Karneval im Kreis Viersen Drei Karnevalszüge stehen auf der Kippe

Kreis Viersen · Wegen der Prognose von Sturmböen wird am Sonntag entschieden, ob die Züge in Nettetal und Niederkrüchten stattfinden. Vereinzelt wird der Terror von Hanau Thema. In Viersen hatte die Polizei Altweiber weniger zu tun.

 Polizisten am Alten Markt in Dülken: Dort feierten vor allem junge Leute an Altweiber.

Polizisten am Alten Markt in Dülken: Dort feierten vor allem junge Leute an Altweiber.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Der rassistische Terroranschlag in Hanau beschäftigt auch die Karnevalisten in der Region. Für den Zug in Viersen kündigt Frank Schiffers, Senatspräsident des Festausschusses Viersener Karneval, an: „Bevor am Sonntag der Zug an der Dülkener Straße startet, werde ich eine kleine Rede halten und der Opfer gedenken.“ Voraussetzung ist natürlich, dass der Tulpensonntagszug nicht wetterbedingt abgesagt wird. Aktuell meldet der Deutsche Wetterdienst für NRW frischen Südwestwind mit stürmischen Böen, am Sonntagmittag und Nachmittag strichweise Sturmböen. Sollte es eine Sturmwarnung für Sonntag geben, würde sich um 6 Uhr ein Krisenstab unter anderem mit Vertretern von Ordnungsamt und Polizei treffen. „Dann würden wir gemeinsam beraten“, sagt Schiffers.

Der Tulpensonntagszug in Nettetal ist bis jetzt noch nicht vom Ordnungsamt der Stadt genehmigt worden. Dort will man bei der Stadt erst am Sonntag um 9 Uhr entscheiden, ob der Zug stattfinden kann oder abgesagt wird, hieß es am Freitag aus dem Rathaus. Das wird von den dann aktuellen Wetterprognosen abhängig gemacht. An Altweiber spielte das Wetter noch mit. Sogar die Ehrenrunde von Prinzessin Silvia I. auf der Feuerwehrleiter war gefahrlos möglich. Und die Möhnen und ihre Gäste konnten im Innenhof des Rathauses relativ geschützt feiern.

In Brüggen-Bracht ist der Zug am Samstag, 14.11 Uhr, terminiert. Dafür haben sich Zugleiter Franz-Josef Knops und Bürgermeister Frank Gellen (CDU) überlegt, in welcher Form sie auf den Terroranschlag von Hanau eingehen werden. „Die beste Gelegenheit wird sich bei der gemeinsamen Moderation vor dem alten Bürgermeisteramt ergeben“, meint Knops. Mit einer Schweigeminute würde man nicht alle Feiernden im gesamten Zug erreichen; dies sei für beide keine adäquate Möglichkeit, um der Toten zu gedenken.

In Niederkrüchten wird es beim Tulpensonntagszug kein spezielles Gedenken für die Toten von Hanau geben, kündigt Jan Sevenich, erster Vorsitzender des ausrichtenden „Vereins zur Förderung des Brauchtums Karneval in Niederkrüchten“, an. Stattdessen werde der Terroranschlag von Diakon Johannes Gillrath bei der „Messe der Freude“ thematisiert. Diese beginnt am Samstag, 22. Februar, um 18 Uhr in der katholischen Pfarrkirche St. Bartholomäus in Niederkrüchten. Ob das angesagte stürmische Wetter den närrischen Lindwurm durch Niederkrüchten verhindern könnte, wird sich erst am Sonntag um 12 Uhr entscheiden. Dann treffen sich Zugleitung, Ordnungsamt und Polizei zu einer Lagebesprechung und werden entscheiden, ob der Zug stattfinden kann.

