würde. "Der Aufwand dafür wäre noch mal so groß wie der für das Geschäft", sagt er; zudem ist der Aspekt Beratung nur stationär im Geschäft umzusetzen. Familiengeschichte hat der italienische Wein- und Feinkosthändler de Cassan in Uerdingen zum Kriterium seines Geschäfts gemacht: Die italienische Familie konzentriert sich auf Produkte aus Italien. Vater Aldo hat das Geschäft vor 19 Jahren aufgebaut; Sohn Fabian arbeitet seit einigen Jahren mit - als Sommelier ist er Fachmann besonders für Weine. "Wir haben unser Portfolio systematisch auf Reisen durch Italien erweitert. Heute führen wir 200 italienische Weine, 70 Grappa und Liköre, Olivenöle, Antipasti und Espresso." Alles aus Italien, alles selbst verkostet und ausgesucht. Auch de Cassan hat eine Internetseite, aber keinen Internetshop. Noch sei das zu teuer und zu aufwendig, sagt auch er. Und auch bei ihm gilt: Die Beratung im Geschäft kann den Online-Klick nicht ersetzen.

(RP)
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