Veranstaltungs-Tipp Kleiderwunder: Als Krefeld chic war

Viersen · Das Deutsche Textilmuseum in Krefeld erinnert ab Sonntag in einer Ausstellung an deutsche Couture der 50er-, 60er- und 70er-Jahre — und Couturier Werner Lauer

 Isa Fleischmann-Heck (l.) und Anette Schieck vom Textilmuseum präsentieren Jackenkleider aus den 60er-Jahren.

Isa Fleischmann-Heck (l.) und Anette Schieck vom Textilmuseum präsentieren Jackenkleider aus den 60er-Jahren.

Foto: Thomas Lammertz

Wer 1950 an der Villa Kaiserstraße/Ecke Hüttenallee in Krefeld vorfuhr, der war gut betucht. Hier hatte Werner Lauer sein Atelier, die Geschäfts- und Vorführräume. Hier erfüllten sich die Damen der Gesellschaft ihre Träume aus Seide, Samt, Satin und feinster Wolle. Zunächst waren es nicht die Krefelderinnen, sondern die Gattinnen vermögender Fabrikanten und Politiker im Lande, die sich in Bockum einkleiden ließen. Denn die Kaiserstraße war eine erste Adresse für die hochwertige Mode von Lauer-Böhlendorff. Cocktailkleider, Nachmittags-Ensembles, seidene Capes und glitzernde Abendroben zu gehobenen Preisen trugen das Etikett aus Krefeld. Werner Lauer gehörte zu den wichtigsten Modemachern Deutschlands.

"Wie viel so ein Kleid gekostet hat, können wir leider nicht sagen, die Preise sind verschlüsselt", sagt Isa Fleischmann-Heck. Die stellvertretende Direktorin des Deutschen Textilmuseums ist Kuratorin der Ausstellung "Deutsche Couture - Kleiderwunder der 50er- bis 70er-Jahre", die am Sonntag, 5. November, um 11 Uhr in der Museumsscheune, Albert-Steeger-Straße, eröffnet wird. Bis zum 18. Mai können Besucher durchs Textilmuseum wie durch ein Modejournal flanieren, das die spannendsten drei Jahrzehnte der Fashion-Branche spiegelt: Zu keiner anderen Zeit gab es so schnell so viele wichtige Stilveränderungen und Entwicklungen.

In den Fünfzigern revolutionierte Dior die Mode mit seinem New Look, in den Sechzigern traten die synthetischen Fasern ihren Siegeszug mit knalligen Farben und Lurex an, in den Siebzigern gab es die absolute Freiheit von Maxi bis Mini, mit Hot Pants und kunterbunten Hosenanzügen für Frauen.

Es ist die erste Schau in Deutschland, die sich dem schöpferischen Werk von Werner Lauer widmet. Lauer war gebürtiger Berliner. Von 1933 bis 1945 war er dort Mitinhaber eines Couturehauses. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich Berlin erst wieder als Modezentrum neu erfinden - mit so wohlklingenden Namen wie Uli Richter und Heinz Oestergaard. Zeitgleich bildeten sich im Rheinland und Ruhrgebiet wirtschaftlich starke Modezentren, besonders für Damenoberbekleidung. Mit der "igedo" kam 1948 ein Magnet nach Düsseldorf. Mehrmals jährlich trafen sich hier nun Einkäufer, Händler und Couturiers. "Davon hat Krefeld stark profitiert", sagt Fleischmann-Heck.

Auch Lauer war der Trend nicht entgangen. 1947 gründete er mit Ehefrau Emmi das Couturehaus Lauer-Böhlendorff an der Kaiserstraße. Während der Blockade Berlins wurde es zum wichtigen Umschlagplatz auch für Lauers Kollegen aus der Metropole. "Krefeld war damals ranggleich mit Berlin, Lauer-Böhlendorff steht in einer Reihe neben den Couture-Häusern Heinz Oestergaard, Uli Richter, Staebe-Seger, Hans W. Claussen, Elise Topell und Susanne Erichsen", sagt die Kuratorin.

1951 verlagerte Lauer sein Unternehmen in die Oetker-Villa an der Hohenzollernstraße, 1954 zog er an den Friedrichsplatz 18. Zu der Zeit gehörten auch die Krefelderinnen zu seinem Kundenstamm, trugen feine Seide, Samt und Pelz - und auch mal extravagante Farbe. Couturiers wie Lauer ließen sich von den Laufsteg-Ideen aus Paris inspirieren und machten sie tragbar.

Das Museum zeigt überwiegend Mannequin-Modelle, nach denen die Kundinnen ihr Wunsch-Outfit in Auftrag geben konnten. Viele haben Size Zero, aber auch Größe 40 war damals Model-tauglich.

Petra Diederichs

(RP)
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