An Altweiber war die Polizei vor allem in Viersen-Dülken auf dem Alten Markt gefragt, dort mussten die Einsatzkräfte verstärkt durchgreifen – „wie erwartet“, sagt Polizeisprecherin Antje Heymanns. Im Rest der Region war es deutlich ruhiger: „Das Altweibertreiben verlief kreisweit durchweg friedlich und zumeist ohne dass die Polizei einschreiten musste“, berichtet sie.

57 Platzverweise (Vorjahr: 86) sprach die Polizei in Dülken aus, 20 Ingewahrsamnahmen (Vorjahr: 27) seien erforderlich gewesen, „um die Sicherheit der mehrheitlich friedlich feiernden, durchweg jungen Menschen gewährleisten zu können“, sagt Heymanns. „Die meisten Ingewahrsamnahmen wurden erforderlich, da die zumeist jugendlichen Störer die zuvor erteilten Platzverweise ignoriert hatten.“ Rund 40 Strafanzeigen (Vorjahr: 24) wurden erstattet, davon 32 wegen Körperverletzung. Bernd Klein, Einsatzleiter der Polizei, resümiert: „Der hohe Alkoholpegel und ein teilweise hohes Aggressionspotential bei den Feiernden forderten uns bereits in den ersten Stunden nach Veranstaltungsbeginn deutlich mehr als in den Vorjahren.“ Doch die hohe Polizeipräsenz und entschlossenes Vorgehen mit „Null-Toleranz“ gegen Krawallmacher hätten sich wohl letztendlich ausgezahlt: „Die Stimmung entspannte sich und wir mussten daher im Ergebnis weniger Platzverweise und Ingewahrsamnahmen aussprechen als in den Vorjahren.“

Einige Feiernde hätten Cannabisprodukte bei sich gehabt, berichtet Heymanns. Sexualstraftaten seien der Polizei bislang im Zusammenhang mit Altweiber nicht angezeigt worden. „Leider wurden bei einer Widerstandshandlung drei Einsatzkräfte leicht verletzt“, so Heymanns: Gegen 23.30 Uhr war eine Schlägerei vor einer Gaststätte in Dülken gemeldet worden. Mehrere Einsatzfahrzeuge beteiligten sich an der Fahndung nach den flüchtigen Tatverdächtigen. Laut Polizei lief ein Mann, auf den die Beschreibung eines Verdächtigen passte, auf der Corneliusstraße auf einen Streifenwagen zu und schlug mit der Hand auf die Windschutzscheibe. Als die Hundeführerin den Streifenwagen verließ, um den 22-jährigen Dülkener zur Rede zu stellen, schubste er sie. Sein 54-jähriger Vater kam dazu und schubste sie ebenfalls. „Die hinzugerufenen Verstärkungskräfte griff der 22-Jährige, unterstützt von seinem Vater, sofort an und beleidigte sie massiv“, sagt Heymanns. „Trotz des Einsatzes von Pfefferspray und mehreren Einsatzkräften gelang es nur mit Hilfe weiterer körperlicher Gewalt, die beiden zu fixieren und zum Polizeigewahrsam in Viersen zu transportieren.“

Auch das Ordnungsamt und das Jugendamt der Stadt Viersen haben nach Altweiber eine erste Bilanz des Geschehens auf dem Alten Markt gezogen. „Auf durchweg positive Resonanz stieß der kostenlose Ausschank von Wasser an die Feiernden. Das Angebot wurde rund 1000 Mal genutzt“, sagt Stadtsprecher Frank Schliffke. Die insgesamt 23 mobilen Toiletten, die die Stadt hatte aufstellen lassen, seien ebenfalls gut genutzt worden. „Dennoch mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes Viersen 35 Wildpinkler bestrafen.“ Die Mitarbeiter des Jugendamtes kümmerten sich vorrangig um Jugendliche, die vom Deutschen Roten Kreuz medizinisch versorgt wurden: Am Behandlungsplatz in der Tiefgarage Kreuzherrenstraße wurden 14 Jugendliche betreut.

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