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Kuchen in Viersen Das Käffchen verkauft wieder Kuchen

Viersen · Mitte März musste das Inklusionscafé in Viersen wegen der Corona-Pandemie schließen. Jetzt starten Leiterin Petra Zachau-Jansen und ihr Team einen Außer-Haus-Verkauf mit Kuchen und Torten an den Wochenenden. Das soll nicht nur dazu beitragen, Arbeitsplätze von Menschen mit Behinderung zu erhalten.

 Michael Behrendt, Geschäftsführer der Lebenshilfe, mit Caféleiterin Petra Zachau-Jansen und frisch gebackenem Apfelkuchen. Am Samstag startet im Käffchen der Außer-Haus-Verkauf.

Michael Behrendt, Geschäftsführer der Lebenshilfe, mit Caféleiterin Petra Zachau-Jansen und frisch gebackenem Apfelkuchen. Am Samstag startet im Käffchen der Außer-Haus-Verkauf.

Foto: Nadine Fischer

Der Apfelkuchen ist noch warm. Am liebsten würde Caféleiterin Petra Zachau-Jansen ihn jetzt sofort den Kunden servieren, Stück für Stück an den Tischen im Käffchen am Steinkreis. Aber das Inklusionscafé ist wegen der Corona-Krise seit Mitte März geschlossen, der Kuchen muss im Laden bleiben – noch. Denn zumindest ein bisschen Alltag soll für die Angestellten jetzt wieder einkehren: Ab Samstag, 25. April, bietet das Team an den Wochenenden mittags einen Außer-Haus-Verkauf an.

Vor acht Jahren wurde das Käffchen in Viersen eröffnet. Es ist ein Tochterunternehmen der LHV Dienst und Leistung GmbH, eines Inklusionsbetriebes. Deren alleiniger Gesellschafter ist der Verein Lebenshilfe Kreis Viersen. Die Besonderheit: 25 bis 50 Prozent der Beschäftigten müssen Menschen mit Behinderung sein.

Das Käffchen beschäftigt acht Angestellte, vier davon haben eine geistige Behinderung. Alle acht werden tariflich entlohnt und können seit Mitte März nicht mehr arbeiten. „Eigentlich müssten uns als Kleinunternehmer 20.000 Euro Soforthilfe des Landes zustehen“, sagt Michael Behrendt, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Weil mit dem Verein aber hinter dem Käffchen ein gemeinnütziger Gesellschafter stehe, „können wir keine Mittel beantragen“. Hinzu komme, dass ein Teil der Mitarbeiter wegen ihres Erwerbsminderungsrentenanspruchs keine Sozialversicherungsbeiträge in die Arbeitslosenversicherung abführen könne, für sie somit kein Anspruch auf Kurzarbeit bestehe.

„Wir sind mit unserem Käffchen schon stark gebeutelt. Uns fehlen 12.000 bis 13.000 Euro Umsatz im Monat“, sagt Behrendt. Die Lebenshilfe unterstütze natürlich, betont er. Aber der Außer-Haus-Verkauf soll jetzt wenigstens ein paar Einnahmen bringen, bis das Land den Gastronomen wieder erlaubt zu öffnen. Er hofft, dass viele Gäste kommen und Kuchen abholen: „Damit würde man Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung sichern.“

Zachau-Jansen und ihre Mitarbeiter haben ein System erarbeitet, damit die nötigen Hygienebestimmungen eingehalten werden können. So dürfen sich zum Beispiel höchstens zwei Gäste im Käffchen aufhalten, Eingang und Ausgang sind getrennt voneinander. Es gehe ihr bei der Aktion nicht nur um die Einnahmen, sagt Zachau-Jansen: „Mir war es auch wichtig, dass wir nicht in Vergessenheit geraten.“ Sie müsse ja auch an die Zeit nach Corona denken. Acht Kuchensorten bietet das Team an, darunter Apfelkuchen, Rhabarberstreusel und Erdbeer-Quark-Torte. Die Mitarbeiter backen die Kuchen selbst. Sie habe auch schon Vorbestellungen aufgenommen, berichtet Zachau-Jansen. Ein paar Stammkunden hätten sich gemeldet, außerdem einige Wohngruppen der Lebenshilfe.

Rund 200 Menschen mit geistiger oder Mehrfach-Behinderung werden in Wohneinrichtungen der Lebenshilfe im Kreis Viersen betreut. Einige von ihnen gehören zur Corona-Risikogruppe. „Für viele Familien ist die Situation sehr belastend“, sagt Geschäftsführer Behrendt. So mussten sich zum Beispiel Eltern entscheiden: Soll mein erwachsenes Kind in der Wohngruppe bleiben, obwohl wir es dann nicht besuchen dürfen? Oder holen wir es nach Hause? Könnten wir die notwendige Betreuung überhaupt zu Hause bewältigen? Erschwerend komme hinzu, dass die Behindertenwerkstätten geschlossen seien, ergänzt Beh­rendt.

In den Wohgruppen sei es auch schwer für die Betreuer, manchen Bewohnern zu vermitteln, warum sie jetzt in ihrem Alltag so eingeschränkt seien. „Die Situation ist für alle emotional stark belastend. Aber ich bin stolz auf das große Engagement der Mitarbeiter, die viele kreative Ideen in die Bewältigung dieser außergewöhnlichen Situation einbringen.“ Auch für die geistig behinderten Angestellten des Käffchen, die alle allein lebten und deshalb jetzt viel allein seien, sei die Situation derzeit sehr schwierig, ergänzt Zachau-Jansen. Der Kuchen aus dem Käffchen kann all diese Probleme zwar nicht lösen – aber er bringt Stück für Stück etwas Alltag zurück.

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